Mit Einführung eines Emissionshandelssystems für Wärme und Verkehr wachsen auch die finanziellen Belastungen für Privathaushalte. Eine neue Ariadne-Analyse zeigt jetzt auf, wie sich unterschiedlich hohe CO2-Preise auf den Geldbeutel der Menschen auswirken und wie diese Mehrkosten für private Haushalte abgefedert werden können – durch den Wechsel auf grüne Technologien und die Rückverteilung der Einnahmen aus dem Emissionshandel. Ihre Szenarien zeigen: Unterm Strich muss der CO2-Preis bis Mitte des Jahrhunderts für private Haushalte keine hohe Belastung darstellen. Dazu ist jedoch unerlässlich, dass die Einnahmen pro Kopf zurückverteilt werden und Menschen die Preisentwicklung und die potenziellen Auswirkungen nachvollziehen können, um jetzt etwa bei Neuanschaffung von Heizungen oder Fahrzeugen klimafreundliche und langfristig kostenoptimale Entscheidungen für die nächsten Jahrzehnte zu treffen. Zusätzlich sollten für den erforderlichen Technologiewechsel gezielte finanzielle Unterstützungen einkommensschwacher Haushalte mitgedacht werden.
Die Forschenden vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Universität Stuttgart analysieren umfassend die Verteilungswirkung der CO2-Bepreisung für Deutschland und entwickeln dafür einen methodischen Ansatz, der erstmalig die Untersuchung in der langen Frist ermöglicht. Dazu verknüpfen sie Ergebnisse aus dem Energiesystemmodell TIMES PanEU mit sozio-ökonomischen Merkmalen aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) der Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, um verschiedene CO2-Preis-Szenarien für Privathaushalte bis 2050 zu analysieren. Dabei kann nicht nur die Kostenbelastung durch den CO2-Preis auf die Haushalte basierend auf dem Status Quo berechnet werden, sondern auch der Einfluss von privaten Investitionen in grüne Technologien, wie zum Beispiel Elektroautos oder der Umstieg von einer Gasheizung auf eine Wärmepumpe, auf die CO2-Preisbelastungen berücksichtigt werden.
In den betrachteten Szenarien zeichnen die Ariadne-Fachleute nach, wie die verschiedenen Einkommensgruppen zu unterschiedlichen Zeiten belastet oder auch entlastet werden. Ohne eine Rückverteilung der Einnahmen aus dem CO2-Preis in Form einer Pro-Kopf-Pauschale, auch bekannt als Klimageld, wirkt der CO2-Preis zunächst regressiv. Die Belastung durch einen frühzeitig hohen CO2-Preis führt jedoch auch zu schnelleren Technologieanpassungen in den Haushalten im Vergleich zu einem niedrigen CO2-Preispfad, so dass sich die ungleiche Belastung bis 2050 ausgleicht und im Mittel bei null liegt, da dann im Idealfall nur noch wenige Haushalte im Bereich Wärme und Mobilität CO2-Emissionen verursachen. In allen Preisszenarien trägt eine Rückverteilung dazu bei, die zunächst regressive Verteilungswirkung abzufedern. Am stärksten entlastet werden einkommensschwache Haushalte 2030 in Szenarien mit einem hohen CO2-Preis (der ab 2030 von 135 EUR auf 415 EUR bis 2050 steigt) – und einer Rückverteilung der Einnahmen durch ein Klimageld –, während die einkommensstärksten Haushalte zu diesem Zeitpunkt weiterhin netto belastet werden.
Diese Annahmen setzen voraus, dass alle Einkommensgruppen die Transformation zur Klimaneutralität mittragen und dabei unterstützt werden. Dazu gehört neben der Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung auch eine klare politische Kommunikation über die CO2-Preisentwicklung und ihre finanziellen Auswirkungen sowie gezielte Förderungen vor allem einkommensschwächerer Haushalte, um ihnen den Umstieg auf grüne Technologien und Energieträger zu ermöglichen.
Ariadne-Analyse
Kathrin Kaestner, Alexander Burkhardt, Kasimir Püttbach, Stephan Sommer, Markus Blesl (2023): Langfristige Verteilungswirkungen einer CO2-Bepreisung – ein neuartiger modelltechnischer Ansatz. Kopernikus-Projekt Ariadne, Potsdam.