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Report: Fokusreport Wärme und Wohnen – Zentrale Ergebnisse aus dem Ariadne Wärme- & Wohnen-Panel

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Kernbotschaften

Das Ariadne Wärme- & Wohnen-Panel bietet detaillierte Einblicke in den aktuellen Fortschritt und die Herausforderungen der Wärmewende in Deutschland. Anhand des Panels, welches seit 2021 jährlich Daten von rund 15.000 Haushalten sammelt, liefert der Report wertvolle Informationen darüber, wie Deutschland wohnt und heizt. Die gesammelten Erkenntnisse helfen bei der Entwicklung politischer Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele Deutschlands im Gebäudebereich. Im Folgenden sind die wichtigsten Kernbotschaften zusammengefasst:

Stand der energetischen Sanierung von Eigenheimen

  • Die energetische Sanierungsrate selbstgenutzter Eigenheime betrug im Jahr 2023 knapp über 1,0% – eine leichte Steigung gegenüber den durchschnittlich 0,8% in den Jahren 2000-2020. Die von der Bundesregierung angestrebte Rate von 2% ab 2020 wird damit deutlich verfehlt.
  • Wohlhabendere Haushalte haben eine höhere energetische Sanierungsrate als einkommensschwächere Haushalte. Haushalte, die in Mehrfamilienhäusern wohnen, sanieren seltener als solche in Ein- oder Zweifamilienhäusern.
  • Im Durchschnitt ist die energetische Sanierungsrate in Gebäuden, die zwischen 1918 und 1968 erbaut wurden, am höchsten. Für neuere Gebäude sinkt sie deutlich ab, was unter anderem auf die Einführung verschiedener Gebäudeeffizienzstandards ab den 1970er Jahren zurückzuführen ist.

Finanzielle Belastung durch Heizkosten und Wohnen

  • Im Jahr 2023 betrug der jährliche Heizkostenabschlag im Mittel 1.600 Euro. Dabei variierten die Kosten stark zwischen Haushalten.
  • Bei Mietenden betrugen die Heizkosten im Verhältnis zur Kaltmiete im Jahr 2023 durchschnittlich 23% (im Vorjahr waren es noch 20%).
  • Mieterhöhungen durch Modernisierungsumlage sind deutlich weniger häufig (7%) als Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete (43%) oder vereinbarte Mieterhöhung durch Staffel oder Index (15%).

Einstellungen der Bevölkerung zur Klimapolitik im Gebäudesektor

  • Obwohl eine große Mehrheit der Befragten (80 %) angibt, dass ihnen Klimaschutz generell wichtig ist, findet dies keine direkte Entsprechung in der Unterstützung „harter“ klimapolitischer Maßnahmen im Gebäudebereich. Nur weniger als 40% befürworten Maßnahmen wie eine CO2-Abgabe oder das Verbot des Einbaus fossiler Heizsysteme.
  • Die Unterstützung variiert je nach den Besitzverhältnissen der Befragten. Eigentümerinnen und Eigentümer bevorzugen die CO2-Abgabe gegenüber einem Einbauverbot für fossile Heizungen, während Mietende weitgehend indifferent zwischen den Maßnahmen sind. Darüber hinaus steigt die Unterstützung mit sinkendem Anteil von Heizkosten am Gesamteinkommen, und zwar disproportional stark für die CO2-Abgabe.
  • Auch regionale Unterschiede sind deutlich erkennbar. In den neuen Bundesländern ist die Unterstützung für Klimamaßnahmen im Gebäudebereich deutlich geringer als in den alten Bundesländern und insbesondere in den Stadtstaaten.

1. Einleitung

Bei der Dekarbonisierung des Gebäudesektors offenbaren sich ökonomische und politische Herausforderungen. Hierzu zählen speziell die Kosten der Dekarbonisierung, die gerechte Verteilung dieser Kosten zwischen sozialen Gruppen und bestehende Pfadabhängigkeiten durch vergangene Investitionen in fossile Heiztechnologien und ineffiziente Gebäude. Darüber hinaus ist die Akzeptanz neuer Technologien und politischer Maßnahmen entscheidend, wie nicht zuletzt die erbitterte Debatte um die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes im Jahr 2023 gezeigt hat – eine Debatte, die immer noch in der Branche und der Gesellschaft nachwirkt.

Der Gebäudesektor verursacht aktuell etwa 15% der gesamten Emissionen in Deutschland. Den aktuellen Treibhausgas-Projektionen der Bundesregierung zufolge wird der Gebäudesektor sein angestrebtes Emissionsreduktionziel für 2030 um 32 Millionen Tonnen CO2 verfehlen.1https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2024/03/20240315-deutschland-bei-klimazielen-2030-erstmals-auf-kurs.html Zusätzlich weist der Expertenrat Klima darauf hin, dass diese Projektionen die zukünftige Entwicklung der Emissionen unterschätzen und somit die tatsächlichen Reduktionen überschätzen könnten.2https://expertenrat-klima.de/content/uploads/2024/06/ERK2024_Sondergutachten-Pruefung-Projektionsdaten-2024.pdf Entsprechend sind im Gebäudebereich noch weitere klimapolitische Maßnahmen erforderlich. Diese Maßnahmen sollten darauf abzielen Investitionen in energetische Effizienz und neue Heizsysteme zu befördern sowie eine Änderung des Heizverhaltens anzuregen.

Für die Ausgestaltung dieser Maßnahmen ist eine fundierte empirische Entscheidungsgrundlage notwendig. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanzierte Kopernikus-Projekt Ariadne leistet hier einen wichtigen Beitrag. Im Rahmen dieses Projekts wurde im Jahr 2021 das Wärme- & Wohnen-Panel initiiert. Das Panel besteht aus jährlichen Befragungen von etwa 15.000 deutschen Haushalten, wobei sich die Befragungen auf den energetischen Zustand von Wohngebäuden, die energetische Sanierungstätigkeit sowie die Heizkosten der Haushalte fokussieren. Diese Daten werden mit sozioökonomischen Angaben und Einstellungen der Haushalte verknüpft. Durch die jährlich wiederholte Befragung derselben Haushalte können Veränderungen im Zeitverlauf verfolgt werden.

Für die Jahre 2021 und 2022 wurden die Ergebnisse in Werkstattberichten ausgewertet (Frondel et al. 2022, Frondel et al. 2023). Ab der dritten Welle wird mit dem Ariadne-Fokusreport für die Auswertung ein neuer Weg eingeschlagen, der sich stärker auf drei Kernthemen fokussiert. Diese Themen umfassen:

  1. Stand der energetischen Sanierung von Eigenheimen
  2. Finanzielle Betroffenheit durch Heizkosten und Wohnen
  3. Einstellungen der Bevölkerung zur Klimapolitik im Gebäudesektor

Für jeden Themenbereich werden zentrale Indikatoren vorgestellt und im Zeitverlauf betrachtet. Diese Indikatoren sollen Entscheidungsträger dabei unterstützen, die Qualität und Treffsicherheit klimapolitischer Entscheidungen im Gebäudesektor zu erhöhen, um so die Klimaziele Deutschlands zu erreichen.

2. Stand der energetischen Sanierung von Eigenheimen

  1. Die energetische Sanierungsrate der Gebäudehülle von selbstnutzenden Eigentümerinnen und Eigentümern im deutschen Gebäudebestand lag zwischen 2000 und 2020 bei durchschnittlich 0,8%. In dieser Zeitspanne gab es keinen wesentlichen langfristigen Aufwärtstrend.
  2. In den letzten zwei Jahren ist die energetische Sanierungsrate wieder etwas angestiegen und lag im Jahr 2023 knapp über 1,0%. Trotzdem wurde die von der Bundesregierung angestrebte Rate von 2% ab 2020 deutlich verfehlt.
  3. Wohlhabendere Haushalte haben eine höhere energetische Sanierungsrate als einkommensschwächere Haushalte (durchschnittlich 0,84% zwischen 2000 und 2021 in der wohlhabendsten Haushaltsgruppe im Vergleich zu 0,61% in der einkommensschwächsten Haushaltsgruppe). Haushalte, die in Mehrfamilienhäusern wohnen, weisen eine niedrigere Sanierungsrate auf als Haushalte in Ein- oder Zweifamilienhäusern (durchschnittlich 0,61% vs. 0,87% zwischen 2000 und 2021).
  4. Im Durchschnitt ist die energetische Sanierungsrate in Gebäuden, die zwischen 1918 und 1968 erbaut wurden, am höchsten. Für neuere Gebäude sinkt sie deutlich ab, was unter anderem auf die Einführung verschiedener Gebäudeeffizienzstandards ab den 1970er Jahren zurückzuführen ist.

Zusätzliche Daten zur energetischen Sanierungsrate in Deutschland helfen bei der Gestaltung der Wärmewende.

Viele Gebäude in Deutschland sind alt und sanierungsbedürftig. Auch wenn seit 1978, beginnend mit der Wärmeschutzverordnung, in regelmäßigen Abständen die Energieeffizienzstandards für Neubauten angehoben wurden, sind rund 60% der Wohngebäude in Deutschland (Mikrozensus, 2023a) vor Einführung dieser Standards erbaut worden und damit nur bei Bestandssanierungen von den Energieeffizienzvorschriften betroffen. Bereits im Jahr 2010 hatte die Bundesregierung das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2020 die energetische Sanierungsrate von weniger als 1% auf 2% zu verdoppeln, um den alten Gebäudebestand auf einen höheren Effizienzstandard zu bringen.3https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/439778/794fd0c40425acd7f46afacbe62600f6/2017-11-14-beschluss-kabinett-umwelt-data.pdf?download=1

Um Klimaschutzmaßnahmen und Anreize zu setzen, welche die energetische Sanierungsrate wirksam und sozialgerecht erhöhen, fehlen in Deutschland häufig aktuelle Daten über die Sanierungstätigkeit sowie den Gebäudebestand und verknüpfbare Informationen zu seinen Bewohnerinnen und Bewohnern. Vorliegende Studien können Sanierungen und die energetische Sanierungsrate somit meistens nur unabhängig von sozioökonomischen Eigenschaften der Bewohnerinnen und Bewohner und daher nur auf einer hohen Aggregationsebene ermitteln (siehe bspw. dena, 2023; Behr et al., 2023). Im Wärme- & Wohnen-Panel lassen sich Informationen zum Gebäudebestand, der Sanierungstätigkeit und den sozio-ökonomischen Charakteristika der Bewohnenden erstmalig vereinen.

Im nachfolgenden Kapitel ermitteln wir anhand von Umfrageergebnissen aus dem Ariadne Wärme- & Wohnen-Panel (2021-2023) die energetische Sanierungsrate für selbstnutzende Eigentümerinnen und Eigentümer. Die Rate können wir anhand der Angaben in der Befragung rückwirkend ab dem Jahr 2000 bestimmen. Dabei werden die Dämmung der Außenwand, des Dachs oder der oberen Geschossdecke und des Bodens sowie der Fenstertausch als energetische Sanierung betrachtet (siehe Methodik der Datenerhebung im Anhang). Darüber hinaus untersuchen wir in weiterführenden Analysen, wie sich die Sanierungstätigkeit nach dem Einkommen, der Gebäudeart und dem Baujahr unterscheidet.
Energetische Sanierungsrate von Eigentümerinnen und Eigentümern stagniert langfristig.

Im Durchschnitt lag die jährliche Sanierungsrate zwischen 2000 und 2020 bei lediglich 0,8%. Trotz eines leichten Anstiegs in den letzten Jahren konnte dabei das Ziel der Bundesregierung, die Sanierungsrate bis zum Jahr 2020 auf 2% zu verdoppeln, nicht erreicht werden (Abbildung 1). Ein Blick auf die Durchschnittswerte über jeweils fünf Jahre (dargestellt durch die rote gestrichelte Linie) bestätigt die stagnierende langfristige Sanierungstätigkeit, die unter 1% liegt.

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Leichter Aufwärtstrend bei der Sanierungsrate in den letzten Jahren.

Befund: In den letzten Jahren zeigt sich wieder ein leichter Aufwärtstrend bei der energetischen Sanierungsrate, mit Ausnahme des Corona-Jahres 2021. In den Jahren 2022 und 2023 lag die
Sanierungsrate jeweils bei knapp 1,1% und 1% und somit über dem langfristigen Durchschnitt von 0,8% (Abbildung 1).

Mögliche Erklärungen: In den Jahren 2022 und 2023 könnte insbesondere der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine und die dadurch ausgelöste Energiekrise und Debatte um Energiesparen in Deutschland die Sanierungsrate erhöht haben. Unabhängig von solch kurzfristigen Schocks könnte das Gebäudeenergiegesetz (GEG), welches seit 2020 die aktuellen Vorschriften für Energieeffizienz in Neu- sowie Bestandsbauten festlegt, ebenfalls zu dem Anstieg beigetragen haben. Als letzter und möglicherweise wichtigster Grund haben sich darüber hinaus auch die Verfügbarkeiten finanzieller Fördermöglichkeiten stets als wichtiger Indikator der Sanierungstätigkeit erwiesen.

Die Sanierungsrate steigt mit dem Haushaltseinkommen.

Befund: Die Untersuchung der energetischen Sanierungsrate nach Haushaltseinkommen zeigt, dass die energetische Modernisierungsaktivität tendenziell mit dem Einkommen steigt. Abbildung 2 zeigt die durchschnittliche Sanierungsrate zwischen den Jahren 2000 bis 2021 inklusive 95%-Konfidenzintervallen für vier Gruppen des monatlichen Haushaltsnettoeinkommens. Während die Rate bei Haushalten mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen unter 1.700 Euro bei 0,61% liegt, steigt sie daraufhin an und liegt bei Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.200 Euro und mehr bei durchschnittlich 0,84%.

Mögliche Erklärungen: Auch wenn Fördermöglichkeiten allen Haushalten zur Verfügung stehen, ist die energetische Gebäudesanierung mit erheblichen Kosten verbunden, die eine Hürde für einkommensschwächere Haushalte darstellen könnten. Weitere mögliche Gründe für das vorliegende Muster der Sanierungsrate lassen sich in den Daten erkennen: Einerseits ist der durchschnittliche Anteil der Eigentümerinnen und Eigentümer, die in Ein-/Zweifamilienhäusern wohnen, in den einkommensstärkeren Haushalten 10 bis 15 Prozentpunkte höher als in den zwei einkommensschwächeren Gruppen. Die Durchführung energetischer Sanierungsmaßnahmen könnte sich in Mehrfamilienhäusern als schwieriger herausstellen, da diese gemeinsam mit den anderen Bewohnenden bzw. in Eigentum Wohnenden beschlossen werden muss. Darüber hinaus kann beobachtet werden, dass einkommensstärkere Haushalte tendenziell in neueren Gebäuden wohnen. Insbesondere in der einkommensstärksten Gruppe ist der Anteil derjenigen, die in Gebäuden wohnen, die nach 2002 erbaut wurden, fast doppelt so hoch wie in der zweit obersten Einkommensgruppe. Dies könnte erklären, warum die Sanierungsrate in der einkommensstärksten Gruppe nicht noch höher ist. Dementsprechend zeigen die Daten aber auch, dass einkommensschwächere Haushalte häufiger in älteren Gebäuden wohnen, die tendenziell einen höheren Sanierungsbedarf haben. Hier zeigt sich folglich eine deutliche Lücke in der Sanierungstätigkeit kommensschwacher Haushalte geht.

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Die energetische Sanierungsrate ist in Einfamilienhäusern deutlich höher als in Mehrfamilienhäusern.

Befund: Während die durchschnittliche Saninierungsrate über die Jahre 2000 bis 2021 Ein-/Zweifamilienhäusern bei 0,87% liegt, ist sie in Mehrfamilienhäusern deutlich geringer bei 0,61% (Abbildung 3).

Mögliche Erklärungen: Auch wenn in der gesamten Analyse der energetischen Sanierungsrate nur selbstnutzende Eigentümerinnen und Eigentümer betrachtet werden, sind diese in Mehrfamilienhäusern sehr wahrscheinlich, die voraussichtlich zu Lasten höherer Energiekosten der einäusern sehr wahrscheinlich Hindernissen ausgesetzt, die in Ein-/Zweifamilienhäusern kein Problem darstellen. So betreffen die meisten energetischen Sanierungsmaßnahmen das gesamte Gebäude und über die Durchführung müssen die Bewohnenden bzw. die Eigentümergesellschaft abstimmen. Abhängig von der Eigentümerstruktur kann sich die Entscheidung über eine energetische Sanierungsmaßnahme dadurch hinauszögern und als schwierig gestalten.

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Die energetische Sanierungsrate ist in Gebäuden, die zwischen 1919 und 1968 erbaut wurden, am höchsten.

Befund: Unsere Daten zeigen, dass bei Gebäuden, die vor 1969 erbaut wurden, im Zeitraum zwischen 2000 und 2021 am häufigsten energetische Sanierungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Die energetische Sanierungsrate liegt bei Gebäuden mit Baujahr zwischen 1919 und 1968 bei durchschnittlich 1,23% bis 1,27% (Abbildung 4). Danach nimmt die energetische Sanierungsrate ab und liegt durchschnittlich umso deutlicher unter 1%, je neuer das Gebäude ist.

