Inhaltsverzeichnis
Abstract
Wie schon 2021 hat der Gebäudesektor auch im vergangenen Jahr die erlaubten Emissionen gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz überschritten. Die Fernwärme kann einen Beitrag leisten, um die Trendwende hin zur angestrebten Klimaneutralität zu schaffen. Klar ist aber auch, dass die Wärmenetze der Zukunft deutlich flexibler und effizienter werden müssen, etwa um aus erneuerbaren Quellen oder Abwärme von Rechenzentren gewonnene Wärme nutzen zu können. Angesichts der hohen Lebensdauer der Wärmenetze von etwa 50 bis 60 Jahren ist ein Umbau dieser Netze auf die Erfordernisse der Wärmewende besonders kritisch. Allerding müssen für eine erfolgreiche Anpassung verschiedene Ebenen ineinandergreifen: Die kommunale Wärmewende, die Transformation der Netze sowie die Digitalisierung der Verbrauchsmessungen. Ergebnis der Ariadne-Analyse ist, dass für die erforderlichen Umrüstungen der Netze ein massives Finanzierungsproblem besteht. So bleiben Fernwärmenetzbetreiber auf etwa 90% der Investitionskosten sitzen. Durch eine Nahverdichtung der Fernwärmeanschlüsse könnten die Kosten verringert werden. Weiterhin bietet die Nachrüstung der Wärmezähler für die Fernauslesbarkeit bis Ende 2026 die Möglichkeit, Maßnahmen zu kombinieren, etwa den Austausch der Hausstation und den hydraulischen Abgleich. Eine koordinierte Einbeziehung der handelnden Akteure könnte daher zur Trendwende im Wärmesektor beitragen.
Zusammenfassung
Durch die Umstellung der Wärmebereitstellung der Fernwärmeversorgung auf nicht fossile Energieträger erfolgt eine Dekarbonisierung des Gebäudebestandes. Die Versorgung mittels Fernwärme ist daher ein zentraler Bestandteil der Wärmewende. Historisch bedingt wird der Hauptteil der bestehenden Wärmenetze mit Vorlauftemperaturen über 105 °C betrieben (Agora Energiewende 2019). Für die effiziente Umstellung der Fernwärmebereitstellung von fossiler Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf Großwärmepumpen (GWP), Geothermie, Solarthermie und Abwärmenutzung (direkt oder indirekt mittels GWP) (AGFW 2020) ist jedoch eine Absenkung der Vorlauf-/Rücklauftemperaturen in den Fernwärmenetzen eine wesentliche Voraussetzung (Viebahn et al. 2018).
Konkret heißt das, dass hierfür bei ca. 90 % Wärmenetzen eine schrittweise Absenkung der Vorlauftemperaturen auf ca. 60 °C notwendig ist, also eine Umstellung der Wärmenetze auf Niedrigtemperaturnetze (Low-Exergie-Netz (LowEx-Netz)). Für die Umstellung der Wärmenetze sind eine Reihe von Maßnahmen notwendig, wie zum Beispiel die Aufteilung in mehrere Teilnetze, die Abtrennung nicht absenkbarer Prozesswärmebedarfe, eine Erhöhung der Pumpenleistung, der teilweise Austausch von Hausanschlussstationen (HAST) und gegebenenfalls die Verstärkung des Wärmenetzes durch zusätzliche Ringschlüsse. Unabhängig davon bestehen in vielen Gemeinden noch Optionen zur Verdichtung und Erweiterung bzw. dem Aufbau von neuen Wärmenetzen, so dass Wärmenetze in Abhängigkeit der Gemeindegröße mit einem Anteil von 40 % bis 70 % zur Nutzwärmebereitstellung in Deutschland beitragen könnten (AGFW 2018).
Doch diese Umstellung der Wärmenetze ist mit hohen Kosten verbunden: Basierend auf einer Bestandsanalyse der Wärmenetze in Deutschland, deren Typisierung und einer Bewertung der Kosten der Maßnahmen wird für Deutschland ein Investitionsvolumen von rund 13 Mrd. € für die Umstellung der Wärmenetze auf LowEx abgeschätzt. Würden zusätzlich die Erweiterungspotenziale der Wärmenetze erschlossen, so würden weitere Investitionen in Höhe von 7,1 Mrd. € anfallen.
In dieser Analyse haben wir die vom jeweiligen Netzbetreiber durchzuführende Investitionsbewertung nachvollzogen: Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit wird auf die Berechnung der „Unrentierlichkeit“ zurückgegriffen. Dies sind all jene erwarteten Kosten, die nicht durch Erträge und Fördermittel abgedeckt ist (ebd. 2022). Unsere Analyse zeigt, dass für eine reine Umstellung der bestehenden Fernwärmenetze auf LowEx-Standard im heutigen Wärmemarktumfeld kaum Möglichkeiten zur Refinanzierung für Fernwärmenetze in Großstädten bestehen. Die von uns errechnete „Unrentierlichkeit“ im Bereich von größer als 90 % bedeutet also, dass Wärmenetzbetreiber 90 % der entstehenden Umstellungskosten selbst tragen müssen und diese nicht durch Fördermittel oder Preiserhöhungen ausgleichen können.
Diese Unrentierlichkeit könnte gemindert werden, wenn gleichzeitig eine Nachverdichtung im Versorgungsgebiet, also das Hinzugewinnen weiterer Fernwärmeanschlüsse, erfolgen würde. Insgesamt ist zu prüfen, ob sich nicht verschiedene Maßnahmen kombinieren lassen. So zeigt die Berechnung der Unrentierlichkeit, dass für die Umstellung aller Fernwärmenetze auf LowEx in Deutschland insgesamt ein Förderbedarf von 12,6 Mrd. € besteht. Dieser könnte auf 11,3 Mrd. € reduziert werden, wenn eine entsprechende parallele Nachverdichtung erfolgen würde. Würden parallel zusätzlich die Netze erweitert werden, fallen hierfür unrentierliche Kosten in Höhe von 15,6 Mrd. € an. Erweiterung meint im Gegensatz zur Nachverdichtung, dass bisher nicht an das Fernwärmenetz angeschlossene Gebiete einen Fernwärmeanschluss erhalten, wohingegen bei der Nachverdichtung in Gebieten mit bestehendem Fernwärmenetz mehr Fernwärmeanschlüsse erfolgen.
Die Politik hat diesen Aspekt bereits erkannt und die Förderprogramm „Bundesförderung effiziente Wärmenetze“ (BEW) im August 2022 gestartet (Thomas et al. 2022). Bei einer bisher geplanten Förderdauer von 6 Jahren umfasst das Programm insgesamt ein Fördervolumen von 1,65 Mrd. € (Bürger et al. 2021). Durch den Vergleich dieser Summe mit dem von uns ermittelten Förderbedarf in Höhe von 12,6 Mrd. € wird deutlich, dass die BEW nur einen geringen Teil der potenziell anfallenden Kosten erfasst. Daher wird die systemische und integrale Betrachtung zur Realisierung der Wärmewende immer wichtiger. Nur wenn die kommunale Wärmewende (Köhler et al. 2021), die Transformation der Netze, die Umstellung bzw. Digitalisierung der Verbrauchsmessungen und die Einbeziehung der Akteure koordiniert und strategisch vollzogen wird, kann die Wärmewende und die Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung durch damit kalkulierbaren und effektiven Investitionseinsatz gelingen.
