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Was die Klimaziele bis 2030 fiskalpolitisch bedeuten

Klimapolitische Maßnahmen kosten, sind aber auch mit hohen Einnahmen verbunden – zum Beispiel durch die CO2-Bepreisung im Emissionshandel. Bis 2030 können diese Einnahmen  aus dem nationalen und dem auf Deutschland entfallenden Anteil des europäischen Emissionshandels insgesamt 178 und bei stärker steigenden CO2-Preisen sogar 302 Milliarden Euro betragen, zeigen neue Ariadne-Berechnungen. Gleichzeitig wird der Gesamtbedarf öffentlicher Klimainvestitionen auf bis zu 616 Milliarden Euro geschätzt, insbesondere wenn CO2-Preise nicht ausreichend stark steigen. Ariadne-Forschende des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change und der Hertie School haben jetzt für drei Ausgabeszenarien durchbuchstabiert, welche Mittel aus dem allgemeinen Bundeshaushalt zusätzlich nötig wären. Darauf aufbauend stellen sie einen Excel-Rechner bereit, der zur eigenständigen Ermittlung des Finanzbedarfs für verschiedene Ausgabenprogramme verwendet werden kann.

Die Transformation zur Klimaneutralität ist nicht nur eine Frage von Wirtschaftlichkeit und Technologien, sondern auch eine des Geldes: Einnahmen aus der CO2-Bepreisung stehen hier zum Beispiel Ausgaben für Investitionen in Infrastrukturen oder Förderprogramme sowie für die Entlastung der Haushalte gegenüber. Die Einnahmeseite haben Ariadne-Fachleute jetzt abgesteckt: Bis 2030 könnten je nach Entwicklung der CO2-Preise bis zu 302 Milliarden Euro zusammenkommen für den Energie- und Klimafonds (EKF), der künftig zu einem Klima- und Transformationsfonds (KTF) weiterentwickelt werden soll. Das reicht jedoch nicht aus, um die notwendigen Transformationskosten vollständig zu decken, insbesondere wenn Wirtschaft und Steuerzahlende auch entlastet werden sollen.

Von Energie- und Verkehrsinfrastrukturen über die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit heimischer Unternehmen durch Förderprogramme bis hin zum sozialen Ausgleich für Haushalte: Je nach Ausgabeszenario sind Haushaltsmittel in unterschiedlicher Höhe nötig, zeigt die Analyse der Ariadne-Fachleute. Drei zentrale Szenarien haben die Forschenden untersucht. Sie zeigen: Für ein umfassend angelegtes „Green Spending“ Programm, das neben Maßnahmen zum Wettbewerb, zur Entlastung bei der EEG-Umlage und direkten öffentlichen Investitionen auch die Förderung der energetischen Gebäudesanierung, E-Auto Prämien und Ladeinfrastrukturen für Privatpersonen beinhaltet, liegen die Gesamtkosten der klimaneutralen Transformation zwei- bis dreimal so hoch wie die Einnahmen aus der Bepreisung von CO2-Emissionen – trotz der jüngsten Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt.

Soll auch ein ausgleichendes Klimageld für Haushalte aus dem KTF bezahlt werden, erhöht sich der Bedarf an Mitteln weiter. Die Fachleute empfehlen deshalb unter anderem Ausgaben für den Umbau der öffentlichen Infrastruktur über reguläre Haushaltsmittel und nicht über den KTF zu finanzieren, da dies zu den originären Aufgaben der Regierung gehört. Bei der Subventionierung privater Investitionen etwa im Gebäude- und Verkehrssektor raten sie zu kleineren und zielgerichteten Programmen mit nachweisbarer Wirksamkeit. Sinnvoll sei aus fiskalpolitischer Sicht auch ein Ausbau des CO2-Preises zum Leitinstrument der Klimapolitik, schließt das Autorenteam: So können durch verstärkte Marktanreize teure Investitionsförderungen reduziert und gleichzeitig höhere Einnahmen generiert werden. Eine ambitionierte CO2-Bepreisung sollte jedoch durch gezielte Entlastungsmaßnahmen für Bürgerinnen und Bürger begleitet werden, um soziale Härten zu vermeiden.

Ariadne-Analyse

Maximilian Kellner, Felix Knopp, Luke Haywood, Christina Roolfs, Christian Flachsland, Matthias Kalkuhl (2022): Klimapolitik zwischen CO2-Bepreisung und Förderprogrammen – eine fiskalpolitische Betrachtung. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.