Inhaltsverzeichnis
1. Ausgangslage
Ziele
Das Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) enthält das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 65 % gegenüber 1990 zu reduzieren und Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen. Obwohl die Emissionen im Gebäudesektor laut Umweltbundesamt in den letzten Jahren sanken, wurden die im Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmengen für den Gebäudesektor regelmäßig überschritten. Die Umstellung der Wärmeversorgung auf nicht-fossile Energieträger und die Absenkung der Verbräuche sind die wichtigsten Hebel für die Transformation und damit für das Erreichen des Zieles eines klimaneutralen Gebäudebestands. Die vorhandenen Technologieoptionen bieten das Potenzial für die Umsetzung der Klimaschutzziele im Gebäudesektor. Was fehlt, ist ein Konsens, wie schnell und mit welchen Maßnahmen sowie Instrumenten in der Wärmewende vorangeschritten werden soll.
Handlungsfelder
Der Beitrag zeigt auf, welche Aspekte auf dem Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand politisch diskutiert werden müssen und welche Punkte aus Sicht der Autorinnen und Autoren nicht mehr zur Disposition stehen. Ein grundsätzlicher Paradigmenwechsel der aktuellen Klimapolitik im Gebäudebereich erscheint nicht erforderlich. Jedoch ist klar, dass (Nach-)Justierungen hinsichtlich der konkreten Maßnahmen und genauen Ausgestaltung der Instrumente immer stattfinden werden, um die vereinbarten Ziele zu erreichen. Dies betrifft vor allem die folgenden Handlungsfelder:
- Ziele: Die rasche Reduktion der Treibhausgasemissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts ist für eine Begrenzung der Erwärmung auf die in den Pariser Abkommen definierte Höhe notwendig. Eine sachliche Debatte über den genauen Zeitrahmen, Sektor- und Zwischenziele ist aus Gründen der Akzeptanz in der Gesellschaft wichtig, darf aber die Dringlichkeit der Umsetzung nicht verzögern und muss die Einhaltung zulässiger CO2-Budgets berücksichtigen.
- Schwerpunktsetzung: Klimaneutralität im Gebäudesektor kann durch die Reduktion des Energiebedarfs und durch den Einsatz klimaneutraler Energien erreicht werden. Eine einseitige Fokussierung auf einen Ansatz ist ineffizient und kann aufgrund der knappen Zeit nicht erfolgreich sein. Eine Diskussion über die konkreten Beiträge von Effizienzmaßnahmen an der Gebäudehülle und der Umstellung der Wärmeerzeugung von fossilen auf Erneuerbare Energien ist jedoch wichtig und richtig.
- Marktwirtschaftliche Ansätze: Die CO2-Bepreisung und die Einbindung des Gebäudesektors in den Europäischen Emissionshandel sind zentrale Eckpfeiler der Wärmewende, um Investitionen der Gebäudeeigentümer in klimaneutrale Lösungen wirtschaftlich zu machen. Sachliche Diskussion über den Preis- und Mengenpfad, mögliche Mindestpreise und den damit verbundenen Belastungen für private Haushalte und Unternehmen sind daher erforderlich. Nicht zielführend sind hingegen Debatten darüber, die eine Verteuerung von fossiler Energie generell hinterfragen.
- Ordnungsrechtliche Ansätze: Konkrete Vorgaben und Pflichten in Hinblick auf die energetische Sanierung und den Austausch bestehender Heizungstechniken tragen dazu bei, dass Investitionen in Richtung Klimaneutralität gelenkt werden. Diskussionen über die genaue Ausgestaltung des Ordnungsrechts und seine Einbettung in den Instrumentenmix müssen im politischen Meinungsbildungsprozess stattfinden, sollten aber nicht suggerieren, dass ein Weg zurück in eine Welt mit fossiler Heizungstechnik möglich ist.