1. Einleitung
Fernwärmenetze bieten eine Reihe von Vorteilen bei der Umsetzung der Energiewende im Gebäudebereich, da durch die Umstellung der Wärmebereitstellung der Fernwärmeversorgung auf nicht fossile Energieträger eine Dekarbonisierung von Teilen des Gebäudebestandes erfolgt (Blömer et al. 2017, S. 39–42). Gerade in innerstädtischen Gebieten sind Wärmenetze ein essenzieller Baustein der Wärmewende. Dort kommen zwei Faktoren zusammen: Hohe Wärmedichten, das heißt viele Verbraucher mit Wärmebedarf wohnen nah beieinander, und die Installation von Wärmepumpen ist durch den Platzbedarf der Geräte sowie durch die organisatorischen Herausforderungen bei der Finanzierung durch Mehrparteienhäuser (Berneiser et al. 2021). Aufgrund ihrer hohen Kapitalbindung bei gleichzeitig langer Lebensdauer müssen bei Wärmenetzinfrastrukturen frühzeitig die richtigen Weichenstellungen in Richtung Energiewende vorgenommen werden. Wärmenetze werden in der Regel für eine Lebensdauer von 50-60 Jahren ausgelegt, demnach haben heutige Investitionsentscheidungen einen großen Einfluss auf die Erreichung der Klimaneutralität 2045, aber eben auch weit darüber hinaus.
Die Umstellung der Fernwärmebereitstellung von fossiler Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf Großwärmepumpen (GWP), Geothermie, Solarthermie und Abwärmenutzung (direkt oder indirekt mittels GWP) (AGFW 2020) kann zur Dekarbonisierung (z.B. auf Basis von Erneuerbaren Energien oder mittels Abwärme) der Wärmeversorgung beitragen (Thomas et al. 2022). Hierfür, und insgesamt zur Effizienzsteigerung, ist jedoch eine Absenkung der Vorlauf-/Rücklauftemperaturen in den Fernwärmenetzen notwendig (Lund et al. 2014, S. 1–11).
Durch die Absenkung der Vorlauftemperaturen besteht die Möglichkeit, eine Vielzahl von Niedertemperatur-Abwärmequellen, wie z.B. aus Rechenzentren, Elektrolyseuren oder industrieller Niedertemperaturabwärme, zu nutzen (AGFW 2020). Die Einbindung von Geothermie erfordert oftmals ebenso eine Absenkung der Vorlauftemperaturen (Haslinger et al. 2021, S. 269–273). Durch die Absenkung der Vorlauf- und Rücklauftemperaturen werden sowohl die Leitungsverluste des Fernwärmenetzes reduziert als auch die Effizienz von Wärmepumpen bzw. KWK-Anlagen gesteigert und damit die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit der Fernwärme gewährleistet.
Teilweise wird als Gegenargument für die Absenkung der Vorlauftemperaturen angeführt, dass diese Umstellung im Falle der Verfügbarkeit von grünen Gasen in Form von Synfuels beziehungsweise Wasserstoff als alternative Energiequellen zu Kohle und Erdgas eine Anpassung der Vorlauftemperatur nicht notwendig macht. Dagegen spricht jedoch, dass grüne Gase auf Basis Erneuerbarer Energien einen Effiziensverlust von 35 % in der Herstellungen aufweisen und die Potenziale Erneuerbarer Energien insgesamt so begrenzt sind, dass sie effektiver in der direkten Verwendung genutzt werden und nicht zur Herstellung anderer Energieträger. (Odenweller et al. 2022; Ueckerdt et al. 2021). Der Einsatz von KWK-Wärme aus Synfuels wird sich voraussichtlich vor allem auf die Bereitstellung von Prozesswärme, deren Temperaturniveau nicht abgesenkt werden kann, beschränken (Briem et al. 2020). Die ist jedoch stark von Annahmen hinsichtlich Verfügbarkeit und Kosten für Strom, Abwärmequellen und Wasserstoff sowie den lokalen Begebenheiten und Wärmebedarfsprofilen abhängig (Thomsen et al. 2022).
Heute ist nur ein kleiner Teil (15 %) der Wärme in Wärmenetzen aus Erneuerbarer Energie erzeugt, dies sind zum weit überwiegenden Anteil biogene Brennstoffe. Abwärme und nicht-biogener Abfall tragen weitere 14 % bei. Über 70 % der Wärme in Wärmenetzen wird hingegen noch fossil, auf Basis von Kohle und Erdgas mittels KWK erzeugt (AG Energiebilanzen e.V. 2022).
Im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) existieren bereits Vorgaben, die eine Umstellung auf erneuerbare Energieträger und dafür ausgelegte Netze fördern (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle 2022). Um eine Förderung nach BEW beantragen zu können, müssen sogenannte Transformationspläne vorgelegt werden, die konkrete Schritte hin zur Klimaneutralität ausformulieren. Darüber hinaus gibt es auch in manchen Bundesländern regulatorische Vorgaben. So müssen z.B. in Thüringen Wärmenetzbetreiber konkrete Durchführungsschritte entwickeln und vorlegen mit dem Ziel, 2040 klimaneutral (Freistaat Thüringen 18.12.2018) zu sein.
Konkret heißt das, dass hierfür in den meisten Fernwärmenetzen1Es wird davon ausgegangen, dass auch bei der wirtschaftlichen Verfügbarkeit von H2 oder Synfuel Fernwärmeversorgungssysteme nicht nur aus KWK-Anlagen und Heizwerken bestehen, sondern immer die Integration von Power-to-Heat-Anlagen als Option vorgesehen ist, um als Sektorkopplungsoption eine negative Residuallast effizient auszugleichen. für Gebäudewärme eine Absenkung der Vorlauftemperaturen schrittweise auf ca. 60 °C notwendig ist. Solche Niedertemperaturnetze werden als Low-Exergie-Netze, beziehungsweise LowEx-Netze (Schneller et al. 2017), oder auch als Wärmenetze der 4. Generation bezeichnet (Lund et al. 2014, S. 1–11).
Im Gegensatz dazu werden Wärmenetze mit Temperaturen unterhalb von 50 °C als Fernwärmenetze der 5. Generation oder auch kalte Nahwärmenetze bezeichnet (Buffa et al. 2019, S. 504–522). Schwerpunkt dieser Konzepte ist die Sektorkopplung oder die Umsetzung hybrider Systeme, das heißt zum Beispiel, dass das im Netz transportierte Wasser zur Wärmeerzeugung nicht direkt am Heizkraftwerk, sondern erst kurz vor Erreichen der Endpunkte mittels einer Wärmepumpe vor Ort erhitzt wird.
Für die Umstellung der Bestandsfernwärmenetze auf LowEx-Netze sind eine Reihe von Maßnahmen notwendig (vgl. auch Abbildung 1). Diese umfassen z.B. die Aufteilung in mehrere Teilnetze, die Abtrennung nicht absenkbarer Prozesswärmebedarfe, eine Erhöhung der Pumpenleistung, den teilweisen Austausch von Hausanschlussstationen (HAST) und gegebenenfalls die Verstärkung des Wärmenetzes durch zusätzliche Ringschlüsse.
Vor diesem Hintergrund stellt sich einerseits die Frage, mit welchem Investitionsvolumen die Umstellung der Fernwärmenetze für typische Fernwärmeversorgungsunternehmen verbunden ist, beziehungsweise welches Investitionsvolumen für Deutschland insgesamt notwendig wäre. Anderseits ist zu prüfen, wie hoch der Förderbedarf für eine reine Umstellung der Fernwärmenetze ist, und inwiefern dieser durch ergänzende Maßnahmen (Nachverdichtung von Bestandsnetzen, Neuerschließung) kompensiert werden könnte.
Ziel der Analyse ist es, die Kosten der Transformation der Wärmenetze bzw. den veränderten Beitrag der Wärmenetze im Rahmen der Wärmewende zu bewerten, d.h. neben den notwendigen Investitionen des Umbaus auch Erlöse durch Effizienzsteigerungen gegenzurechnen.
Hierfür werden im ersten Schritt der Status-Quo der Fernwärme in Deutschland mit Hilfe eines durch Literaturrecherche aktualisierten digitalen Wärmeatlas (Blesl 2014) analysiert. Um die Kosten für eine netzseitige Umstellung der Fernwärmenetze zu LowEx-Netzen zu ermitteln, wird eine Bestandsanalyse der Wärmenetze in Deutschland durchgeführt, um typische Parameter für durchschnittliche Fernwärmeversorgungssysteme in Abhängigkeit der Gemeindegröße zu ermitteln. Die Art der notwendigen Maßnahmen zur Umstellung der Netze werden basierend auf Praxisbeispielen abgeleitet und kostenseitig bewertet. Für die Bewertung der Wirtschaftlichkeit wird auf die Methodik der FW703, d.h. der Berechnung der Unrentierlichkeit zurückgegriffen (AGFW 2022). Um die Umstellung der Fernwärmenetze im Vergleich zum Entwicklungspotenzial der Fernwärmeversorgung kostenseitig einzuordnen, werden Ausbau und Verdichtung bestehender Wärmenetze in typischen Fernwärmeversorgungssystemen technisch und energetisch analysiert und wirtschaftlich bewertet.
2. Status-Quo der Fernwärme in Deutschland
Um die Kosten für Umstellung der Fernwärmenetze von den heutigen Netztemperaturen auf LowEx-Temperaturen für Deutschland quantifizieren zu können, müssen die mit einer Umstellung assoziierbaren Kosten ermittelt und der derzeitige Status Quo der Fernwärmenetze beschrieben werden.
Hierfür wurde die Siedlungsfläche der jeweiligen Gemeinden nach Siedlungstypen aufgeteilt. Zusätzlich wird für die fernwärmeversorgten Gemeinden die Fläche eines Siedlungstyps bestimmt, die mit Fernwärme versorgt ist. Diese Aufteilung erfolgte auf Gemeindeebene entweder auf Basis einer detaillierten Recherche oder anhand eines Approximationsverfahrens. Für das Approximationsverfahren wurden auf Basis der detaillierten Recherche, in Abhängigkeit der Gemeindegröße, typische prozentuale Anteile des Siedlungstyps an der Siedlungsfläche insgesamt bzw. des Anteils der mit Fernwärme versorgten Siedlungstypen insgesamt und nach dem fernwärmeversorgten Anteil abgeleitet.
Darauf aufbauend wurde die Siedlungsfläche der Gemeinden nach Siedlungstypen unterteilt. Diese Unterteilung ermöglicht eine Abschätzung zum einen der Wärmebedarfs- bzw. Liniendichte auf Gemeindeebene, und zum anderen für Fernwärme versorgte Gemeinden die näherungsweise Bestimmung der verlegten Fernwärmeleitungslängen bzw. der Anzahl der Gebäude, die an die Fernwärmeversorgung angeschlossen sind. Die Aufteilung der Siedlungsfläche wurde durch einen zusätzlichen Abgleich des Ergebnisses mit der Gebäudestatistik validiert, in dem die typische Gebäudedichte eines Siedlungstyps zu Grunde gelegt wurde. Die Abschätzung des Wärmebedarfs basiert auf der Gebäudetypenmethode. Im Weiteren wurde eine Differenzierung des Fernwärmenetzbestands in Deutschland, in Abhängigkeit der Gemeindegröße (gemessen an der Einwohnerzahl) vorgenommen.
Insgesamt verfügen ca. 2.760 Gemeinden in Deutschland über eine Fernwärmeversorgung (vgl. Tabelle 1). Der Fernwärmbedarf der Wohn- und Nichtwohngebäude (WG/NWG) in diesen Gemeinden im Jahr 2020 in Deutschland betrug ca. 58,8 TWh. Eine Abweichung zur Energiebilanz 20202Die AG Energiebilanz weist in Summe für die Haushalte und den GHD einen Wert von 56,6 TWh aus. Der Endenergieverbrauch an Fernwärme in der Industrie beträgt 46,9 TWh, umfasst aber auch Produktionsanwendungen. (AG Energiebilanzen e.V. 2022) ergibt sich aufgrund der Abgrenzung der industriellen Nichtwohngebäude, der nicht eindeutigen Zuordnung im AGFW Hauptbericht3Der AGFW Hauptbericht für das Jahr weist in Summe eine Abgabe an Endkunden von 60,7 TWh aus und differenziert nicht nach Kundengruppen bzw. berücksichtig nur Unternehmen, die an der Erhebung teilgenommen haben. (AGFW 2021) und der aus Einzelrecherchen basierenden Approximationen. Die Fernwärmeversorgung deckt ca. 12 % des Nutzwärmebedarfs der Wohn- und Nichtwohngebäude ab. Der Hauptteil der Fernwärmeversorgung (ca. 95 %) besteht in den Stadttypen Großstadt, Mittelstadt und Kleinstadt. Insgesamt ist festzustellen, dass mit der Gemeindegröße auch der Anteil der fernwärmversorgten Gemeinden abnimmt.
Für die Bestimmung der damit verbundenen Länge der Fernwärmenetze wurde ein pauschaler Ansatz für alle Gemeinden gewählt, da weder eine Leitungsstatistik im Allgemeinen noch detaillierte Daten auf Siedlungstypen bzw. Gemeindeebene existieren. Aus durchgeführten Detailanalysen von Strukturen fernwärmeversorgter Siedlungstypen auf Gemeindeebene wurden diese auf andere Gemeinden gleicher Größenklasse anteilig übertragen, falls keine anderen Daten vorlagen. Zum anderen wurde eine Abschätzung der verlegten Leitungslängen für Haupt- und Unterverteilungen anhand siedlungstypspezifischer Kenngrößen für die Gemeinden vorgenommen. Das Ergebnis dieser Analyse ist in Tabelle 2 zusammengefasst.
Die Fernwärmedichte WG/NWG ist in Großstädten teilweise niedriger als in Mittelstädten mit kleinen Wärmenetzen (vgl. Tabelle 2). Dies liegt zum einen an dort vorhandenem konkurrierenden Netzausbau mit parallel verlegten Erdgasleitungen. Zum anderen kommt dies daher, dass bei der Erschließung von Fernwärme vorrangig kommunale Gebäude angeschlossen wurden. Ferner wird die Wirtschaftlichkeit für Fernwärmenetzbetreiber in Großstädten durch höhere industrielle Prozesswärmeabsätze, die hier nicht erfasst sind, verbessert. In Mittelstädten mit kleinen Wärmenetzen werden teilweise vollständig Wohngebiete von Wohnbaugesellschaften erschlossen, wodurch sich hohe Wärmedichten in diesen Gebieten und den Siedlungstyp Mittelstadt ergeben.
