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Ariadne kompakt: Wärmewende mit Erfolg – Investitionsbedarfe des Gebäudesektors

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Im Klimaschutzgesetz hat sich Deutschland das Ziel der Treibhausgasneutralität bis zum Jahr 2045 gesetzt. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine tiefgreifende Transformation des deutschen Energiesystems notwendig. Handlungsdruck besteht insbesondere auch beim Thema Wärmewende. Schließlich ist der Gebäudesektor für mehr als 15 % der CO2-Emissionen verantwortlich, verfehlte bisher jedoch regelmäßig die gesteckten Ziele des Klimaschutzgesetzes und der Europäischen Lastenteilung.

Doch welche Maßnahmen sind für das Erreichen der Klimaschutzziele geeignet, damit die Gesamtkosten für Deutschland so gering wie möglich ausfallen? Welche Investitionsbedarfe sind mit diesen Maßnahmen verbunden? Und welche Größenordnung staatlicher Aufwände für die Förderung des Heizungstauschs und der Sanierung lassen sich aus den Analysen ableiten?

Diesen Fragen widmet sich der Ariadne-Szenarienreport – für das deutsche Energiesystem im Ganzen, aber auch für den Gebäudesektor als Teilbereich.

Wie wird der Sektor klimaneutral?

Abbildung 1a (links) zeigt den Anteil der Wärmepumpen
und 1b (rechts) die Endenergienachfrage im Gebäudebestand bis 2045

Klimaneutralität wird im Gebäudesektor über alle Ariadne-Szenarien hinweg überwiegend über die Elektrifizierung der Wärmeerzeugung erreicht, das heißt durch den Einbau von Wärmepumpen oder den Anschluss an ein zu weiten Teilen mit Großwärmepumpen betriebenes Fernwärmenetz. Wie Abbildung 1a veranschaulicht, steigt der Anteil von Wärmepumpen im Gebäudebestand im Technologiemix-Szenario bis 2045 kontinuierlich auf 65 % an (zwischen den betrachteten Szenarien variiert der Anteil zwischen 50 bis 70 %). Zwischen 25 und 30 % der Haushalte sind bis dahin an die Fernwärme angeschlossen. Diese Entwicklung wird durch die höhere Energie- und Kosteneffizienz im Vergleich zu alternativen klimaneutralen Brennstoffen wie E-Fuels oder Wasserstoff getrieben. Selbst unter Annahmen, die den Bezug von Wasserstoff für Haushalte begünstigen, ist die Nutzung dieser Technologie für die allermeisten zu teuer, zum Teil doppelt so teuer, wie das Heizen mit einer Wärmepumpe.

Wird die Transformation des gesamten Energiesystems zur Erreichung der Treibhausgasneutralität betrachtet, spielt auch die energetische Sanierung des Gebäudebestands eine Rolle. So zeigen die Modellergebnisse, dass unter Berücksichtigung der positiven und entlastenden Effekte für andere Sektoren wie der Energiewirtschaft die jährliche Sanierungsrate dabei auf bis zu 2 % steigen sollte. Gebäude werden dann überwiegend auf einen Effizienzstandard zwischen EH55 bis EH70 saniert1Der Effizienzhausstandard ist in Bezug auf ein im Gebäudeenergiegesetz definiertes Referenzgebäude zu verstehen. EH55 bedeutet, dass das modernisierte Gebäude maximal 55 % der Primärenergie des Referenzgebäudes verbraucht.. Der ambitionierte Standard EH40 wird in den Szenarien selten gewählt. Im Ergebnis sinkt die Endenergienachfrage durch eine höhere Gebäude- und Wandlungseffizienz um bis zu 5 % in 2030 bzw. bis zu 20 % in 2045 im Vergleich zur Nachfrage in 2023, wie Abbildung 1b deutlich macht.

Abbildung 2: Investitionsbedarfe
für die Energiewende im Gebäudesektor
in Mrd. EUR pro Jahr bis 2045

Die Transformation der Wärmeversorgung erfordert jährliche Investitionen zwischen 40 und 50 Mrd. Euro im Gebäudesektor, die hauptsächlich für die energetische Sanierung sowie für die Installation von Wärmepumpen aufgewendet werden (Abbildung 2). Dabei entfällt der größte Teil der Kosten mit 60 % auf die energetische Sanierung. 32 % fallen für die Installation von Wärmepumpen an. Der überwiegende Teil des verbleibenden Investitionsbedarfs betrifft den Ausbau und den Anschluss von Haushalten an Wärmenetze. Im Vergleich zu den beiden Kostenkomponenten Sanierung und Wärmepumpeneinbau fällt dieser im Gesamtsystem weniger stark ins Gewicht. Bezogen auf die lokalen Investitionsbedarfe für Unternehmen und Privathaushalte können die individuellen finanziellen Belastungen dennoch erheblich sein.

Schreibt man die derzeitigen Fördersätze bei der energetischen Gebäudemodernisierung und dem Heizungswechsel fort, ergeben sich bis 2045 jährliche Förderbedarfe zwischen 5,8 und 13 Mrd. Euro für den öffentlichen Haushalt. Dieser fiskalische Druck kann zukünftig unter anderem durch mögliche Kostensenkungspotenziale und die damit steigenden Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen gemildert werden.

Weitere Handlungsimpulse der Wissenschaft für die Politik: Instrumente wie ein CO2-Preis und Förderung sind notwendig, um einen wirtschaftlichen Wechsel zu klimaneutralen Heizungen anzureizen. Änderungen am Gebäudeenergiegesetz und dem Wärmeplanungsgesetz sollten maßvoll vorgenommen werden, um Unsicherheit zu vermeiden. Die Vorgabe zum Einbau klimaneutraler Heizungssysteme – im Neubau und Bestand – sollte auch aus Gründen der Planungssicherheit erhalten bleiben. Dabei sollte staatliche Förderung deutlich gezielter eingesetzt werden, um soziale Härtefälle abzumildern und potenzielle Mitnahmeeffekte zu vermeiden.2Mehr dazu im Report „Wärmewende jetzt – Impulse aus der Wissenschaft“

Methodik des Szenarienreports

Der Ariadne-Szenarienreport vergleicht die Wege zur Treibhausgasneutralität von fünf verschiedenen angenommenen Szenarien, die sich mit Blick auf die zukünftige Energienachfrage und die Technologiediffusion unterscheiden. Dabei identifizieren die verwendeten Modelle diejenigen systemischen und sektoralen Transformationsschritte, um das CO2-Budget bis 2045 sowie die Minderungsziele für die Jahre 2030, 2040 und 2045 einzuhalten. Es werden vier Sektoren des Energiesystems unterschieden: Verkehr, Gebäude, Industrie und Energiewirtschaft. Für den Gebäudesektor werden Investitionen in die energetische Gebäudesanierung, die Installation von klimafreundlichen Heizsystemen und der Ausbau von Wärmenetzen berücksichtigt.


Dieses Papier zitieren: Robin Hasse, Sebastian Herkel, Christoph Kost, Noah Kögel, Hannah Nolte, Charlotte Senkpiel (2025): Wärmewende mit Erfolg: Investitionsbedarfe des Gebäudesektors. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.

Autorinnen & Autoren

Robin Hasse

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Sebastian Herkel

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme

Dr. Christoph Kost

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme

Noah Kögel

Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Hannah Nolte

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE

Charlotte Senkpiel

Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme