Von Informationskampagnen bis hin zu monetären Anreizen, von Selbstverpflichtungen bis hin zu Spielen: 5-6 Prozent des Energieverbrauchs von Haushalten können kurz- und mittelfristig durch Verhaltensinterventionen gesenkt werden und so helfen, die Energiekrise abzufedern. Das zeigt eine neue Analyse, für die Ariadne-Forschende des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme und des Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität mehr als 100 Studien aus über 25 Ländern ausgewertet haben. Das Papier diskutiert aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse, analysiert den rechtlichen Rahmen sowie den Stand der Implementierung in Deutschland und zeigt entsprechende Regulierungsoptionen auf.
Bereits seit dem Ölpreisschock in den 1970er Jahren hat die Wissenschaft in vielen Studien und Experimenten energiesparendes Verhalten studiert, um besser zu verstehen, was Menschen anreizt, zuhause weniger Strom und Wärme zu verbrauchen. Diese Erfahrungen können in der aktuellen Energiekrise für die Entwicklung von Maßnahmen helfen, die Haushalte zum verstärkten Energiesparen motiviert. Zwar wurden in Deutschland selbst nur wenige solcher Untersuchungen durchgeführt, für ihre Metastudie haben die Expertinnen und Experten des Kopernikus-Projekts Ariadne jedoch Studien aus in der ganzen Welt, darunter USA, Großbritannien, Japan und europäische Länder, systematisch ausgewertet. Ihre Analyse zeigt: Geld motiviert, wenig überraschend, am meisten. Noch wirksamer als solche Einzelmaßnahmen sind jedoch gut durchdachte Maßnahmenbündel – also zum Beispiel die Begleitung von Preissignalen durch Informationskampagnen zu Energieeinsparungen, regelmäßigem Feedback zum tatsächlichem Verbrauch, etwa durch regelmäßigere Abrechnungen, oder das Bereitstellen von Energieberichten für Haushalte im Vergleich zu anderen. Die Autoren stellen außerdem fest, dass viele dieser Maßnahmen in Deutschland zwar in die Gesetzgebung aufgenommen wurden, die Umsetzung dieser Maßnahmen jedoch vor einigen Herausforderungen steht.
Wichtig bleibt bei allen Maßnahmen, dass die Lenkungswirkung der Energiepreise nicht zu sehr ausgehebelt werden, – da sonst weniger Energie gespart wird als notwendig. Insgesamt hinkt in Deutschland die Umsetzung von Maßnahmenbündeln zum Energiesparen hinterher, was unter anderem am Fehlen einer intelligenten Messinfrastruktur liegt, mit der die Haushalte zum Beispiel einen direkteren Einblick in ihren eigenen Verbrauch bekommen. Der schnelle Aufbau einer solchen Zählerinfrastruktur im Rahmen der Digitalisierung der Energieinversorgung ist wichtig. Aber auch ohne diese Technik können kurzfristig Politikmaßnahmen eingesetzt werden, die bei der Bewältigung der Energiekrise helfen können, argumentieren die Autorinnen und Autoren. So kann es sinnvoll sein, die geplanten Entlastungspakete zur Abfederung der steigenden Energiekosten an eine Reduktion des Verbrauchs im Vergleich zu vergangenen Jahren zu knüpfen. Energieeinsparungen können durch die Bereitstellung von Informationen über den monatlichen Energieverbrauch und das Einsparpotenzial einzelner Haushalte oder von Mehrfamilienhäusern erhöht werden. Die Kombination mit nicht-monetären Instrumenten, welche die Energiekompetenz der Nutzenden spielerisch erhöht, kann die Menschen langfristig zum Strom- und Wärmesparen motivieren.
Ariadne-Analyse
Tarun Khanna, Klaas Miersch, Felix Creutzig, Robert Meyer, Jana Karras, Greta Reh, Jan Minx (2022): Maßnahmen für energiesparendes Verhalten im Wohnsektor. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.