3. Potenziale der Fernwärme
Für die Abschätzung des zukünftigen Potenzials der Fernwärme werden die Fernwärme-Strukturen auf Gemeindeebene aus dem Satus-Quo (vgl. Kapitel 2) und die Aufteilung der Siedlungsfläche einer Gemeinde nach Siedlungstyp herangezogen.
Da innerhalb der bestehenden Fernwärmeversorgungsgebiete zumeist kein Versorgungsgrad von 100 % erreicht wird, d.h. dass nicht alle Endverbrauchenden an die Fernwärmeversorgung angeschlossen sind, existiert ein entsprechendes Verdichtungspotenzial, beispielsweise durch die Verdrängung von Öl- oder Gasheizungen. Dieses Potenzial kann durch zusätzliche Hausanschlussleitungen erschlossen werden. Für die Potenzialbetrachtung wird im Folgenden davon ausgegangen, dass in Gebieten mit einer Doppelverlegung von Erdgas- und Fernwärmeleitungen, die Abnehmer auf Fernwärme wechseln.
Eine weitere Option zur Vergrößerung bestehender Fernwärmeversorgungssysteme ist die periphere Erweiterung. Bei der Erschließung peripherer Erweiterungspotenziale in Gebieten mit Wohngebäuden werden bisher nicht fernwärmeversorgte, an ein Fernwärmeversorgungsgebiet angrenzende Siedlungen an das bestehende Fernwärmenetz angebunden. Im Vergleich zu den Verdichtungspotenzialen steigt hierbei der Investitionsaufwand. Rechnerisch lässt sich das theoretisch maximale Erweiterungspotenzial ermitteln, indem jedem Siedlungstyp das vollständige Erschließungspotenzial zugerechnet wird. In der Praxis sind jedoch nur Gebiete mit hoher Wärmedichte bzw. überwiegendem Anteil an Mehrfamilienhäusern wirtschaftlich erschließbar (Brenner et al. 2011). Da die Erweiterung des Fernwärmenetzes mit entsprechenden Bauzeiten verbunden ist und die Wechselbereitschaft der Eigentümer nicht fernwärmeversorgter Gebäude nicht „über Nacht“ zu erreichen ist, wird hinsichtlich der Umsetzung des Ausbaus der Fernwärme eine maximale Ausbauphase von 12 – 15 Jahren (d.h. 2022 – 2034/2037) berücksichtigt. Es wird angenommen, dass dies der Zeitraum ist, in dem der Ausbau der Fernwärme realisiert werden kann. Die Abschätzung des Erweiterungspotenzials der Fernwärme erfolgt auf Basis maximal vorgegebener Versorgungsgrade für die verschiedenen Siedlungstypen.
Die Fernwärmeversorgung kann zukünftig auch in Gemeinden ohne bisherige Fernwärmeversorgung und in Neubausiedlungen der Gemeinden mit bereits bestehender oder neu zugebauter Fernwärmeversorgung aufgebaut werden. Entsprechend ist bei einer Betrachtung dieses Neubaupotenzial ebenfalls zu beachten. In Gemeinden, die bisher über keine Fernwärmeversorgung verfügten, wird angenommen, dass diese sukzessive über einen bestimmten Zeitraum erschlossen wird. Hierbei werden nur Gemeinden betrachtet, die zum einen mehr als 3.000 Einwohner ausweisen und zum anderen über Gebiete mit einer Liniendichte von mehr als 1,5 GWh/km verfügen.
Das Fernwärmepotenzial in Neubausiedlungen hängt im Wesentlichen von dem zu erwartenden Wärmeabsatz ab, und ob dieser durch eine Fernwärmeversorgung wirtschaftlich erschlossen werden kann. Für die nachfolgende Potenzialbetrachtung wird unterstellt, dass eine Fernwärmeversorgung ab einer Anschlussleistung des Neubaugebietes von 500 kWth aufgebaut werden kann.
Das Ergebnis der Potenzialanalyse ist in Abbildung 2 dargestellt. Der Bestand der Fernwärme wird aufgrund der energetischen Sanierung mengenmäßig abnehmen. Teilweise kann dies durch eine Nachverdichtung ausgeglichen werden. Das Potenzial der Fernwärme nimmt bis zum Jahr 2035 hauptsächlich durch die Netzerweiterung in bereits fernwärmeversorgten Städten zu. Hinzu kommt, dass heute Mittelstädte teilweise keine Fernwärmeversorgung aufweisen, so dass hier ein nennenswertes Ausbaupotenzial vorhanden ist, das ebenfalls in den nächsten 15 Jahren erschlossen werden kann. Danach nimmt das mögliche Potenzial der Fernwärme insgesamt und auch in den neu zu erschließenden Kategorien aufgrund der energetischen Sanierung des Gebäudebestandes ab.
Für die Erschließung der potenziellen für Fernwärme geeigneten Gebiete ist ein Ausbau des Leitungsnetzes notwendig. Die Abschätzung der hierfür notwendigen zu verlegenden Leitungslängen für Hauptverteilung und Unterverteilung wird anhand siedlungstypspezifischer Kenngrößen für Gemeinden und Siedlungstypen vorgenommen. Das Ergebnis der Analyse für die durchschnittlichen Fernwärmeversorgungssysteme ist in Tabelle 3 zusammengefasst.
Hierbei ist festzustellen, dass das Potenzial der Verdichtung der Fernwärmeversorgung zwischen 12 % in Kleinstädten und 18 % in Großstädten und das Potenzial der Erweiterung zwischen nahezu 100 % in Mittelstädten mit kleinen Wärmenetzen und 42 % in Großstädten schwankt. Insgesamt beträgt der Fernwärmeabsatz in den 4 Stadttypen rund 56 TWh, das Potenzial der Verdichtung beträgt als Summe ca. 9,1 TWh, das der Erweiterung liegt bei 22,7 TWh. Insgesamt könnte der Fernwärmeabsatz in diesen mit FW-versorgten Stadttypen damit um 55% gesteigert werden.
4. Kostenschätzung für die Potenzialausschöpfung und Trans-formation der Fernwärmenetze
Unter rein marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten werden nur Investitionen realisiert, die eine hinreichende Wirtschaftlichkeit aufweisen. Mit Blick auf die Klimaschutzziele ist deshalb unter Beachtung bestimmter Randbedingungen eine Förderung klimaschutzrelevanter Projekte, die nicht von vornherein eine hinreichende Wirtschaftlichkeit aufweisen, sinnvoll und erforderlich. Dazu sind durch EU, Bund und Länder entsprechende Förderprogramme initiiert worden (Bürger et al. 2021; Engelmann et al. April 2021; Thomas et al. 2022).