Mögliche Erklärungen: Gebäude, die vor 1978 und somit vor Einführung der ersten Wärmeschutzverordnung erbaut wurden, unterlagen beim Bau keinen bzw. aus heutiger Sicht unzureichenden Energieeffizienzstandards und haben somit voraussichtlich den höchsten Sanierungsbedarf. Dementsprechend ist es naheliegend, dass – wenn nicht aus Kostengründen, dann zumindest aus Komfortgründen und einer höheren Wahrscheinlichkeit der Baufälligkeit – die energetische Sanierungsrate in diesen Gebäuden vergleichsweise hoch ist. Gebäude mit Baujahr 2002 und neuer erfüllen wiederum bereits hohe Effizienzstandards. Eine Sanierungslücke besteht allerdings möglicherweise noch in Gebäuden, die zwischen 1979 und 2001 erbaut wurden. Diese Gebäude entsprechen mittlerweile häufig nicht mehr dem aktuellen Effizienzstandard und haben trotzdem nur eine Sanierungsrate von durchschnittlich 0,96% beziehungsweise 0,23%.

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3. Finanzielle Belastung durch Heizkosten und Wohnen

  1. Im Jahr 2023 betrug der jährliche Heizkostenabschlag im Mittel 1.600 Euro. Dabei variierten die Kosten stark: 50% der befragten Haushalte zahlten zwischen 1.000 Euro und 2.400 Euro im Jahr, während die andere Hälfte der Haushalte entweder noch höhere oder niedrigere Beträge zahlte. Der durchschnittliche Heizkostenabschlag fällt bei Gebäuden mit schlechterer Energieeffizienz tendenziell höher aus.
  2. Mit höherem Einkommen steigen die Heizkosten, jedoch unterproportional, da Haushalte mit höherem Einkommen in größeren und neueren Wohnungen leben, wodurch die Heizkosten pro Wohnfläche geringer sind.
  3. Bei Mietenden betrugen die Heizkosten im Verhältnis zur Kaltmiete in 2023 durchschnittlich 23% (im Vorjahr waren es noch 20%).
  4. Mieterhöhungen durch Modernisierungsumlage sind deutlich weniger häufig (7%) als Mieterhöhung zur ortsüblichen Vergleichsmiete (43%) oder vereinbarte Mieterhöhung durch Staffel oder Index (15%).

Kostenbelastungen müssen bei der Umsetzung der Wärmewende mitgedacht werden.

Die Kostenbelastungen der Haushalte für Wärmeenergie und die Durchführung von energetischen Sanierungen haben eine hohe Relevanz hinsichtlich der erfolgreichen Umsetzung der Energiewende und der schnellen Erreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes.
Im nachfolgenden Kapitel analysieren wir daher Umfrageergebnisse aus dem Ariadne Wärme- & Wohnen-Panel (2021-2023) hinsichtlich dieser Kostenbelastungen. Dies umfasst Heizung, Warmwasser sowie Modernisierungumlagen. Die Kosten werden relativ zur Wohnfläche und zum Einkommen betrachtet. Wohnfläche, Gebäudeart und -zustand sowie Haushaltseigenschaften beeinflussen die absolute und relative Höhe der Heizkosten sowie die Entscheidung zu Sanierungsmaßnahmen. Neben den Wechselwirkungen zwischen Kosten, Gebäude- und Haushaltseigenschaften ist bei der Interpretation der Ergebnisse zu beachten, dass die genutzten Daten auf Angaben der Befragten beruhen, die nicht von uns auf Richtigkeit oder Vollständigkeit überprüft werden.

Durch die vorrausichtlich steigende CO2-Bepreisung auf fossile Brennstoffe wie Heizöl und Gas werden die Heizkosten sukzessive steigen. Damit erhöht sich der finanzielle Druck bei den privaten Haushalten, fossil erzeugte Wärmeenergie einzusparen. Dies kann neben Verhaltensanpassungen insbesondere durch Effizienzmaßnahmen (Wärmedämmung etc.) oder durch eine Umstellung des Hauptenergieträgers auf Erneuerbare Energie erfolgen. Neben dem Gebäudezustand ist die Wohnfläche ein zentraler Einflussfaktor auf Heiz- und Sanierungskosten. Zu beachten ist hierbei ein unterschiedlicher Wohnflächenkonsum von selbstnutzenden Eigentümerinnen und Eigentümern und Mietenden sowie zwischen Gegebenheiten der Objektarten und ihrer Lage. Wohnungsmarktanalysen zeigen regelmäßig, dass kleinere Wohneinheiten zwar mit höheren Wohnkosten je Quadratmeter verbunden sind, jedoch mit geringeren Wohnkosten insgesamt (bei vergleichbaren Qualitäts- und Lageeigenschaften). Ein Verzicht auf Wohnfläche stellt dabei einen der größten Hebel für geringere Wohn- und Heizkosten dar (Deschermeier und Henger, 2020, Sagner et al., 2020, Oberst und Voigtländer, 2024).

Höhere allgemeine Heizkosten in schlechteren Energieeffizienzklassen.

Befund: Der mittlere angegebene Heizkostenabschlag (Median) der Haushalte für 2023 beträgt gewichtet knapp 1.600 Euro im Jahr (IQR: 1.000 Euro bis 2.400 Euro im Jahr). Abbildung 5 zeigt die Verteilung der Heizkosten nach Energieeffizienzklasse des Gebäudes. Hier ist zu beachten, dass die Energieeffizienzklasse zum größten Teil der eigenen Einschätzung der Haushalte entspricht. Zunächst sind in Abbildung 5 die Heizkosten insgesamt dargestellt. Die Spannweite der Medianwerte reicht von 118 Euro pro Monat für Klasse A+ bis 150 Euro für Klasse H.

Mögliche Erklärungen: Die Spannweite von 22 Euro im Monat zwischen der effizientesten und ineffizientesten Gebäudeklasse mag gering erscheinen. Es ist jedoch zu beachten, dass diese Werte maßgeblich durch Gebäude- und Haushaltseigenschaften (insbesondere Wohnfläche) sowie durch die Kenntnis und Qualität der Einschätzung der Energieeffizienzklasse beeinflusst werden. Eine mögliche Hypothese ist, dass Haushalte in nicht sanierten Gebäuden seltener die Effizienzklasse kennen, oder gut einschätzen können, und daher eher grob gerundete Werte angeben.

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Höhere spezifische Heizkosten in schlechteren Energieeffizienzklassen.