- Informatorische Ansätze: Die Gebäudeenergieberatung oder der Energieausweis erhöhen die Transparenz und das Bewusstsein der Marktakteure, wodurch ein wertvoller Beitrag zum Monitoring der Energiewende geliefert wird. Vorgaben zur Offenlegung bestimmter Gebäudeeigenschaften sind wichtig, da viele Informationen aufgrund von Marktversagen nicht bekannt sind, diese aber die Entscheidungen der Gebäudeeigentümer und Investoren verbessern und sich so auch marktwirtschaftliche Anreize stärker entfalten können. Eine Diskussion über die konkreten Inhalte, Messmethoden und Handlungsempfehlungen der Beratung und Nachweispflichten muss vor dem Hintergrund der neuen Anforderung der EU-Gebäuderichtline geführt werden.
- Gesellschaftliche Akzeptanz und Verteilungsgerechtigkeit: Gebäudesanierung und der Einbau einer klimaneutralen Heizung kosten Geld. Alle Akteure sollten in die Lage versetzt werden, die notwendigen Investitionen für die Erreichung der Klimaneutralität im Gebäudebereich zu tätigen. Dies betrifft sowohl Vermietende als auch selbstnutzende Eigentümer. Dabei sollten insbesondere einkommensarme Haushalte gezielt unterstützt werden, damit sich selbstnutzende Eigentümer und Mietende das Wohnen in klimaneutralen Gebäuden leisten können.
Wechsel der Energieträger und Heizungssysteme als erste zentrale Säule der Wärmewende
In der Wärmeversorgung von Gebäuden greifen die Wahl der Heizungstechnologie, des Energieträgers und der Infrastrukturen für die Versorgung mit Energieträgern eng ineinander. Aktuell werden 56 % des Wohnungsbestandes mit Erdgas und 17 % mit Heizöl versorgt (BDEW 2025, Angaben für 12/2024). Wärmepumpen und Fernwärme stellen die maßgeblichen Systeme dar, um diese klimaneutral zu ersetzen. Darüber hinaus stehen Heizkessel und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) unter Nutzung biogener Fest- und Flüssigbrennstoffe, Biogase, Wasserstoff, synthetischem Methan und Flüssigbrennstoffe sowie direktelektrische Heizungen zur Verfügung. Eine weitere Option stellt die Solarthermie in hybriden Systemen dar. Technisch sind die meisten Heiztechnologien erprobt und aktuell am Markt verfügbar. Die Autorinnen und Autoren sind sich einig, dass für die Wärmewende im Zeitraum bis zur gesetzlich angestrebten Klimaneutralität keine weitere technische Lösung zu erwarten ist, die bislang noch vollkommen unbekannt ist.
Wichtig ist: Strom wird ein zentraler Energieträger in der Wärmeversorgung, sowohl in der Einzelversorgung als auch in Verbindung mit Wärmenetzen. Wärmepumpen nutzen Umweltwärme und heben diese mittels durch Strom angetriebene Pumpen auf ein nutzbares Temperaturniveau. Dabei ist der Anteil der Umweltwärme rund zwei Drittel, der des Stroms ein Drittel. Ihre Effizienz ist damit um den Faktor drei höher als die von Heizkesseln. Neben der häufigsten Quelle Luft kommen auch diverse andere Quellen wie Erdwärme, Gewässer, Abwasser und Abwärme (z.B. aus Rechenzentren) in Frage. Die sektorenkoppelnde Verknüpfung mit dem Stromsystem erfordert die Beachtung wichtiger Aspekte: Eine schwankende Wärmenachfrage und volatile Strompreise machen eine aktive Steuerung des Stromverbrauchs bei Wärmeanwendungen notwendig. Das bedeutet, dass Energiemanagement und Wärmespeicher dabei unterstützen, das Stromnetz vor Überlastungen zu schützen. Wenn Wärmenetze durch Nutzung elektrischer Wärmeerzeuger, wie Großwärmepumpen oder Power-2-Heat-Anlagen, mit dem Stromsystem verbunden sind, spielen auch hier Strompreise und Netzentgeltregelung eine bedeutende Rolle.