Die Auszahlung von Fördermitteln ist an verschiedene Kriterien und Nachweise gebunden. Wesentliche Punkte sind die städtebauliche und wirtschaftliche Nachhaltigkeit und Plausibilität der Projekte in Bezug auf die Zielgröße, und bei nicht von vornherein gegebener Wirtschaftlichkeit ist der Nachweis der Wirtschaftlichkeitslücke bezüglich der Investitionen und die Höhe der unrentierlichen Kosten zu erbringen. Dazu wurde ein Verfahren entwickelt, das im Rahmen des Arbeitsblatts AGFW FW 703 (AGFW 2022) beschrieben wird, und das hier bei der Berechnung der Unrentierlichkeit zur Anwendung kommt.
Zunächst werden die gesamten nötigen Investitionen für eine Umstellung sowie eines Ausbaus des in Kapitel 3 beschrieben Potenzials berechnet. Anschließend wird der Anteil der unrentierlichen Kosten für diese Investitionen abgeschätzt, was einen ungefähren Förderbedarf für derartige Maßnahmen kenntlich macht.
4.1. Abschätzung der benötigten Investitionen einer Umstellung bzw. des Ausbaus der Fernwärmenetze
Für die Abschätzung der benötigten Investitionen für eine Umstellung der Fernwärmenetze auf Low-Ex-Netze wurde im Folgenden keine Differenzierung nach Heißwasser- und Dampfnetzen zur Versorgung der Wohn- und Nichtwohngebäude vorgenommen. Im Weiteren konzentriert sich die Betrachtung der Umstellung auf Großstädte, Mittelstädte und Kleinstädte. Bei Landgemeinden kann davon ausgegangen werden, dass kein Umbaubedarf auf erneuerbare Wärme notwendig ist, da bereits geeignete Netzstrukturen vorliegen oder bereits erneuerbare Wärme eingesetzt wird (z.B. Bioenergiedörfer).
Hinsichtlich der Umstellung der Fernwärmenetze in den Großstädten und Mittelstädten mit ausgedehnten Wärmenetzen wurde das bereits vorher skizzierte, schrittweise Vorgehen kostenseitig bewertet. Dabei wird angenommen, dass in Großstädten und in Mittelstädten mit ausgedehnten Wärmenetzen ein Bau von Sekundärnetzen notwendig ist, da in solchen Bestandsnetzen in der Regel hohe Vorlauftemperaturen zum Einsatz kommen. Hierfür ist in den Fernwärmversorgungssystemen eine Auswahl von Gebieten für Sekundärnetze notwendig. In Großstädten wird angenommen, dass je 0,3 km² jedes Fernwärmeversorgungsgebiets ein Sekundärnetz eingerichtet werden muss (bzw. in Mittelstädten je 0,2 km²). Hierbei wird ferner unterstellt, dass für die Aufspaltung des Fernwärmenetzes in Sekundärnetze die Integration einer Übergabestation in das jeweilige Sekundärnetz notwendig ist.
Es wird eine Abtrennung von Netzteilen in Form von Sekundärnetzen durch den Einbau zusätzlicher Wärmetauscher, der Einbau von Druckhaltestationen in die Sekundärkreisläufe und die Implementierung eigener Regelkreisläufe kostenseitig bewertet. Die hierfür zugrunde gelegten Kosten wurden aus real projektierten und durchgeführten Wärmenetzsegregationen ermittelt. Bei den Projekten handelte es sich um Vorhaben der FuG, DREWAG sowie Tåstrup-Sönderby (Oddgeir et al. 28.08.2014). Die ermittelten Kosten wurden entsprechend dem Baupreisindex bis Ende 2022 fortgeschrieben und setzten sich aus Erdbauarbeiten, Investitionen in Wärmetauscher (Heyden 2016) und Umwälzpumpen (Instituto Superior Técnico, Universidade de Lisboa 2014) sowie deren Anschluss (Logstor 2021) und Einhausung zusammen.
Auf Basis der in den analysierten Projekten angegebenen Kosten kann eine generelle Kostenfunktion abgeleitet werden, die die spezifischen Investitionen in Abhängigkeit der sekundärseitigen thermischen Anschlussleistung in €/MW angibt (vgl. Abbildung 3). Durch die negative Potenzfunktion wird eine Degression der spezifischen Investitionen für größere Projekte beschrieben. Die Gültigkeit der Funktion erstreckt sich innerhalb des Bereichs zwischen einer sekundärseitigen Anschlussleistung von 0,44 bis 9,00 MW. Zusätzlich wurde angenommen, dass pauschal Kosten in Höhe von zusätzlichen 20 % für Planung und Bauüberwachung anfallen.
Mittelstädte mit kleinen Netzen bzw. Kleinstädte haben zumeist schon Netze auf Basis von BHKW oder Biomasseheizwerken, wodurch im Bestand bereits Vorlauftemperaturen von 90°C vorliegen, so dass für die Umstellmaßnahmen Sekundärnetze nur in geringem Umfang notwendig sind.
Um die Vor- und Rücklauftemperaturen der Heizungsanlagen der Gebäude in den fernwärmeversorgten Gebieten optimal in das Fernwärmenetz zu integrieren, ist die Durchführung eines hydraulischen Abgleichs an allen Gebäuden vorgesehen. Der hydraulische Abgleich führt außerdem zur Effizienzsteigerung der dezentralen Heizungssysteme. Für die Kostenberechnung wird hierbei die Approximationsfunktion Chyd in €/m2 angewendet, die sich an der real beheizten Fläche A orientiert und zusätzlich den Austausch von Thermostatventilen vorsieht (Wolff & Jagnow 2011):
Damit ergeben sich beispielsweise für den hydraulischen Abgleich eines Mehrfamilienhauses mit einer Wohnfläche von 400 m² Kosten in Höhe von rund 3.230 €. Für ein Nichtwohngebäude mit beheizter Nutzfläche von 800 m² ergeben sich Kosten in Höhe von ca. 6.460 €.
Teilweise tritt aber auch der Fall auf, dass Hausstationen nicht für die Absenkung der Vorlauf- und Rücklauftemperatur geeignet sind. In diesem Fall ist ein Austausch der alten Hausstation, deren Rücklauftemperatur nicht wie gewünscht absenkbar ist, inkl. der Warmwasserbereitung notwendig. In diesem Fall werden die folgenden spezifischen Kosten in €/kW in Abhängigkeit der thermischen gebäudeseitigen Anschlussleistung für den Austausch der HAST gemäß (ebd. 2011) zugrunde gelegt:
Die Investitionen für eine Hausstation eines Mehrfamilienhauses mit einem Anschlusswert von 20 kW betragen damit rund 5.100 €. Die Kosten für ein Nichtwohngebäude mit einem Anschlusswert von 100 kW belaufen sich auf 8.600 €. Für die Kostenberechnung wird angenommen, dass in den Umstellungsgebieten 10 % der Hausstationen getauscht werden müssen.
Im Falle der Nachverdichtung der Fernwärmeversorgung wird angenommen, dass pro Hausanschluss zusätzlich zu den Kosten der Hausstation Kosten für die Verlegung der Stichleitung in Höhe von 7.000 € pro Gebäudeanschluss anfallen. Für die Erweiterung der Fernwärmeversorgung wird davon ausgegangen, dass die Gebäudeanschlusskosten mit 6.000 € pro Gebäude etwas geringer ausfallen, da aufgrund der Optimierung der Abläufe auf der Baustelle Unterverteilung und Hausanschluss abgestimmt verlegt werden können.
Durch die Absenkung der Vorlauftemperatur kann die Übertragungskapazität der Leitungen abnehmen, wenn nicht in gleichem Umfang eine Absenkung der Rücklauftemperatur erfolgt. Maßnahmen zum Ausgleich dieser Effekt sind etwa der forcierte Ausbau von Ringschlüssen, ggf. Ausbau der By-Pass-Ventile oder Erhöhung des Grads der Netzvermaschung. Um diese Aufwendungen zu berücksichtigen, wurden die monetären Aufwendungen pauschal mit Anteilen der zu verstärkenden oder ergänzenden Hauptverteilung und spezifischen Leitungskosten angesetzt. Hierbei wurde für die spezifischen Leitungskosten im Kernstadtbereich (hoch verdichte Verkehrsflächen) 1.800 €/m (DN 300) bis 3.000 €/m (DN 700) bzw. im Stadtbereich zwischen 1.200 €/m (DN 300) und 1.800 €/m (DN 700) angenommen (AGFW 2021).
Die Kostenannahmen bzgl. der Erweiterung der Fernwärme in den verschiedenen Stadttypen orientieren sich an diesen spezifischen Leitungskosten, und sind abhängig von der Bodenbeschaffenheit und dem benötigten leistungsabhängigen Leitungsquerschnitt.
Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und zur Kapazitätshaltung ist in den Großstädten zudem eine Verstärkung der Hauptverteilung notwendig, da aufgrund der Absenkung der Vorlauftemperatur die Übertragungskapazität der Leitungen abnimmt. Für die Kostenabschätzung wird angenommen, dass das Gesamtnetz der Hauptverteilung des jeweiligen Stadttyps entsprechend erweitert werden muss. Für diese Erweiterung ist in Großstädten eine Erweiterung um 12 %, in Mittelstädten mit ausgedehnten Wärmenetz um 8 %, in Mittelstädten mit kleinen Wärmenetzen und Kleinstädten um 5 % unterstellt. Die abgeschätzten Kosten der Netzverstärkung ergeben sich damit aus der ausgebauten Länge der Hauptverteilungsleitungen multipliziert mit den Verlegkosten der Fernwärmeleitungen. Sie betragen für die durchschnittlichen Fernwärmeversorgungsunternehmen in Großstädten 50,8 Mio. €, in Mittelstädten mit ausgedehnten Wärmenetzen 2,6 Mio. €, in Mittelstädten mit kleinen Wärmenetzen 0,3 Mio. € und in Kleinstädten 0,1 Mio. €.
Zusammengefasst ergeben sich für die Umstellung der Fernwärmenetze in Abhängigkeit des Stadttyps die in Tabelle 4 aufgelisteten Kosten. Die Kostenschätzung der Umstellung aller Bestandsnetze auf LowEx in Deutschland belaufen sich damit insgesamt auf rund 13 Mrd. €.
Für eine durchschnittliche, mit Fernwärme versorgte Großstadt ergeben sich für die gesamte Umstellung der Fernwärmeversorgung durch die Abtrennung der Sekundärnetze, der Modifikation der Kundenanlagen sowie der Verstärkung des Leitungsnetzes ein Investitionsbedarf von rund 129,4 Mio. €. Im Fall der Mittelstädte sind durchschnittlich 12,2 Mio. € je Fernwärmeversorgungsunternehmen notwendig. Der durchschnittliche Investitionsbedarf in Mittelstädten mit kleinen Wärmenetzen (1,7 Mio. €) und Kleinstädten (0,8 Mio. €) für die Umstellung ist wesentlich geringer, da der Bau der Sekundärnetze wegfällt.
Würden zusätzlich zur Umstellung der Fernwärmeversorgung auf Niedertemperaturnetze eine Verdichtung innerhalb der Fernwärmeversorgung bzw. eine Erweiterung der Fernwärmeversorgung stattfinden, so sind zusätzliche Investitionen für die jeweiligen Stadttypen notwendig. Im Falle der Verdichtung der Fernwärmeversorgung fallen diese insbesondere für die neuen Hausanschlussleitungen an. Die notwendigen Investitionen belaufen sich für eine durchschnittliche Großstadt auf 8 Mio. €, für Mittelstädte zw. 0,8 und 0,2 Mio.€ bzw. für Kleinstädte auf 0,1 Mio. € (vgl. Tabelle 5). Im Fall der Erweiterung sind entsprechende Kosten für den Ausbau der Hauptverteilung und Unterverteilung und die nachfolgenden Hausanschlussleitungen zu berücksichtigen. Bei der Berechnung wurde hierbei ein Anschlussgrad von 80 % unterstellt. Insgesamt belaufen sich die Investitionen für die Erweiterung der Fernwärmeversorgung auf 33,1 Mio. € in den Großstädten und 1,3 Mio. € in den Kleinstädten. Für ganz Deutschland hochgerechnet, betragen die Investitionen für die Verdichtung und Erweiterung der Fernwärmeversorgung in Deutschland in den Stadtkategorien Großstädte bis Kleinstädte ca. 7,2 Mrd. €. Sie sind damit im Vergleich zur Umstellung auf LowEx-Netze um 45 % geringer.
4.2. Abschätzung der unrentierlichen Kosten verschiedener Maßnahmen in Kombination mit Umstellung der Fernwärmeversorgung
Die Berechnung der unrentierlichen Kosten und die begriffliche Verwendung erfolgt analog den Vorgaben der AGFW FW 703 (ebd. 2022), d.h. entsprechend des Nachweises zum Erhalt von Fördermitteln, unter anderem aus dem Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) in den Bundesländern (u. a. in Sachsen und Thüringen) (BMWI 2021). Bei der Berechnung der unrentierlichen Kosten nach FW 703 handelt es sich nicht um eine Wirtschaftlichkeitsberechnung im klassischen Sinne, sondern um die Ermittlung einer Wirtschaftlichkeitslücke nach formalen, verwaltungstechnischen Regeln. Unrentierliche Kosten sind alle zur Umsetzung eines Projektes notwendigen Kosten, die nicht durch die zu erwartenden Erträge der Infrastrukturmaßnahme (und andere Fördermittel) gedeckt werden können.
Investitionen in ein bestehendes Fernwärmesystem werden notwendig, wenn das Netz ertüchtigt oder erweitert werden muss oder die Anlagenbestandteile umgebaut oder erweitert werden sollen. Investitionen in die Netzertüchtigung tragen sich wirtschaftlich nur, wenn die dadurch ausgelöste Effizienzsteigerung des Netzes und der Hausanlagen die damit verbunden geringeren Ausgaben für die Fernwärmebereitstellungsmengen die Investitionen finanzmathematisch ausgleichen. Hinsichtlich der Effizienzsteigerung wird davon ausgegangen, dass im Durchschnitt durch den hydraulischen Abgleich der Heizungsanlagen der Kunden die Endenergienachfrage um bis zu 1 % reduziert werden kann (Guzek 2010). Der Austausch der nicht für die Absenkung der Vorlauf- und Rücklauftemperatur geeigneten Hausstationen, und die im Rahmen des hydraulischen Abgleichs durchgeführte Überprüfung der Hausanlagen führt dazu, dass an den jeweiligen Hausstationen die Vorlauftemperatur um 5 K und die des Rücklaufes zwischen 4,0 und 6,2 K abgesenkt werden können. Die netzseitigen Wärmeverluste können infolge der gebäudeseitigen Rücklauftemperaturreduktion und der präziseren Regelung der netzseitigen Vorlauftemperaturen um 7 % reduziert werden (Rapp et al. 2020). Zusätzlich führt das abgesenkte Vor- und Rücklauftemperaturniveau zur Reduktion der Verteilungsverluste im Netz.
Investitionen in einen Netzausbau tragen sich in den ersten Jahren noch nicht wirtschaftlich, da nach dem Verlegen der Leitungen in der Regel ein Zeitraum von 10 bis 20 Jahren vergeht, bis die anvisierten Wärmeabnehmer ihre bis dahin verwendeten Wärmeerzeugungsanlagen abgeschrieben haben und zu einer Umstellung bereit sind. Dieser Zeitraum muss finanziell überbrückt werden.
Die unrentierlichen Kosten (Wirtschaftlichkeitslücke) sind damit Teil der Investitionen, der innerhalb des Betrachtungszeitraum nicht aus Erlösen gedeckt werden kann und stellen die Basis zur Betrachtung von Fördermitteln im Zusammenhang mit einer externen Förderung dar.
4.2.1. Unrentierlichen Kosten der Umstellung auf LowEx-Netze
Ausgangsbasis der Berechnung der unrentierlichen Kosten sind die Maßnahmen und die damit verbundenen notwendigen Investitionen wie sie in Kapitel 4.1 zusammengefasst wurde. Hierbei wurde für die LowEx Umstellung berücksichtigt, dass die Umstellung der Kundenanlagen vom 2. bis zum 9. Jahr (hydraulischer Abgleich und ggf. Austausch der Hausstationen) nach der Umstellung erfolgt. Im Rahmen der Betrachtung der Instandhaltungskosten wurden Hausstation und der hydraulische Abgleich nicht berücksichtigt. Der Grund ist, dass die Instandhaltungskosten der Hausstation in den Folgejahren soundso durch den Gebäudeeigentümer getragen werden. Im Fall des hydraulischen Abgleichs handelt es sich um eine einmalige Kostenposition. Bzgl. der Umstellung der Teilgebiete der Fernwärmeversorgung auf Sekundärnetze wird angenommen, dass dies im 10. Jahr der Umstellung (in den Stadtkategorien Großstadt und Mittelstadt mit ausgedehnten Wärmenetzen) parallel mit der Verstärkung der Netzstruktur erfolgt.
Das Ergebnis dieser Berechnung ist in Tabelle 6 zusammengefasst. Da die Effizienzgewinne durch die Umstellung auf LowEx, verglichen mit den Kosten der Investitionen, nur im einstelligen Prozentbereich liegen, beträgt der Anteil der Unrentierlichkeit an den Investitionskosten in Abhängigkeit des Stadttyps zwischen 98,3 und 93,6 %.
Hierbei ist der Anteil der Unrentierlichkeit der Investitionen in größeren Fernwärmenetzen höher, da Maßnahmen wie Ringschluss und Abspaltung in Sekundärnetze keine direkten Effizienzgewinne mit sich bringen. Daher ergeben sich die Unterschiede zwischen den Groß- und Mittelstädten mit ausgedehnten Wärmenetzen, Mittelstädten mit kleinen Wärmenetzten und den Wärmenetzen in den Kleinstädten.
4.2.2. Unrentierlichen Kosten der Umstellung auf LowEx-Netze im Maßnahmenpaket
Die Umstellung der Fernwärmeversorgung auf LowEx rechnet sich somit ohne Kompensation mit anderen wirtschaftlichen Maßnahmen oder Fördermitteln nicht. Eine Maßnahme könnte die Erweiterung der Fernwärmeversorgung sein. Daher wird im Folgenden eine Analyse zwischen drei Szenarien durchgeführt. Das erste Szenario (Szenario LowEx) analysierte die reine LowEx-Umstellung, ohne weitere Kundenakquisition zu berücksichtigen. Dessen Ergebnis wurde im Wesentlichen bereits im Kapitel 4.2.1 diskutiert und dient als Vergleichsszenario zu den anderen beiden Szenarien. Das zweite Szenario berücksichtig neben der LowEx-Umstellung die Kosten und die zusätzlichen Wärmebedarfe, die in Folge der Verdichtung des Fernwärmeversorgungsgebietes anfallen. Hierbei wird unterstellt, dass 80 % des in Kapitel 3 ermittelten Fernwärme-Verdichtungspotenzials zusätzlich erschlossen werden kann. Im dritten Szenario werden zusätzlich zur LowEx-Umstellung, weder die Verdichtung des Fernwärmeversorgungsgebietes noch deren Erweiterung berücksichtigt. Es wird angenommen, dass 80 % des Fernwärmeverdichtungs- und 50 % Erweiterungspotenzials erschlossen werden kann.
Bezüglich der zeitlichen Verteilung der Verdichtung der Fernwärmeversorgungsgebiete wird angenommen, dass die Neuakquisition der Kunden ab dem 2. Jahr beginnt und der Anschluss der Neukunden über 10 Jahre gleichmäßig erfolgt, d.h. im 11. Jahr ist das gesamte Versdichtungspotenzial in den Wärmenetzen erschlossen. Der Fernwärmeabsatz im jeweiligen Fernwärmeversorgungsgebiet erhöht sich entsprechend bis zum 11. Jahr. Für die Berücksichtigung der Erweiterung der Fernwärmenetze wird davon ausgegangen, dass die Bautätigkeiten und damit die Bauinvestitionen ab dem 1. Jahr starten. Eine parallellaufende Neuakquisition der Kunden erfolgt ab dem 2. Jahr. Im Weiteren wird davon ausgegangen, dass ein gleichmäßiger Anschluss der Kunden über 10 Jahre erfolgt. d.h. im 11. Jahr ist das Erweiterungspotenzial der Fernwärmenetze erschlossen und die Fernwärmeabsatzmengen haben sich im Zeitverlauf entsprechend erhöht.
Die Berechnung von Unrentierlichkeit der Umstellung der Fernwärmeversorgung bei gleichzeitiger Verdichtung der Fernwärmeversorgungsgebiete führt dazu, dass diese abnimmt (Szenario 2). Sie ist bei Kleinstädten und Mittelstädten mit kleinen Wärmenetzen mit 52,6 – 74,4 % am geringsten, weil hier insgesamt die Effekte der Effizienzsteigerung ohne zusätzliche LowEx-Maßnahmen nur durch zusätzliche Hausanschlüsse erschlossen werden können.
Die Unrentierlichkeit des Fernwärmenetzausbaus in Kombination mit der Umstellung auf LowEx (Szenario 3) nimmt hingegen in Kombination mit der zusätzlichen Erweiterung dieser wieder zu, da hier der Effekt zum Tragen kommt, dass die Fernwärmnetze die ersten 10 Jahre im erheblichen Maße Anfangsverluste aufweisen. Sie betragen zwischen 72,1 und 81,8 %.
Eine Hochrechnung der unrentierlichen Kosten der Umstellung der Fernwärmeversorgung auf LowEx für ganz Deutschland zeigt, dass diese in Kombination mit der Verdichtung um rund 1,5 Mrd. € niedriger liegen als ohne, d.h. eine flankierende Maßnahme der Nachverdichtung ist hierbei immer wirtschaftlich sinnvoll.
