Soziales Nachhaltigkeitsbarometer 2021

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Kernaussagen und Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

Für das Gelingen der Energie- und Verkehrswende wird es entscheidend sein, die sozialen Ziele der Nachhaltigkeit wie Gerechtigkeit, Beteiligung und Sozialverträglichkeit zu berücksichtigen. Soziale Nachhaltigkeit ist als ein positives Leitbild der Gestaltung der Transformationsprozesse zu verstehen. Es zielt darauf ab, die Energie- und Verkehrswende an den Vorstellungen, Bedürfnissen und Werten der Bürgerinnen und Bürger zu orientieren sowie sozialverträgliche und faire Lösungen bei deren Umsetzung zu finden.

Im Rahmen des Kopernikus-Projekts Ariadne werden mithilfe des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers der Energie- und Verkehrswende die gesellschaftlichen Dimensionen der Transformationsprozesse untersucht. Auf Basis einer jährlich stattfindenden, bundesweit repräsentativen Panelbefragung werden Einstellungen, Anliegen und Bewertungen der deutschen Bevölkerung zur Ausgestaltung und Umsetzung der Energie- und Verkehrswende erhoben. Durch die jährlich wiederkehrende Erhebung wird ein Monitoring bestehender und neu aufkommender Herausforderungen, Probleme und Handlungsbedarfe in unterschiedlichen Lebensbereichen der Bürgerinnen und Bürger ermöglicht. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, die politische Entscheidungsfindung und Prioritätensetzung zu unterstützen.

Das Soziale Nachhaltigkeitsbarometer ist in Ariadne in einen umfassenden Dialogprozess mit der Zivilgesellschaft eingebunden. Die in Fokusgruppen von (zufällig) ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern geäußerten Ansichten, Werte und Erfahrungen zu energie- und verkehrspolitischen Themen sind in die Entwicklung des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers eingeflossen. Die Ergebnisse aus der Panelbefragung werden in einem nächsten Schritt in die Arbeiten zur Ausgestaltung von Politikoptionen zur Stromund Verkehrswende in Ariadne aufgenommen.

Aufbauend auf den Vorarbeiten des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers der Energiewende der Jahre 2017 bis 2019 wurde das Konzept der sozialen Nachhaltigkeit weiterentwickelt und um den Bereich der Verkehrswende erweitert. Das erweiterte Konzept umfasst fünf verschiedene Dimensionen mit jeweils vier Indikatoren (siehe Abbildung). Die Fragen des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers lassen sich jeweils einem Indikator zuordnen.

(1) Gesellschaftliche Akzeptanz: Für das Gelingen der Energie- und Verkehrswende ist eine gesellschaftliche Verankerung durch soziale Akzeptanz entscheidend. Die allgemeine Einstellung zur Energie- und Verkehrspolitik ist einer der vier Indikatoren dieser Dimension. Darüber hinaus wird auf der Ebene der sozio-politischen Akzeptanz unter anderem der Grad der Zustimmung bzw. Ablehnung von politischen Zielen und konkreten Maßnahmen auf Bundesebene erfasst. Einstellungen zu lokalen Infrastrukturmaßnahmen bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort betreffen den Indikator der lokalen Akzeptanz. Ebenfalls ist bei dieser Dimension von Interesse, inwieweit die Bevölkerung an den Transformationsprozessen teilnimmt und ob und in welchen Bereichen sich die Menschen Verhaltensänderungen vorstellen können (sog. Verhaltensakzeptanz).

(2) Beteiligung: Politische Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten bieten den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, ihre eigenen Vorstellungen und Bewertungen im Hinblick auf die Umsetzung und Ausgestaltung der Energie- und Verkehrswende einzubringen. Ein Indikator dieser Dimension ist die aktive und gewünschte Beteiligung, wodurch der Bedarf an Partizipationsmöglichkeiten erfasst wird. Die Wahrnehmung und Bewertung lokaler Beteiligungsprozesse hinsichtlich unterschiedlicher Aspekte sowie die Einschätzung der allgemeinen Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten sind zwei weitere Indikatoren. Unter dem Indikator der politischen Selbstwirksamkeit wird untersucht, ob die Bürgerinnen und Bürger das Gefühl haben, selbst Einfluss auf den politischen Prozess ausüben zu können.

(3) Soziale Kohäsion: Die Umstellung auf dezentrale Energieerzeugung und auf neue nachhaltige Mobilitätskonzepte erfordert einen starken gesellschaftlichen Zusammenhalt. Vertrauen in die zentralen Akteure sowie die Wahrnehmung von Konflikten im Kontext der Energie- und Verkehrswende in den Kommunen sind hierbei wesentliche Indikatoren, um den sozialen Zusammenhalt zu bewerten. Die in der Gesellschaft vorherrschenden Normen und Werte stellen einen weiteren Indikator der Dimension soziale Kohäsion dar. Im Hinblick auf das soziale Gefüge wird zudem die Ortsverbundenheit und soziale Identität der Bürgerinnen und Bürger untersucht.

(4) Lebensqualität: Durch die Energie- und Verkehrswende soll die Lebensqualität der Bevölkerung verbessert werden. Zur Untersuchung dieser Dimension werden wahrgenommene und erwartete Umweltund Gesundheitsauswirkungen des bestehenden und zukünftigen Verkehrs- und Energiesystems sowie die Bewertung der Umweltqualität erhoben. Die Zufriedenheit und das Wohlbefinden der Bevölkerung ist ein weiterer Indikator der Dimension Lebensqualität.

(5) Sozio-ökonomische Sicherheit: Die durch die Transformationsprozesse anfallenden (ökonomischen) Kosten und veränderten wirtschaftlichen Strukturen können zur Folge haben, dass die sozio-ökonomischen Bedürfnisse der Bevölkerung derzeitig oder zukünftig nicht hinreichend gedeckt sind. Zentrale Indikatoren für diese Dimension sind unter anderem die Wahrnehmung der Befragten zu ihrer aktuellen und zukünftig erwarteten wirtschaftlichen Situation insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsplatzsicherheit sowie die finanzielle Belastung durch Energie- und Mobilitätskosten. Ebenso ist von Interesse, in welchem Ausmaß die Menschen in Deutschland Zugang zu klimafreundlicher Energie und Mobilität haben (Ressourcenzugang). Unter dem Indikator Fairness wird darüber hinaus erfasst, wie die Verteilung von Kosten und Nutzen energie- und verkehrspolitischer Maßnahmen in der Bevölkerung wahrgenommen wird.

Die vorliegende Broschüre fasst im ersten Teil die wesentlichen Ergebnisse zum Thema Energiewende zusammen. Die Darstellung der Ergebnisse zur Verkehrswende folgt im zweiten Teil. Es handelt sich hierbei jeweils um ausgewählte Befunde. Eine umfassende Darstellung aller Dimensionen und Indikatoren folgt in einem Langbericht, der zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht wird. Weitere Informationen und Unterlagen zum Sozialen Nachhaltigkeitsbarometer der Energieund Verkehrswende sind auf der Projektwebseite zu finden (https://ariadneprojekt.de/nachhaltigkeitsbarometer-2021). Zudem können auf dieser Webseite die gesamten Ergebnisse der Befragung über eine speziell für die Studie entwickelte Datenvisualisierungapplikation eingesehen und interaktiv erkundet werden.

Autorinnen & Autoren

Dr. Ingo Wolf

Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS)

Dr. Anne-Kathrin Fischer

Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS)

Jean-Henri Huttarsch

Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam (RIFS)