Befund: Bei den Heizkosten kann zwischen allgemeinen und spezifischen Heizkosten unterschieden werden. Während die allgemeinen Heizkosten sich auf die Gesamtkosten eines Gebäudes oder einer Wohnung in einem bestimmten Zeitraum beziehen, sind spezifische Heizkosten eine Kennzahl, die angibt, wie viel Heizkosten pro Fläche in einem bestimmten Zeitraum anfällt. Für die Bewertung der Energieeffizienz sind die spezifischen Heizkosten pro Wohnfläche aussagekräftiger. Abbildung 6 zeigt die Heizkosten pro Wohnfläche auch differenziert nach selbstnutzenden Eigentümerinnen und Eigentümern und Mietenden. Die Heizkosten nehmen erwartungsgemäß sowohl absolut als auch relativ pro Quadratmeter mit besserer Energieeffizienz ab. Jedoch zeigt sich die Relevanz der Bezugsgröße (Fläche), strukturelle Unterschiede sowie eine insgesamt hohe Varianz.

Die Medianwerte für alle Haushalte reichen von 1,20 Euro pro Monat und m² für Klasse A+ bis 1,79 Euro pro Monat und m² für Klasse H. Dabei zeigen sich höhere Heizkosten für Mietende. Bei den Eigentümerinnen und Eigentümern reicht die Spannweite der Median-Heizkosten pro Monat und m² von 0,64 Euro für Objekte der Klasse A+ bis 1,43 Euro für Objekte der Klasse H. Der Unterschied von 0,79 Euro bedeutet für die durchschnittliche Wohnfläche von Eigentümerinnen und Eigentümern von 136 m² einen Unterschied von 107 Euro pro Monat bzw. etwa 1.290 Euro pro Jahr. Auch innerhalb der Energieeffizienzklassen gibt es hierbei relevante Unterschiede, die mit schlechterer Effizienzklasse zunehmen.

Mögliche Erklärungen: Die Gründe für die höheren Heizkosten der Mietenden sind nicht direkt ersichtlich. Ursachen könnten neben tatsächlichen Verbrauchsunterschieden auch überschätzte Angaben zu den eigenen Heizkosten oder Energieeffizienzklassen, unterschiedliche Abrechnungsmodelle, eingesetzte Heiztechnologien oder weitere Gebäudeeigenschaften sein. Die angegebenen Heizkosten der Eigentümerinnen und Eigentümer je Energieeffizienzklassen erscheinen insgesamt plausibler.

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Höhere allgemeine Heizkosten und sinkende spezifische Heizkosten mit steigendem Einkommen.

Befund: Abbildung 7 zeigt die gewichteten monatlichen Heizkosten 2023 nach Einkommensgruppen, Abbildung 7 (a) die allgemeinen Heizkosten und Abbildung 7 (b) die spezifischen Heizkosten pro Wohnfläche. Für die Heizkosten insgesamt zeigt sich, dass die Heizkosten mit steigendem Einkommen zunehmen. Der Anstieg ist jedoch unterproportional zum Einkommenszuwachs. Während die unteren beiden Einkommensgruppen im Durchschnitt (Median) 94 Euro bzw. 112 Euro pro Monat für Heizkosten ausgeben, sind es in den oberen beiden Einkommensgruppen 148 Euro bzw. 150 Euro. Bei der Betrachtung der Heizkosten pro Wohnfläche zeigt sich das gegenteilige Bild: Je höher das Einkommen, desto geringer die Heizkosten pro m². Zudem ist die Streuung bei den niedrigen Einkommensgruppen deutlich höher, insbesondere in der Einkommensgruppe von 700 Euro bis 1.200 Euro pro Monat. Bei den spezifischen Heizkosten je Wohnfläche zeigt sich bei den Mietenden kein eindeutiger Zusammenhang mit den Einkommensgruppen.

Mögliche Erklärungen: Die spezifischen Heizkosten sinken mit steigendem Einkommen, da Haushalte mit höherem Einkommen häufig in größeren und gleichzeitig neueren sowie energieeffizienteren Gebäuden bzw. Wohnungen wohnen.

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Hohe relative Energiekostenbelastung in niedrigen Einkommensgruppen.

Befund: Abbildung 8 zeigt den gewichteten Anteil der Heizkosten am Haushaltsnettoeinkommen für die mittleren Einkommensgruppen. Da das Haushaltseinkommen nur kategorial erfasst ist, handelt es sich um eine grobe Kalkulation. Für die niedrigsten und höchsten Einkommensgruppen wird diese Berechnung nicht durchgeführt. Das Ergebnis zeigt, dass vor allem die niedrigeren Einkommensgruppen häufig einen hohen Anteil ihres Einkommens für Heizkosten ausgeben (Median 10%, IQR von 7% und 15%). So gilt ein Haushalt als von Energiearmut bedroht, wenn er mehr als 10% seines Haushaltsnettoeinkommens für Energieausgaben aufwenden muss (Henger & Stockhausen, 2022). Dies gilt insbesondere für Haushalte, die als armutsgefährdet nach amtlicher Definition eingestuft werden und ein Einkommen unterhalb von 60% des mittleren bedarfsgewichteten Einkommens zur Verfügung haben. Diese Haushalte dürften vor allem in der Nettoeinkommensgruppe bis 1.200 Euro anzutreffen sein. In der nächsthöheren Einkommensklasse (1.200 Euro bis 2.700 Euro) ist dieser Anteil mit 6% deutlich niedriger. In den höheren Einkommensklassen nimmt der Anteil weiter ab, jedoch sind die Unterschiede geringer. Dabei ist es wichtig, auch die erheblichen Unterschiede bei der Kostenbelastung innerhalb dieser Gruppe zu berücksichtigen.

Mögliche Erklärungen: Wärme ist ein Grundbedürfnis, auf das Haushalte nicht verzichten können. Daher müssen Haushalte, auch wenn sie nur über ein geringes Einkommen verfügen, in den Heizperioden immer Ausgaben für das Heizen tätigen. Zwar schränken sich Niedrigeinkommenshaushalte im Energieverbrauch häufig selbst ein, um ihre Kostenbelastung zu reduzieren. Jedoch lassen sich häufig nicht alle Heizkosten vermeiden.