Biomasse kann dort eine Rolle spielen, wo sie regional ausreichend zur Verfügung steht. Biogas eignet sich zur Nutzung insbesondere in KWK-Anlagen zur Versorgung der Wärmenetze. Lokal können Gebäude mit Pelletheizungen versorgt werden. Die Nutzung von Biomasse wird jedoch keine skalierbare Option sein, da das Potenzial für nachhaltig produzierbare Biomasse bereits heute ausgeschöpft ist. Außerdem wird diese auch in anderen Sektoren benötigt, die sich nicht oder nur zu sehr hohen Kosten elektrifizieren lassen, wie z.B. Hochtemperaturanwendungen in der Industrie oder dem Flugverkehr (Popp et al. 2021). Es bestehen erhebliche Unsicherheiten, hinsichtlich der mengenmäßigen und zeitlichen Verfügbarkeit von Wasserstoff und synthetischen Brennstoffen sowie ihrer Preise. Langfristig werden diese Preise voraussichtlich deutlich höher sein als die aktuellen Preise für Erdgas und Erdöl (Brändle et al. 2021). Da die energetische und stoffliche Nutzung in der Industrie in fast allen Szenarien mindestens 100-200 TWh Wasserstoff und synthetische Brennstoffe pro Jahr erfordert, wird der auch nach 2035 knappe Wasserstoff für andere Anwendungen als den Gebäudesektor benötigt (Kopernikus-Projekt Ariadne 2021). Wasserstoff, synthetische Methan- und Flüssigbrennstoffe sind frühestens in den 2030er Jahren nach potenziellem Aufbau einer entsprechenden Erzeugungs- und Verteilinfrastruktur nutzbar und auch nur, wenn diese in ausreichenden Mengen verfügbar sind.
Die Versorgung über Wärmenetze ist eine grundsätzlich vorteilhafte Lösung, da über einen zentralen Hebel viele Gebäude von einer fossilen auf eine klimaneutrale Versorgung umgestellt werden können. Auch wenn der Netzausbau in städtischen Gebieten teurer ist, lassen sich die Kosten häufig nur in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte auf ausreichend viele Anschlüsse verteilen und damit die finanziellen Belastungen für Einzelne gering halten. Eine weitere Randbedingung für einen sinnvollen Einsatz in solchen Regionen sind ausreichende Potenziale für regionale erneuerbare Wärmebereitstellung. Für die Bereitstellung der Wärme für Wärmenetze stellen (Groß-)Wärmepumpen die maßgebliche Technologie zum Erreichen einer klimaneutralen Wärmeversorgung dar. Darüber hinaus stehen Geothermie, Solarthermie, Elektrokessel, Heizkessel und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) unter Nutzung biogener Fest- und Flüssigbrennstoffe, Biogase, Wasserstoff, synthetischem Methan und Flüssigbrennstoffe zur Verfügung. Für Wärmepumpen, Geothermie und Abwärme bedarf es lokal nutzbare Quellenpotenziale, was insbesondere in dicht bebauten Gebieten häufig mit rechtlichen und sicherheitstechnischen Herausforderungen verbunden ist.
Die Entscheidung für und wider den Einsatz der unterschiedlichen Heizungslösungen ergibt sich in der Regel nicht nur aus technischen Überlegungen und persönlichen Präferenzen. Sie hängt neben dem Informationsangebot und dem individuellen Kenntnisstand über Anschaffungskosten auch von der Verfügbarkeit von ggf. notwendigen Umweltquellen, räumlicher und zeitlicher Verfügbarkeit von Energieträgern sowie deren zu erwartenden Preisen ab. Diese hängen neben den Gestehungs- bzw. Importkosten wesentlich von den Infrastrukturkosten ab, die sich auf Netzentgelte auswirken. Parallele Infrastrukturen erhöhen diese erheblich, daher ist eine langfristige Festlegung der bereitgestellten Netzinfrastruktur mittels einer langfristigen Energieinfrastrukturplanung aus Gründen der ökonomischen Vorteilhaftigkeit sinnvoll, auch wenn dies zu einer Einschränkung der Lösungsoptionen vor Ort führen kann. Die zweite Einschränkung erfolgt aufgrund beschränkter Verfügbarkeit von Energieträgern (z.B. der biogenen Brennstoffe) oder deren noch mangelnden preislichen Planbarkeit (z.B. bei Wasserstoff oder anderen synthetischen Energieträgern).
Energetische Sanierung als zweite zentrale Säule der Wärmewende
Eine Verringerung der Energieverbräuche durch die Sanierung der Gebäudehülle und Steigerung der Energieeffizienz technischer Anlagen wird auch zukünftig ein wichtiger Bestandteil einer erfolgreichen Defossilisierungsstrategie des Gebäudebestandes bleiben. Dabei wirkt die energetische Sanierung in dreierlei Hinsicht: 1. Die Verbrauchskosten werden gesenkt, 2. der Ausstoß an Treibhausgasen wird verringert und 3. der Bedarf an Energieinfrastruktur wird verringert. Zudem werden Alternativen wie Wärmepumpen und Niedrigtemperatur-Fernwärme durch eine höhere Energieeffizienz schneller wirtschaftlich bzw. technisch umsetzbar. Bei der Festlegung von Sanierungsanforderungen zu beachten sind dabei auch die mit dem Materialeinsatz verbundenen Treibhausgasemissionen. Aktuelle techno-ökonomische Szenarienrechnungen zeigen, dass eine Steigerung der Sanierungsrate notwendig ist, um die Klimaziele zu erreichen (Thelen et al. 2024). Zu klären ist, wer die Kosten hierfür anteilig trägt, wenn die „gesamtwirtschaftliche Vorteilhaftigkeit“ nicht kongruent ist mit der individuellen Wirtschaftlichkeit und mit der Tragfähigkeit der Stakeholder.
2. Instrumentierung der Gebäudewärme
Um die Klimaziele effizient zu erreichen, sollten Investitionen idealerweise im Rahmen des normalen Investitionszyklus erfolgen. Das bedeutet, dass der Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme und Energieträger am besten dann erfolgen sollte, wenn der Austausch der alten Heizung ohnehin ansteht. Heizungsanlagen haben in der Regel eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren. Vor dem Hintergrund des Ziels, bis 2045 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, bedeutet dies konkret, dass bei jedem Heizungstausch in der Regel eine klimaneutrale Heizlösung installiert werden sollte. Der schnelle Umstieg auf erneuerbare Energieträger und die zügige energetische Modernisierung der Gebäude erfordern verlässliche Rahmenbedingungen, die Gebäudeeigentümer und Investoren dazu veranlassen, die hierfür erforderlichen Investitionen vorzunehmen. Das Ausmaß der Investitionen reicht bislang nicht aus, um die Klimaschutzziele erfüllen zu können (Expertenrat für Klimafragen 2024).
Zur Umsetzung der Wärmewende sollte die Politik auf den Einsatz mehrerer Politikinstrumente setzen, die im Rahmen einer Gesamtstrategie sinnvoll aufeinander abgestimmt sind. Von der kommunalen Wärmeplanung über verschiedene Förderprogramme, informatorische Ansätze bis zum Mietrecht stehen dabei eine Vielzahl von politischen Instrumenten zur Verfügung. In der politischen und wissenschaftlichen Diskussion stehen aber aktuell die Gewichtung und Kombination von ordnungsrechtlichen Ansätzen, wie das Gebäudeenergiegesetz (GEG), und marktlichen Ansätzen, wie die CO2-Bepreisung, im Vordergrund. Mit Blick auf die CO2-Bepreisung ist der geplante Übergang des im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) geregelten nationalen Brennstoffemissionshandels in den Europäischen Emissionshandel 2 (ETS 2) für Gebäude und Verkehr zu berücksichtigen (Pahle, 2024).
Soll die Transformation dem normalen Investitionszyklus folgen, dann sollten so bald wie möglich alle neu installierten Heizungen klimaneutrales Heizen ermöglichen. Beim ordnungsrechtlichen Ansatz kann dies über den Auslösetatbestand (Zeitpunkt des Heizungstauschs) und/oder die Festlegung von möglichen Erfüllungsoptionen geregelt werden. Bei der CO2-Bepreisung hingegen soll ein festgelegter Emissionsminderungspfad (Cap) dafür sorgen, dass sich am Markt ein CO2-Preis bildet, der so hoch ist, dass Gebäudeeigentümer einen wirtschaftlichen Anreiz erhalten, in klimaneutrale Lösungen zu investieren.
Nur die sinnvolle Kombination beider Ansätze ermöglicht eine effiziente Zielerreichung. Der marktwirtschaftliche Ansatz stellt mit seinem CO2-Cap sicher, dass die Klimaziele erreicht werden, während der CO2-Preis einen Anreiz für die Wahl der kosteneffizientesten, technologischen Lösungen setzt. Der ordnungsrechtliche Ansatz sorgt für Planbarkeit und stellt sicher, dass der Heizungstausch zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Damit schützt er Verbrauchende vor „Lock-in“-Investitionen. Vor dem Hintergrund der Heterogenität von Gebäuden und Eigentümern ist gleichzeitig ein Bündel weiterer Maßnahmen erforderlich, um die Wärmewende mit einem konsistenten Instrumentenmix zügig, effizient und sozial ausgewogen voranzubringen. Hier ist insbesondere die staatliche Förderung zu nennen. Diese ist notwendig, um allen Akteuren die mit der Wärmewende verbundenen Investitionen zu ermöglichen und dabei insbesondere individuelle soziale Härten passgenau zu adressieren.
Ordnungsrechtlicher Ansatz über anlassbezogene Gebote | Marktwirtschaftlicher Ansatz über CO2-Bepreisung und CO2 Cap | |
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+ | Das Ordnungsrecht kann so gestaltet werden, dass es eine Zielerreichung sicherstellt. Der ordnungsrechtliche Ansatz schafft Planungssicherheit für Marktakteure und Verbraucher, da klare Vorgaben zum zeitlichen Verlauf der Anforderungen bestehen. Klare Anforderungen an neue Heizungen können das Risiko von Fehlinvestitionen reduzieren. So wird ein Lock-in vermieden, bei dem Gebäudeeigentümer in eine Technologie investieren, die langfristig nicht mit den Klimaschutzzielen vereinbar ist. Der Ansatz kann so gestaltet werden, dass die Umstellung auf eine klimaneutrale Heizung zum geeigneten Zeitpunkt erfolgt, z.B. bei einem anstehenden Heizungstausch im Rahmen des Investitionszyklus. Gebote wirken nur im entscheidenden Moment der Investitionsentscheidung und stellen keine Belastung im Betrieb bestehender Heizungen dar. Ordnungsrechtliche Ansätze können so gestaltet werden, dass den Hauseigentümerinnen und -eigentümern die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen klimaneutralen Heizungslösungen belassen wird. | Durch ein Preissignal unterstützt der Ansatz die Durchsetzung der marktfähigsten Lösungen. Ein steigender CO2-Preis macht klimaschädliche Heiztechnologien wirtschaftlich unattraktiv und klimafreundlichere Alternativen relativ günstiger, was die Wahl effizienter Lösungen begünstigt. Die CO2-Bepreisung generiert zusätzliche Einnahmen, die u.a. zur finanziellen Förderung von Maßnahmen der Wärmewende wie Infrastrukturkosten oder zur Kompensation der Belastung durch die CO2-Bepreisung verwendet werden können. Die Erwartung eines zukünftigen CO2-Preises kann zielkompatible Investitionen anreizen und so unerwünschte Vorzieheffekte vermeiden. Die CO2-Bepreisung ermöglicht Hauseigentümerinnen und -eigentümern selbst zu entscheiden, wann es für sie zu teuer ist, den CO2-Preis zu zahlen und auf eine klimaneutrale Heizungslösung umsteigen. |
– | Ordnungsrechtliche Eingriffe können von Bürgerinnen und Bürgern als Eingriff in ihre Entscheidungsautonomie und persönliche Freiheit empfunden werden. Dies gilt insbesondere für die Verpflichtung, im Falle eines gesetzlich definierten Auslösers (z.B. der Heizungstausch) auf eine klimaneutrale Heizungslösung umzusteigen. Treten angekündigte Anforderungen erst in der Zukunft in Kraft, können sie sowohl zu unerwünschten Vorzieheffekten (und damit zu einem fossilen Lock-in) als auch zu einem verzögerten Heizungswechsel führen, indem bestehende Gas- und Ölkessel durch Reparaturen „am Leben“ erhalten werden. Die Umsetzung ordnungsrechtlicher Ansätze erfordert staatliche Aufsicht und Kontrolle, was mit Transaktionskosten auf staatlicher Ebene verbunden ist. | Die unsichere Preisentwicklung des sich am Markt bildenden CO2-Preis geht zu Lasten der Planungssicherheit für die Marktakteure. Das gilt auch für die Antizipation eines möglichen Mindestpreispfad und deren Einbeziehung in Investitionsentscheidungen. Preisunsicherheiten bergen das Risiko von „stranded assets“, wennzur Erreichung der Klimaziele zusätzliche Investitionen außerhalb des geplanten Investitionszyklus notwendig werden. Neben wirtschaftlichen Aspekten wie der Höhe des CO2-Preises gibt es zahlreiche weitere Faktoren, die die Investitionsentscheidung von Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümern beeinflussen, z.B. die Beratung durch Handwerksfirmen und die Tendenz, die vorherige Technologie erneut zu wählen. Die CO2-Bepreisung führt zu finanziellen Mehrbelastungen während der Lebensdauer von Heizungsanlagen, unabhängig davon, ob es sich um neue oder alte Anlagen handelt. Im Mietgebäude-Sektor wirkt das Preissignal nicht direkt auf die Hauseigentümerinnen und -eigentümer, da in der Regel die Mietenden die Energiekosten tragen: Hauseigentümer werden nur indirekt über das Stufenmodell des CO2-Aufteilungsgesetz adressiert. |
3. Gesellschaftliche Akzeptanz und Verteilungsgerechtigkeit
Für die politische Durchsetzbarkeit ist es wichtig, dass beide Politikansätze ein Mindestmaß an Akzeptanz finden. Beim ordnungsrechtlichen Ansatz geht es vor allem um den empfundenen Zwang zu einem bestimmten Investitionsverhalten, beim marktwirtschaftlichen Ansatz um die Höhe des Preises und die damit verbundenen Mehrkosten bei fossilen Brennstoffen. Auch hier sind Aspekte der Verteilungsgerechtigkeit zentral. Die anstehenden Investitionen und damit möglicherweise verbundenen Kostensteigerungen können Akteure unterschiedlich stark belasten. Daher müssen Maßnahmen sicherstellen, dass insbesondere einkommensarme Haushalte nicht überproportional belastet werden. Begrenzte Haushaltsmittel sollten gezielt dafür eingesetzt werden, einkommensarme Haushalte in die Lage zu versetzen, in klimaneutrale und effiziente Heizungen zu investieren, bzw. Wohnungen in klimaneutralen Gebäuden zu mieten und sie vor zu hohen finanziellen Kostenbelastungen zu schützen. Gleichzeitig muss der Rahmen so gestaltet sein, dass auch die Vermietenden die entsprechenden Investitionen tätigen können. Eine konsistente Wärmewendepolitik umfasst daher neben der zielgerichteten Förderung auch mietrechtliche Regelungen, um einen fairen Interessens- und Lastenausgleich zwischen Eigentümern und Mietenden herzustellen.
Die Effizienzsteigerung bei der Wärmebereitstellung in Gebäuden sowie der Umstieg von fossiler auf klimaneutrale Wärmeerzeugung in den Heizungskellern und Wärmenetzen erfordert Investitionen und ist damit mit Kosten sowohl für Eigentümer/Vermietende als auch Mietende verbunden. Daher sind klare Informationen über Kosten, aber auch Vorteile der Änderungen im Wärmebereich, wie höherer Komfort, geringere Wartung, Reduktion des Schimmelrisikos und noch weitere, notwendig, um Verunsicherung und Widerstände zu vermeiden. Zudem bieten nur verlässliche Rahmenbedingungen die nötige Planungssicherheit für Gebäudeeigentümer und Investierende, um die erforderlichen Investitionen vorzubereiten.
Alle Bedürfnisse/Anforderungen der unterschiedlichen Akteure zu vereinen, ist herausfordernd, aber durch einen Instrumentenmix machbar, der folgende Grundsätze berücksichtigt:
- Investitionen für selbstnutzende Eigentümer ermöglichen: Insbesondere selbstnutzende Gebäudebesitzende mit niedrigem Einkommen und/oder wenig Vermögen müssen in die Lage versetzt werden, die anstehenden Investitionen zur Steigerung der Effizienz eines Gebäudes und klimaneutrale Heiztechnik zu tätigen. Eine gezieltere Fokussierung der Förderung derjenigen, die die Investitionen nicht allein finanzieren können, ist essenziell – auch mit Blick auf begrenzte Haushaltsmittel.
- Investitionen für Vermietende ermöglichen: Investitionen in die Effizienz eines Gebäudes und klimaneutrale Heiztechnik müssen refinanziert werden können, damit sie getätigt werden. Zentraler Ansatzpunkt im Mietrecht ist hier die Modernisierungsumlage, die aktuell nicht auf Anforderungen der Wärmewende ausgerichtet ist (Henger et al., 2023). Eine Reform zu einer „energetischen” Modernisierungsumlage ist daher notwendig, damit insbesondere Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen angereizt werden und gleichzeitig sichergestellt wird, dass Mieten nicht überproportional steigen.
- Gezielte Unterstützung von Haushalten mit geringem Einkommen bei den Heizkosten: Um Energiearmut durch eine Anhebung der CO2-Preise zu vermeiden, sind Maßnahmen für diejenigen Haushalte erforderlich, die in Gebäuden wohnen, in denen eine klimaneutrale Technik erst Ende der 2030er bzw. Anfang der 2040er Jahre realisiert werden können. Ein zielgerichtetes Unterstützungsinstrument einkommensarmer Haushalte stellt das Wohngeld dar. Das Wohngeld enthält zwar seit dem Beginn des Jahres 2023 eine Klimakomponente, diese muss aber weiterentwickelt werden, um eine zielgerichtete Förderung zu ermöglichen.
Ein ausgewogener Mix aus klarer Kommunikation, bürgernahen Informationen, verlässlichen Rahmenbedingungen sowie gezielter Unterstützung durch Förderung ermöglicht einen klimaneutralen Gebäudebestand, steigert die gesellschaftliche Akzeptanz und vermeidet soziale Härten.
4. Impulse an die neue Bundesregierung
Angesichts der enormen Herausforderungen der Wärmewende, insbesondere im Gebäudebestand, ist der Handlungsbedarf und die Notwendigkeit einer zielgerichteten Wärmepolitik als hoch einzustufen. Die anhaltend hohen Treibhausgas-Emissionen, die geringen Fortschritte bei der energetischen Sanierung, die aktuellen Entwicklungen auf den Absatzmärkten für Heizungstechnologien und die begrenzten finanziellen Mittel für den Klimaschutz werden die neue Bundesregierung vor große Herausforderungen stellen. Gerade deshalb ist eine Abkehr von ideologisch geprägten Debatten und eine Neuausrichtung des Diskurses auf Basis wissenschaftlicher Grundlagen notwendig. Die neue Bundesregierung sollte folgendes beachten:
- Eine erfolgreiche Wärmewende fußt auf einem schnellen Wechsel auf emissionsarme Energieträger sowie der Durchführung von energetischen Sanierungen und Effizienzmaßnahmen. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass hierfür ein breiter Politik-Mix aus Ordnungsrecht, CO2-Bepreisung, Förderung und kommunaler Wärmeplanung am ehesten dazu geeignet ist, um Treibhausgasemissionen zu reduzieren (Stechemesser et al. 2024). Angesichts der Dringlichkeit der Klimaziele, der komplexen Kopplung von Prozessen und der Vielzahl an Akteuren – von Privatpersonen über Kommunen hin zu Energieversorgern – ist es entscheidend, Gesetzesänderungen am GEG und Wärmeplanungsgesetz (WPG) maßvoll durchzuführen, um nicht erneut große Unsicherheiten auszulösen, die die Wärmewende um weitere Jahre verzögern können.
- Eine Novelle des GEG kann zielführend sein, um das Gesetz zu vereinfachen, Treibhausgase als leitende Bewertungsgröße einzuführen und die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (EPBD) umzusetzen. Das generelle Gebot zum Einbau klimaneutraler Heizungssysteme sowohl im Neubau und beim Ersatz im Bestand sollte auch aus Gründen der Planungssicherheit erhalten bleiben.
- Bis zum Jahr 2026 wird der CO2-Preis im Gebäudesektor so niedrig bleiben, dass eine Steuerungswirkung für selbstnutzende Eigentümer im Hinblick auf Reduzierung des CO2-Verbrauchs nicht zu erwarten ist. Insbesondere die niedrigen Gaspreise im Vergleich zu den Stromkosten und die bislang hohen Installationskosten von Wärmepumpen setzen Fehlanreize, die sowohl Verbrauchende als auch das Klima zahlreichen Risiken aussetzen. Ab dem Jahr 2027 kann mit signifikant höheren CO2-Preisen gerechnet werden. Um die Investitionssicherheit zur erhöhen, sollten diese mit Mindestpreisen versehen werden, die im Zeitverlauf ansteigen.
- Die gesellschaftliche Akzeptanz der Wärmewende hat im letzten Jahr stark gelitten und das Vertrauen in die Politik muss zurückgewonnen werden. Um Hausbesitzende und Vermietende zu Investitionsentscheidungen zu motivieren, braucht es klare Informationen und verlässliche Rahmenbedingungen sowie unbürokratische Förderprogramme. Die Unterstützung von insbesondere einkommensarmen Haushalten, zum Beispiel durch ein Klimageld, kann zur Verteilungsgerechtigkeit beitragen.
- Es fehlen weiterhin verlässliche Daten über den Energiebedarf und Energieverbrauch von Gebäuden, deren technische Ausstattung und Sanierungsbedarf. Diese Informationen sind jedoch wichtig, um das Bewusstsein der Marktakteure zu erhöhen, die Wirksamkeit bestehender Politiken zu überwachen und gezielte Instrumente zum Einsatz zu bringen. Hierbei geht es neben smarten Messsystemen oder digitale Plattformen auch um eine Weiterentwicklung des Energieausweises, dessen Einbeziehung von Bedarfen die EPBD-Novelle fordert.
Literaturangaben
BDEW (2025). Statusreport: Wärme Basisdaten und Einflussfaktoren auf die Entwicklung des Wärmeverbrauchs in Deutschland Stand 28.02.2025, https://www.bdew.de/media/documents/2025_02_28_Statusreport_Waerme_final.pdf, [5.3.2025].
Brändle, G., Schönfisch, M., & Schulte, S. (2021). Estimating long-term global supply costs for low-carbon hydrogen. Applied Energy, 302, 117481.
Expertenrat für Klimafragen (2024). Gutachten zur Prüfung der Treibhausgas-Projektionsdaten 2024.
Sondergutachten gemäß § 12 Abs. 4 Bundes-Klimaschutzgesetz.
Kopernikus-Projekt Ariadne (2021). Ariadne-Report: Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 – Szenarien und Pfade im Modellvergleich.
Henger, R., Braungardt, S., Karras, J., Köhler, B. & Reeh, G. (2023). Schweden als Vorbild zur Überwindung des Vermieter-Mieter-Dilemmas – (Teil-)warmmieten oder Reform der Modernisierungsumlage? Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.
Pahle, M. (2024). Die CO2-Bepreisung im Umbruch. Was ist vom ETS2 zu erwarten, was kann ein Klimageld leisten? FES Impuls, https://library.fes.de/pdf-files/a-p-b/21122.pdf [23.01.2025].
Popp, J., Kovács, S., Oláh, J., Divéki, Z., & Balázs, E. (2021). Bioeconomy: Biomass and biomass-based energy supply and demand. New biotechnology, 60, 76-84.
Stechemesser, A. et al. (2024). Climate policies that achieved major emission reductions: Global evidence from two decades. Science, 385(6711), 884-892.
Thelen, C., Nolte, H., Kaiser, M., Jürgens, P., Müller, P., Senkpiel, C. & Kost, C. (2024). Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem: Bundesländer im Transformationsprozess. Fraunhofer ISE.