Die zusätzliche Erweiterung erhöht dagegen die Unrentierlichkeit bezogen auf den Zeitraum von 20 Jahren um 3 Mrd. €. Hierbei ist jedoch nicht einbezogen, dass durch diese Maßnahme der bisherige Fernwärmeabsatz in den Gemeinden mit fernwärmeversorgten Gebieten um 45 % gesteigert wird. Dies wiederum ist ein wichtiger Schritt zur fortschreitenden Dekarbonisierung der Gemeinden.
5. Fazit und Handlungsempfehlungen
Die Absenkung der Netztemperaturen der Fernwärmeversorgung ist eine der Grundvoraussetzungen, um den Anteil der Erneuerbaren Energien in der Fernwärmebereitstellung zu erhöhen. Für eine reine Umstellung der bestehenden Fernwärmenetze auf LowEx-Standard bestehen im heutigen Wärmemarktumfeld kaum Möglichkeiten zur Refinanzierung für Fernwärmenetze in Großstädten (Unrentierlichkeit im Bereich von größer als 90 %). Insgesamt wird für Deutschland ein Investitionsvolumen von rd. 13 Mrd. € abgeschätzt. Würde zusätzlich die Fernwärmeversorgung wie beschrieben erweitert werden, würden weitere Investitionen in Höhe von 7,1 Mrd. € anfallen.
Ein durchschnittliches Fernwärmeversorgungsunternehmen in einer Großstadt müsste für die LowEx-Umstellung rund 135 Mio. € investieren. Bei gleichzeitiger Verdichtung und Erweiterung der bestehenden Fernwärmenetze steigt der Investitionsbedarf in Summe auf ca. 177 Mio. € an. Die Unrentierlichkeit der Gesamtmaßnahmen könnte aber gemindert werden, wenn gleichzeitig eine Nachverdichtung im Versorgungsgebiet erfolgen würde. Insgesamt ist zu prüfen, ob sich nicht verschiedene Maßnahmen kombinieren lassen. So könnten z.B. im Rahmen des vorgeschriebenen Austausches der Wärmemengenzähler, wie sie durch Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und Abrechnungsverordnung (FFVAV), vorgeschrieben ist, die folgenden Maßnahmen an der Hausstation erfolgen. Da die alten Zähler bis 31. Dezember 2026 vom Versorgungsunternehmen für die Fernauslesbarkeit nachgerüstet oder durch neue fernablesbare Zähler ausgetauscht werden müssen, ist gleichzeitig eine Überprüfung bzw. der Austausch der Hausstationen und die Durchführung des hydraulischen Abgleichs möglich.
Die Berechnung der Unrentierlichkeit zeigt, dass für die Umstellung aller Fernwärmenetze auf LowEx in Deutschland insgesamt ein Förderbedarf von 12,6 Mrd. € besteht. Dieser könnte auf 11,3 Mrd. € reduziert werden, wenn eine entsprechende parallel Nachverdichtung erfolgen würde. Würden parallel zusätzlich die Netze erweitert werden, fallen hierfür unrentierliche Kosten in Höhe von 15,6 Mrd. € an.
Die betriebswirtschaftliche Betrachtung für Unrentierlichkeit berücksichtigt durch den Betrachtungsraum von 20 Jahren nicht die langfristige Nutzbarkeit der Netze, entsprechend ihrer technischen Lebensdauer von 40 Jahren und mehr. In dieser Analyse sind Umweltaspekte nicht mit einbezogen, die in der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung eine entsprechende Entwicklung als vorteilhaft aufzeigen.
Zusätzlich ist der Investitionsbedarf für die Umstellung der Fernwärmeversorgung auf LowEx bzw. die des möglichen Ausbaus der Fernwärme im Verhältnis zu den Kosten der Umstellung der Fernwärmeerzeugung zu betrachten. Die Investitionen in den Ausbau der treibhausgasneutrale Fernwärmeerzeugungstechnologien wird den Betrag für die Umstellung bestehender Netze um ein Vielfaches übersteigen und die Fernwärmeversorgung insgesamt vor ein Finanzierungsproblem stellen.
Politische Instrumente wie der CO2-Preis oder die anteilige Umlage des CO2-Preises auf Mieter und Vermieter erhöhen wohl die Anpassungsmöglichkeiten des Fernwärmepreises und damit die möglichen höheren Erlöse für die dekarbonisierte Fernwärmeerzeugung plus die ggf. höheren Fernwärmeverteilkosten, schließen aber die Lücke hinsichtlich des Finanzierungsbedarfs nicht.
Die Politik hat diesen Aspekt bereits erkannt und das Förderprogramm „Bundesförderung effiziente Wärmenetze“ (BEW) im August 2022 gestartet. Hauptaugenmerk liegt hierbei jedoch auf dem Ziel, den Anteil erneuerbarer und klimaneutraler Wärmequellen in den Wärmenetzen bis 2030 auf 30 % auszubauen (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle 2022). Mit der BEW sollen pro Jahr die Installation von 400 MW erneuerbarer Wärmeerzeugungsleistung und Gesamtinvestitionen in Höhe von 690 Mio. Euro angereizt werden. Bei einer angenommenen durchschnittlichen Förderquote von 40 % lässt dies auf ein jährliches Fördervolumen von rund 275 Mio. Euro schließen. Bei einer bisher geplanten Förderdauer von 6 Jahren umfasst das Programm insgesamt ein Fördervolumen von 1,65 Mrd. €. Der Vergleich dieser Zahlen mit den in dieser Studie ermittelten Summen zeigt bereits, dass die BEW nur einen geringen Teil der potenziell anfallenden Kosten erfasst. Im Weiteren kann keine Förderung das Risiko von Hemmnissen in Bezug auf die Erschließung von Kunden bzw. allgemein anfallende Anlauf- und Umsetzungsverluste durch ggf. geringere Durchdringungsraten einkalkulieren. Daher wird insgesamt die systemische und integrale Betrachtung zur Realisierung der Wärmewende immer wichtiger. Nur wenn die kommunale Wärmewende, die Transformation der Netze, die Umstellung bzw. Digitalisierung der Verbrauchsmessungen und die Einbeziehung der Akteure koordiniert und strategisch vollzogen wird, kann die Dekarbonisierung der Fernwärmeversorgung als Baustein der Wärmewende gelingen. Hierfür ist aber eine schnelle und planbare Einteilung der Gemeinden im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung notwendig. Dadurch können im Konsens zwischen allen kommunalen Akteuren, Fokusgebiete (Wärme/Gas/Individuelle Einzellösungen (inkl. Strom)) in Gemeinden festgelegt werden. Dies führt insgesamt dazu, dass die für die Wärmewende verfügbaren Ressourcen (Handwerker, öffentliche und private Mittel, Zeit) gezielt, sozialverträglich und konzentriert im Gemeindegebiet eingesetzt werden können.
Die vorliegende Ariadne-Analyse wurde von den oben genannten Autorinnen und Autoren des Ariadne-Konsortiums ausgearbeitet. Die Analyse spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung des gesamten Ariadne-Konsortiums oder des Fördermittelgebers wider.
Die Inhalte der Ariadne-Publikationen werden im Projekt unabhängig vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erstellt.
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