Mit der CO2-Bepreisung des Wärmebereichs sollen Emissionen im Gebäudesektor gesenkt und Kurs zur Klimaneutralität aufgenommen werden. Die Wirksamkeit der CO2-Bepreisung hängt dabei jedoch erheblich von der Höhe des Preises und der Preisentwicklung ab. Eine neue Studie von Ariadne-Fachleuten des Instituts für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart zeigt: Mit dem derzeit vorgesehenen Mindestpreis von 55 Euro pro Tonne CO2 im Jahr 2025 lassen sich zwar durchaus hohe Emissionsminderungen erzielen. Für einen klimaneutralen Gebäudesektor müssten die Preise auf längere Sicht aber deutlich höher liegen.
Für ihre Analyse haben die Experten verschiedene Szenarien zur Preisentwicklung analysiert: Mittel- und insbesondere langfristig sind deutlich höhere CO2-Preise von 275 Euro pro Tonne CO2 oder sogar 355 Euro pro Tonne CO2 in 2045 erforderlich, um Klimaneutralität im Gebäudesektor zu erreichen, zeigen die Modellrechnungen einerseits. Gleichzeitig hat ein sehr schneller und sehr starker Anstieg des CO2-Preises bis 2025 nur einen begrenzten Effekt auf Emissionseinsparungen – bei einer vergleichsweise starken Belastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Denn der Wärmemarkt ist träge: Viele Investitionsentscheidungen für Bauvorhaben und Sanierungen sind bereits gefallen und wirken noch auf Jahre nach. Ein verzögerter Anstieg des CO2-Preises führt dagegen zu hohen Emissionen, weil die Umstellung von Öl und Gas auf Erneuerbare Energien durch den fehlenden Preisdruck deutlich später erfolgt. Die verpassten Emissionsminderungen sind auch durch einen rapiden Anstieg dann nicht mehr aufzuholen.
Zudem sind CO2-Preise nicht die einzigen Stellschrauben für die Wärmewende betonen die Autoren. Neben der Sanierungsrate im Bestand, die durch politische Maßnahmen befördert werden kann, spielen auch weniger beeinflussbare Faktoren, wie die Importpreise für Öl- und Erdgas, eine wesentliche Rolle. Das zeigt auch die Untersuchung eines „Preisschock-Szenarios“, das die aktuelle Situation auf den Energiemärkten berücksichtigt, die durch den russischen Krieg in der Ukraine entstanden sind. Hier wird deutlich, dass hohe Gaspreise kurzfristig einen wesentlich stärkeren Einfluss auf die Nutzung von Heizenergieträgern haben als der CO2-Preis, so dass auch kurzfristig die Nutzung von fossilen Brennstoffen im Gebäudesektor stärker zurückgeht. Langfristig sind dennoch entweder ein ausreichend hoher CO2-Preis als Leitinstrument mit einigen flankierenden Politikmaßnahmen oder andere tiefgreifende politische Maßnahmen (Verbote, Regulierung und Subventionen) notwendig, um die Klimaziele zu erreichen.
Ariadne-Analyse
Felix Kattelmann, Alexander Burkhardt, Markus Blesl, Ulrich Fahl, Kai Hufendiek (2022): Einfluss der CO2-Bepreisung auf den Wärmemarkt. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.