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Seltene Nutzung der Modernisierungsumlage.

Befund: Im Wärme- & Wohnen-Panel haben 4090 Mietende ihre Mieten für die Jahre 2022 und 2023 angegeben. Die gewichtete Durchschnittsmiete beträgt 774 Euro pro Monat (+2,3% im Vergleich zum Vorjahr, ohne Berücksichtigung von Qualitäts- und Lageunterschieden). Im Vergleich betragen die gewichteten durchschnittlichen Heizkosten 176 Euro pro Monat (im Vorjahr 154 Euro), was im Verhältnis zur Miete 23% entspricht (im Vorjahr 20%). Von 4090 Mietenden haben rund 18% im Jahr 2023 eine höhere Miete angegeben als im Vorjahr und rund 7% eine niedrigere Miete. Knapp 30% davon hat die Frage zum Grund für die Änderung ihrer monatlichen Miete beantwortet. Die Verteilung der Antworten ist in Abbildung 9 dargestellt. Da es sich um eine Teilgruppe der Mietenden handelt und die Fallzahl gering ist, wird hier auf eine Gewichtung verzichtet. Die große Mehrheit hat jeweils einen Grund angegeben, während nur drei Mietende sowohl Vergleichsmiete als auch Modernisierungsumlagen zusammen als Gründe für die Mietänderung angegeben haben. Die Mieterhöhung durch Modernisierungsgrundlage ist mit nur 7% deutlich seltener der Grund als die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (43%) und nach Vereinbarung (Staffel oder Index, 15%). In 36% der Fälle haben die Teilnehmer „weiß nicht/keine Angaben“ angekreuzt.

Mögliche Erklärungen: Die Umlegung der Investitionskosten über die Modernisierungsumlage erfordert einen höheren Aufwand für die Vermietenden als der Standardweg einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete. Da die Mieten in Gebäuden mit schlechter Energieeffizienz häufig unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, können die Vermietenden diesen Weg auch häufig nutzen.

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4. Einstellungen der Bevölkerung zur Klimapolitik im Gebäudesektor

  1. Obwohl eine große Mehrheit der Befragten (80%) angibt, dass ihnen Klimaschutz generell wichtig ist, findet dies keine direkte Entsprechung in der Unterstützung „harter“ klimapolitischer Maßnahmen im Gebäudebereich. Nur weniger als 40% befürworten Maßnahmen wie eine CO2-Abgabe oder das Verbot des Einbaus fossiler Heizsysteme.
  2. Die Unterstützung variiert je nach den Besitzverhältnissen der Befragten. Eigentümerinnen und Eigentümer bevorzugen die CO2-Abgabe gegenüber einem Einbauverbot für fossile Heizungen, während Mietende weitgehend indifferent zwischen den Maßnahmen sind.
  3. Haushalte mit einem niedrigen Anteil von Heizkosten am Gesamteinkommen unterstützen Klimapolitik insgesamt häufiger.
  4. Auch regionale Unterschiede sind deutlich erkennbar. In den neuen Bundesländern ist die Unterstützung für Klimamaßnahmen im Gebäudebereich deutlich geringer als in den alten Bundesländern und insbesondere in den Stadtstaaten.
  5. Es zeigt sich kein klarer Trend bei der Unterstützung für die CO2-Abgabe über die Zeit: Nach der Einführung im Jahr 2021 sank die Zustimmung mit der Energiekrise im Jahr 2022 und erholte sich im Jahr 2023 leicht.

Gesellschaftliche Akzeptanz entscheidend für erfolgreiche Umsetzung der Wärmewende.

Eine erfolgreiche Wärmewende benötigt entschlossene klimapolitische Maßnahmen. Deren Umsetzung erfordert in einem demokratischen Rahmen breite öffentliche Unterstützung. Dabei besteht ein wesentliches Hindernis darin, dass Maßnahmen häufig als tiefgreifender Eingriff in den Alltag der Menschen empfunden werden und darüber hinaus erhebliche finanzielle Investitionen erfordern. Mangelnde öffentliche Unterstützung kann in diesem Kontext zu gesellschaftlichen Konflikten beitragen.
Im nachfolgenden Kapitel analysieren wir Umfrageergebnisse aus dem Ariadne Wärme- & Wohnen-Panel (2021-2023), um die öffentliche Unterstützung für klimapolitische Instrumente zu bewerten. Besondere Aufmerksamkeit widmen wir zwei Schlüsselmaßnahmen: Dem bis spätestens 2028 bundesweit geplanten Verbot des Einbaus von fossilen Heizungen (Einbauverbot) und der seit 2021 unter anderem im Gebäudesektor geltenden Besteuerung von CO2-Emissionen (CO2-Abgabe). Diese Maßnahmen sind von zentraler Bedeutung für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors und stehen daher im Fokus unserer Untersuchung. 

Die Umfrageergebnisse verdeutlichen zunächst ein zentrales Dilemma: Obwohl knapp 80% der Befragten angeben, dass ihnen Klimaschutz generell wichtig ist, ergibt sich daraus nicht unbedingt auch Unterstützung für spezifische Maßnahmen im Gebäudebereich wie einem Einbauverbot für fossile Heizungen ab 2025 oder der CO2-Abgabe auf fossile Heizenergieträger. Diese Maßnahmen werden jeweils nur von weniger als 40% der Befragten befürwortet (siehe Tabelle 1).

Allgemeine Befürwortung von Klimaschutz bedeutet also nicht automatisch, dass auch konkrete politische Maßnahmen breite Akzeptanz finden. Dabei scheint eine CO2-Abgabe noch etwas beliebter als ein Einbauverbot für fossile Heizungen. Insgesamt variiert die Akzeptanz klimapolitischer Instrumente im Gebäudebereich je nach Situation der Befragten.  

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Eigentümerinnen und Eigentümer bevorzugen eine CO2-Abgabe gegenüber einem Einbauverbot.

