Drew Dau / Unsplash

Klimapolitik im Check: Forschende entwerfen einen Bewertungsrahmen für die Ausgestaltung von Politikpfaden

Deutschland ist nicht „on-track“ um seine Klimaziele bis 2030 und 2045 zu erreichen. Zur Einhaltung des Klimaschutzgesetzes sollten die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass Wirtschaft und Gesellschaft ihr Handeln und Investitionsverhalten im Einklang mit dem Übergang zu Klimaneutralität umstellen. Dabei fehlt es nicht an Ideen und Maßnahmen, die den Weg zur Klimaneutralität ebnen können. Aber die Unsicherheit, welche Instrumente einzeln und Kombinationen nicht nur wirksam sind, sondern auch politisch durchsetzbar, wirtschaftlich effizient und gesellschaftlich akzeptiert sind, ist groß. In einem neuen Ariadne-Hintergrund entwickeln Forschende der Hertie School, des RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung, des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC und des DLR-Instituts für Verkehrsforschung einen Bewertungsrahmen für klimapolitische Politikpfade und illustrieren diesen am Beispiel des Automobilsektors in Deutschland. Dieser Rahmen ermöglicht eine Diskussion alternativer Handlungspfade zwischen Stakeholdern in Wirtschaft, Politik und Forschung.

Die Forschenden leisten mit dem Ariadne-Hintergrund Grundlagenarbeit für die Bewertung von einzelnen klimapolitischen Instrumenten und Maßnahmen mit Fokus auf Klimawirksamkeit, Kosteneffektivität, fiskalische Belastung, Verteilungseffekte, politische Machbarkeit und Governance. Eine dabei wichtige Annahme für den vorgelegten Bewertungsrahmen ist die Wirkung über einen langfristigen Zeithorizont und die dynamische Gestaltungs- und Anpassungsfähigkeit der Kombination verschiedener Politikinstrumente. Aus Sicht der Forschung empfiehlt es sich an verschiedenen Phasen – hervorgerufen zum Beispiel von der Entstehung von innovativen Technologien bis hin zur Marktdurchdringung – klimapolitisch passende Rahmenbedingungen setzen.

Die Forschenden bewerten den gegenwärtigen Entwicklungspfad mit dem Ergebnis, dass mit den derzeitigen Maßnahmen die Klimaziele bis 2030 voraussichtlich nicht erreicht werden. Im Anschluss formulieren sie drei weitere, alternative Pfade mit Fokus auf (1) einen hohen und steigenden CO2-Preispfad für Benzin und Diesel, (2) einen Instrumentenmix von Bonus-Malus Instrumenten und einer Quote für verkaufte Elektrofahrzeuge, und (3) einem Mix aus beiden Bepreisungen mit anfänglichem Fokus auf ein Bonus-Malus System für Neuwagen mit später deutlich steigendem CO2-Preis. Ihre Analyse zeigt, dass ein zunächst moderat und dann deutlich ansteigender CO2-Preis auf emissionsintensive Kraftstoffe mit insbesondere kurzfristig ergänzenden Instrumenten zur Marktunterstützung von E-Autos der erfolgversprechendste Weg hin zur Klimaneutralität ist. Er schafft kurzfristig wirtschaftliche Anreize für Kaufentscheidung von Verbrauchenden und ermöglicht steuerliche Mehreinnahmen, mit denen die Ladesäulen-Infrastruktur finanziert werden kann.

Die Ariadne-Forschenden zeigen mit dem Entwurf des Bewertungsrahmens und der Anwendung am Beispiel des deutschen Automobilsektors, dass für die Folgenabschätzungen von Einzelinstrumenten und Maßnahmenmixen ein dynamisches Design notwendig ist, welches konzeptionelle und empirische Arbeiten sowie die Erkenntnisse verschiedener akademischer Disziplinen mit den Ansichten aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik kombiniert. Das Konzept bietet einen analytischen Rahmen für vertiefte Analysen von zukünftigen Politikmixpfaden in weiteren Sektoren der Transformation hin zu Klimaneutralität.

Ariadne-Hintergrund

Duncan Edmondson, Christian Flachsland, Nils aus dem Moore, Nicolas Koch, Florian Koller, Henri Gruhl, Johannes Brehm, Sebastian Levi (2022): Bewertung der klimapolitischen Instrumentenmix-Pfade: Eine Anwendung auf den deutschen Sektor für leichte Nutzfahrzeuge. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.