Der Druck auf Immobilienbesitzende, energetische Sanierungen durchzuführen und die Wärmeversorgung auf Erneuerbare Energien umzustellen, wächst unter anderem durch die CO2-Bepreisung und die Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes. Dabei bieten die Modernisierungsumlage und Förderungen wenig Anreize für Vermietende in die Wärmewende zu investieren, während Mietende nicht ausreichend vor hohen finanziellen Belastungen durch die Transformation geschützt werden. In einer neuen Analyse haben Ariadne-Forschende an konkreten Beispielen ausgerechnet, wie sich verschiedene mietrechtliche Optionen finanziell auf Rendite und Mieten auswirken und welche tragbaren Lösungen sich für die Beteiligten daraus ergeben können. Kurzfristig kann aus ihrer Sicht eine energetische Modernisierungsumlage durch eine Nichtanrechnung von Förderungen bei der umlegbaren Investitionssumme mit anpassbarer Kappungsgrenze das Vermieter-Mieter-Dilemma beim Umstieg auf fossilfreie Wärmeversorgung zumindest teilweise auflösen.
Die Ariadne-Forschenden vom Institut der deutschen Wirtschaft, Öko-Institut e.V. und Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V. diskutieren in ihrer Analyse die Vor- und Nachteile der Modernisierungsumlage, Teilwarmmiete und CO2-Umlagefägigkeit sowie Fördermöglichkeiten zur Unterstützung energetischer Modernisierung von Wohnraum in Deutschland. Dabei berechnen sie für die verschiedenen Optionen anhand von zwei Wohnraumbeispielen einerseits die Investitionskosten sowie die sich aus der Sanierung ergebenden Mietsteigerungen und mögliche Heizkostenersparnisse.
Die Beispiele, Wohnraum jeweils in einem Mehr- und Einfamilienhaus mit einer angenommenen Effizienzklasse F im Energieausweis, sollen den typischen Wohnungsbestand Deutschland exemplarisch darstellen. Für beide Wohnraumtypen werden Sanierungskosten zur Erreichung eines Effizienzhausstandards 70 und die dadurch möglichen Energieeinsparungen berechnet. Wirtschaftlichkeit, Marktlage sowie Förderung werden dabei mit betrachtet. Die sich aus diesem Kriterienkatalog ergebenden 16 Fallkonstruktionen werden zusätzlich unter den Gesichtspunkten Betrachtungszeitraum, Kalkulationszins und zukünftige Entwicklung der Energiepreise beleuchtet.
In ihrer Analyse stellen die Forschenden fest, dass alle bestehenden Optionen, wie zum Beispiel das im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung vorgeschlagene Teilwarmmietenmodell, entweder keine Investitionsanreize bieten oder die Mietenden einseitig belasten würden. Sie schlagen deshalb eine Reform der Modernisierungsumlage vor, die gezielt Effizienzmaßnahmen im Gebäudebestand adressiert. Mittel- bis langfristig sollte der Mietspiegel überarbeitet werden, um die Preisniveaus vor Ort besser abbilden und auf andere grundsätzliche Probleme, die Druck auf Mietpreise ausüben, reagieren zu können. Zur Entlastung der Mietenden vor zu hohen Mietsteigerungen durch eine energetische Sanierung könnten jeweils auf die aktuellen Baukosten anpassbare Kappungsgrenzen für die Berechnung einer energetischen Modernisierungsumlage eingebaut werden.
Mithilfe den zusammengestellten Beispielfälle können die Forschenden konkret berechnen, welche Kosten pro Quadratmeter die Eigentümerinnen und Eigentümer für eine energetische Sanierung investieren müssen und wie sich die vorhandenen Umlageoptionen sowie Fördermöglichkeiten auf die Refinanzierung sowie Wertsteigerung der Immobilie auswirken. Gleichzeitig können sie die finanziellen Ent- und Belastungen für Mietenden in den verschiedenen Optionen berechnen. Damit ist es ihnen möglich, konkrete Probleme des Vermieter-Mieter-Dilemmas, also dem Wechselspiel zwischen Investitionsanreizen und Mietbelastungen, zu beschreiben und mögliche Lösungsansätze zu entwerfen.
Ariadne Analyse
Ralph Henger, Sibylle Braungardt, Jana Karras, Benjamin Köhler, Greta Reeh (2023): Schweden als Vorbild zur Überwindung des Vermieter-Mieter-Dilemmas – (Teil-)warmmieten oder Reform der Modernisierungsumlage? Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.