Befund: Zunächst unterscheidet sich die Unterstützung von klimapolitischen Maßnahmen der Befragten je nach Besitzverhältnissen einer Immobilie. Während Eigentümerinnen und Eigentümer und Mietende eine CO2-Abgabe ähnlich oft unterstützen, ergibt sich beim Einbauverbot fossiler Heizungen ab 2025 ein signifikanter Unterschied: Hier stimmen etwa 8% mehr Mietende als Besitzende zu. Generell zeigen Mietende keine klare Präferenz zwischen CO2-Abgabe und Einbauverbot, während Eigentümerinnen und Eigentümer die Abgabe bevorzugen (siehe Abbildung 10). 

Mögliche Erklärungen: Diese Unterschiede könnten auf die unterschiedliche Wahrnehmung der finanziellen Belastung durch die Maßnahmen zurückzuführen sein. Die CO2-Abgabe trifft sowohl Mietende als auch Besitzende, jedoch stehen Besitzende beim Einbauverbot vor größeren finanziellen Herausforderungen, da sie möglicherweise den Großteil der Mehrkosten für ein nicht-fossiles Heizsystem tragen. 

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Haushalte mit niedrigen Energieausgaben zeigen mehr Unterstützung für Klimapolitik.

Befund: Befragte Haushalte, die angeben nur einen sehr geringen Anteil ihres Gesamteinkommens (weniger als 2,5%) für Heizkosten auszugeben, unterstützen Klimapolitik im Gebäudebereich deutlich häufiger. Zum Beispiel liegt die Zustimmung für eine CO2-Abgabe bei Haushalten, deren angegebene Heizkosten weniger als 2,5% ihres angegebenen Einkommens betragen bei 47%, während diese bei Haushalten mit einem Heizkostenanteil von mehr als 10% des Einkommens auf nur noch 31% sinkt. Ein ähnliches Muster zeigt sich auch bei der Zustimmung für ein Einbauverbot fossiler Heizsysteme. Hier ist der Zusammenhang mit dem Heizkostenanteil jedoch etwas weniger stark ausgeprägt (siehe Abbildung 11).  

Mögliche Erklärungen: Diese Ergebnisse könnten damit zusammenhängen, dass Haushalte, die einen höheren Anteil ihres Einkommens für Heizen aufwenden, weniger dazu in der Lage sind die finanziellen Folgen von Klimapolitik aufzufangen und daher eine geringere Zustimmung zeigen.

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Deutlich weniger Unterstützung in Ost- als in Westdeutschland.

Befund: Die Akzeptanz klimapolitischer Maßnahmen unterscheidet sich außerdem zwischen den einzelnen Bundesländern. Die Umfrageergebnisse aus 2023 zeigen, dass nur etwa 27% der Befragten in den neuen Bundesländern eine CO2-Abgabe unterstützen. Gleichzeitig hält auch hier eine deutliche
Mehrheit (68%) Klimaschutz generell für wichtig. Im Vergleich dazu ist die
Akzeptanz für klimapolitische Instrumente in den alten Bundesländern durchschnittlich um mehr als 10 Prozentpunkte höher. Besonders ausgeprägt ist die Zustimmung in den Stadtstaaten. Spitzenreiter ist dabei Hamburg, wo 47% der Befragten eine CO2-Abgabe befürworten (siehe Abbildung 12).

Mögliche Erklärungen: Dies weißt auf strukturelle Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland hin, die sich auf die Akzeptanz auswirken. Außerdem argumentieren Levi, Wolf und Sommer (2023), dass in den neuen Bundesländern ein weiter verbreitetes Gefühl des wirtschaftlichen Abgehängtseins herrscht, was Skepsis gegenüber Klimapolitik weiter befördert.

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Stagnierende Unterstützungswerte für klimapolitische Maßnahmen.

Befund: Bisher zeichnet sich kein klarer Trend in der zeitlichen Entwicklung der Akzeptanz einer CO2-Abgabe ab. Bei ihrer Einführung im Gebäudebereich im Jahr 2021 befürworteten noch 43% der Befragten diese Maßnahme. Im darauffolgenden Jahr 2022 sank die Zustimmung jedoch auf nur noch 35%. Zuletzt konnte sich diese wieder leicht erholen und lag im Jahr 2023 bei 38%. Somit unterstützt weiterhin nur eine Minderheit der Befragten die CO2-Abgabe auf fossile Heizenergie (siehe Abbildung 13).

Mögliche Erklärungen: Der Rückgang bei der Unterstützung im Jahr 2022 könnte auf die durch die Energiekrise verursachten, stark gestiegenen Heizkosten zurückzuführen sein, welche zusätzliche finanzielle Belastungen für die Haushalte mit sich brachten.

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5. Fazit

Der Fokusreport verdeutlicht sowohl die Herausforderungen als auch die erzielten Fortschritte in der Wärmewende in Deutschland. Durch die Auswertung der Daten des Wärme- & Wohnen-Panels können wesentliche Erkenntnisse zur energetischen Gebäudesanierung, zur finanziellen Belastung der Haushalte durch Heizen und Sanierungen sowie zu den Einstellungen der Bevölkerung zur Klimapolitik im Gebäudesektor gewonnen werden. Damit wird eine empirische Grundlage für die Gestaltung zukünftiger klimapolitischer Maßnahmen im Gebäudesektor geschaffen.

Die vorliegenden Daten verdeutlichen, dass die energetische Sanierungsrate in Deutschland trotz leichter Fortschritte weiterhin hinter den staatlichen Zielen zurückbleibt. Besonders Haushalte mit geringem Einkommen sowie selbstnutzende Bewohnerinnen und Bewohner in Mehrfamilienhäusern weisen deutlich niedrigere Sanierungsraten auf. Die finanzielle Belastung durch Heizkosten variiert stark zwischen den Haushalten, wobei Haushalte mit geringem Einkommen einen höheren Anteil ihres verfügbaren Einkommens fürs Heizen ausgeben und daher von steigenden Energiekosten besonders betroffen sein könnten. Zudem bleibt die Unterstützung für konkrete klimapolitische Maßnahmen, trotz der großen wahrgenommenen Bedeutung des Klimaschutzes, gering und hängt stark von den jeweiligen Haushaltsverhältnissen und regionalen Bedingungen ab.

Insgesamt zeigt sich, dass die Hürden des klimafreundlichen Handelns, die Kostenbelastungen sowie die Akzeptanz von klimapolitischen Maßnahmen differenziert nach Haushaltsgruppen betrachtet werden müssen, um mit einer Kombination aus finanziellen Anreizen, gezielten sozialen Maßnahmen und umfassender Kommunikation die Wärmewende erfolgreich voranzutreiben und die gesetzten Klimaziele zu erreichen.

Zuletzt gibt der Report einen kleinen Einblick in das Potenzial der gesammelten Daten des Wärme- & Wohnen-Panels. Neben den drei hier vorgestellten Schwerpunkten, die durch die kommenden Erhebungen bis zum Jahr 2026 jährlich aktualisiert werden können, werden seit 2021 viele weitere Daten und aktuelle Entwicklungen rund um das Thema Wärme und Wohnen im Zuge des Wärme- & Wohnen-Panels erhoben. Die vollständigen Daten des Wärme- & Wohnen-Panels werden über das FDZ Ruhr am RWI interessierten Forschenden über die Zeit zur Verfügung gestellt. Aktuell sind die Daten der ersten Welle aus dem Jahr 2021 verfügbar.4Im Herbst 2024 werden vorrausichtlich die Daten aus der 2. Welle veröffentlicht. Zugang zu den Daten kann hier beantragt werden: https://www.rwi-essen.de/forschung-beratung/weitere/forschungsdatenzentrum-ruhr/datenangebot/waerme-und-wohnen-panel

Anhang

Methodik der Datenerhebung

Konzeption des Fragebogens

Einladung zur Befragung

Stichprobenzusammensetzung

Gewichtung und Repräsentativität

Berechnung der energetischen Sanierungsrate

Literaturangaben

Behr, S.M., Küçük, M. & Neuhoff, K. (2023). Energetische Modernisierung von Gebäuden sollte durch Mindeststandards und verbindli che Sanierungsziele beschleunigt werden. DIWaktuell. https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.868217.de/diw_aktuell_87.pdf.

Cischinsky, H., & Diefenbach, N. (2018). Datenerhebung Wohngebäudebestand 2016. Datenerhebung zu den energetischen Merkmalen und Sanierungsraten im deutschen und hessischen Wohngebäudebestand. Institut Wohnen und Umwelt (IWU). https://www.iwu.de/fileadmin/publikationen/gebaeudebestand/2018_IWU_CischinskyEtDiefenbach_Datenerhebung-Wohngeb%C3%A4udebestand-2016.pdf.

Dena (2023): DENA-GEBÄUDEREPORT 2024. Zahlen, Daten, Fakten zum Klimaschutz im Gebäudebestand. Deutsche Energie-Agentur (Hrsg.).

Deschermeier, P., & Henger, R. (2020). Wie viel Wohnfläche benötigen wir? Vergangene und zukünftige Trends beim Wohnflächenkonsum – Empirische Evidenz und stochastische Prognose bis 2030, in: Deschermeier, Philipp / Fuchs, Johannes / Iwanow, Irene / Wilke, Christina Benita (Hrsg.): Zur Relevanz von Bevölkerungsvorausberechnungen für Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Regionalpolitik, IAB-Bibliothek, Band 372, S. 178–201.

Destatis (2023). Statistischer Bericht – Mikrozensus – Haushalte und Familien - Erstergebnisse 2022. Statistisches Bundesamt (Destatis). Wiesbaden. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Haushalte-Familien/Publikationen/Downloads-Haushalte/statistischer-bericht-mikrozensus-haushalte-familien-2010300227005-erstergebnisse.html Zuletzt aufgerufen am: 20.06.2024.

Destatis (2023a). Wohnen in Deutschland – Zusatzprogramm Wohnen des Mikrozensus 2022. Statistisches Bundesamt (Destatis). Wiesbaden. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Wohnen/Publikationen/Downloads-Wohnen/wohnen-in-deutschland-5122125229005.html. Zuletzt aufgerufen am: 20.06.2024.

Frondel, M., Gerster, A., Kaestner, K., Pahle, M., Schwarz, A., Singhal, P. & Sommer, S. (2022). So wird geheizt: Ergebnisse des Wärme- und Wohnen-Panels 2021. Ariadne-Report. Kopernikus-Projekt Ariadne. Potsdam.

Frondel, M., Gerster, A., Hiemann, P., Kaestner, K., Pahle, M., Schwarz, A., Singhal, P., Sommer, S. (2023). So ging Deutschland in den Energiekrise-Winter 2022: Ergebnisse des Wärme-& Wohnen-Panels. Ariadne-Report. Kopernikus-Projekt Ariadne. Potsdam.

Henger, R., & Stockhausen, M. (2022). Gefahr der Energiearmut wächst, IW-Kurzbericht, Nr. 55/2022, Köln.

Levi, S., Wolf, I., & Sommer, S. (2023). Geographische und zeitliche Unterschiede in der Zustimmung zu Klimaschutzpolitik in Deutschland.

Oberst, C., & Voigtländer, M. (2024). Optionen für bezahlbaren Neubau. Eine Analyse der Neubaupreise. IW-Report, Nr. 3, Köln.

Sagner, P., Stockhausen, M., & Voigtländer, M. (2020). Wohnen – die neue soziale Frage? IW-Analysen, Nr. 136, Köln.

Autorinnen & Autoren

Anton Knoche

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Kathrin Kaestner

RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

Prof. Dr. Manuel Frondel

RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

Dr. Andreas Gerster

RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und Universität Mannheim

Dr. Ralph Henger

Institut der deutschen Wirtschaft

Martina Milcetic

RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

Dr. Christian Oberst

Institut der deutschen Wirtschaft

Dr. Michael Pahle

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Dr. Antonia Schwarz

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Dr. Puja Singhal

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung