Das Deutschlandticket (D-Ticket) wurde im Mai 2023 mit dem Ziel eingeführt, den öffentlichen Nahverkehr durch ein bundesweit gültiges Abonnement attraktiver zu gestalten, Menschen zu entlasten und das Erreichen der Klimaziele zu fördern. Der Ariadne D-Ticket Impact Tracker – online: https://mcc-berlin-ariadne.shinyapps.io/dticket-tracker/ – untersucht erstmals die Effekte des Tickets auf Mobilität und Klima. Die Analyse erlaubt auch Prognosen auf das Nutzungsverhalten und die Verkehrsentwicklung der kürzlich beschlossenen Preiserhöhung des Tickets von 49 auf 58 Euro.
In aller Kürze: Die Effekte des D-Tickets im ersten Jahr
Was ist auf Straße und Schiene passiert?
Auf Basis von Mobilfunk- und Autobewegungsdaten für Deutschland und acht europäischen Ländern wurde mithilfe einer etablierten statistischen Methode ein synthetisches Deutschland aus den acht Kontrollländern konstruiert, welches die Entwicklung des echten Deutschlands vor der Einführung des D-Tickets nachzeichnet. Das synthetische Deutschland erlaubt, die Mobilitätsentwicklung abzubilden, welche Deutschland genommen hätte, wäre das D-Ticket nicht eingeführt worden.
Abbildung 2 zeigt das methodische Vorgehen am Beispiel für Zugfahrten mit einer Länge von mehr als 30 km: Die tatsächlichen Zugreisen (schwarze Linie) liegen seit der Einführung des D-Tickets um 30,4 % höher als es ohne das Ticket der Fall gewesen wäre (blaue Linie).
Die Analyse ergab auch, dass die Anzahl der Autofahrten von mehr als 30 km um 6,6 % abgenommen hat, doch die Gesamtmobilität – mit allen Fortbewegungsmitteln wie Fuß, Rad, öffentliche Verkehrsmittel, Auto und Flugzeug – relativ stabil geblieben ist. Dies bedeutet, dass das D-Ticket zu einer Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene geführt hat: Der Anteil der Zugfahrten an der Gesamtzahl aller Wege größer 30 km („Modal Split“) ist von etwa 10 auf 12 % gestiegen.
Während die Effekte auf den Zugverkehr und den Modal Split aufgrund der verfügbaren Daten nur für Wege ab 30 km bestimmt werden können, liegen für den Autoverkehr umfassende Daten für alle gefahrenen Kilometer vor. Die gefahrenen Autokilometer sind demnach um 7,6 % niedriger als es ohne das D-Ticket der Fall gewesen wäre. Auf Basis dieser quantifizierten Reduktion der Autofahrleistung kann der Klimaeffekt des D-Tickets ermittelt werden.
Wie stark war die Emissionsreduktion?
Die Reduktion der zurückgelegten Autokilometer durch das D-Ticket um rund 7,6 % schlägt sich in einer Emissionsreduktion im Pkw-Verkehr von etwa 6,7 Millionen Tonnen CO2 nieder. Gemessen an den gesamten Verkehrsemissionen entspricht dies einer Emissionsminderung von rund 4,7 %. Das D-Ticket hat also zu einer relevanten CO2-Emissionsreduktion geführt.
58 statt 49 Euro – Was wären die Auswirkungen der Preiserhöhung?
Mit Beschluss der Sondersitzung der Verkehrsminister am 23.9.2024 wurde ein Preisanstieg des D-Tickets ab 2025 von 49 auf 58 Euro pro Monat vereinbart. Die im Tracker angewendete statistische Analyse erlaubt eine Prognose zu den Auswirkungen des Preisanstiegs. Für die Preiserhöhung auf 58 Euro wird prognostiziert, dass Fahrten im Zugverkehr um etwa 14 % zurückgehen und die gefahrenen Kilometer im Autoverkehr um etwa 3,5 % zunehmen könnten. Dies würde mit einem Anstieg der CO2-Emissionen um etwa 3,1 Millionen Tonnen CO2 einhergehen: Der Preisanstieg würde die bislang durch das Ticket erzielte jährliche Emissionseinsparung fast halbieren.
Perspektiven von Bürgerinnen und Bürgern
Die Ergebnisse der Ariadne Bürgerkonferenz im Juni 2024 mit 50 zufällig ausgewählten Menschen aus ganz Deutschland ergänzen die statistische Analyse. Teilnehmende befürworten das D-Ticket, da es eine flexible und unkomplizierte Mobilität ermöglicht. Die Mehrheit sprach sich für eine Preissenkung aus, um den Kostenvorteil gegenüber der Fahrt mit dem Auto deutlicher herauszustellen und Komfortverluste auszugleichen. Weitere Verbesserungsvorschläge waren Familientickets sowie Ermäßigungen für Jugendliche, Senioren und Geringverdienende sowie eine Vereinheitlichung der Fahrradmitnahme.
Infobox: Methode und Alleinstellungsmerkmal des Ariadne D-Ticket Impact Trackers
Der Tracker bietet erstmals eine kausale Untersuchung der Wirkung des D-Tickets: Statt einfacher Vorher-Nachher-Vergleiche nutzt er ein kausales Untersuchungsdesign basierend auf einer Kontrollgruppe – ähnlich zu klinischen Studien. Nur so lässt sich aufzeigen, was ohne das D-Ticket passiert wäre – und zwar unter Herausrechnung von Störfaktoren wie veränderten Spritpreisen oder verändertem Pendelverkehr durch die Home-Office-Nutzung nach der Corona-Pandemie. Statt auf Umfragedaten oder herkömmlichen Verkehrszählungen, die oft nur lückenhaft oder mit großer Zeitverzögerung vorliegen, setzt der Tracker auf in nahezu Echtzeit generierte Mobilfunk- und Bewegungsdaten, die ein umfassendes Bild täglicher Mobilitätstrends in Deutschland aufzeigen – und dies im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bzw. Regionen.
Dieses Papier zitieren:
Nicolas Koch, Niklas Illenseer, Maximilian Amberg, Katja Treichel-Grass (2024): Wirkung des Deutschland-Tickets auf Mobilität und Emissionen. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.