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Analyse: Langfristige Verteilungswirkungen einer CO2-Bepreisung – ein neuartiger modelltechnischer Ansatz

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Zusammenfassung

In diesem Papier untersuchen wir erstmalig die zukünftige direkte Kostenbelastung, die Haushalten durch unterschiedlich ansteigende Preise auf CO2-Emissionen in den Bereichen Wärme und Verkehr bis zum Jahr 2050 in Deutschland entstehen könnte.

Wir stellen dazu einen methodischen Ansatz vor, in dem wir ein Energiesystemmodell mit Haushaltsdaten verknüpfen und mögliche Technologieanpassungen, wie ein Heizungswechsel oder Umstieg auf ein Elektroauto, der Haushalte unter Verwendung von Machine Learning-Methoden berücksichtigen.

Um die Verbreitung verschiedener Heizenergieträger und Kraftstofftypen für Fahrzeuge sowie entsprechende Technologiewechsel der Haushalte für die Zukunft vorhersagen zu können, treffen wir einige vereinfachende Annahmen, wie uneingeschränkte Kapitalverfügbarkeit und perfekte Voraussicht der CO2-Preisentwicklung der Haushalte.

Unter diesen Annahmen zeigen unsere Analysen,

  • dass sowohl niedrige als auch hohe CO2-Preispfade zunächst größtenteils regressiv wirken, also einkommensschwache Haushalte anteilig an ihrem Einkommen bemessen stärker belasten als einkommensstarke Haushalte. Durch unsere Vorhersagen ist jedoch eine schnelle Technologieanpassung in den einkommensschwächsten Haushalten zu beobachten, sodass die regressive Wirkung im Zeitverlauf abnimmt.
  • Während bei hohen CO2-Preisen im Jahr 2050 Haushalte im Mittel kaum noch CO2 emittieren, gibt es unter einem niedrigen CO2-Preispfad im Jahr 2050 noch einige, insbesondere einkommensstarke, Haushalte, die noch nicht emissionsfrei heizen und/oder Auto fahren.
  • Die vollständige Rückverteilung der Einnahmen aus dem CO2-Preis in Form einer Pro-Kopf-Pauschale kann sowohl unter dem niedrigen als auch unter dem hohen Preispfad bereits kurzfristig die regressive Verteilungswirkung in eine progressive Verteilungswirkung umkehren.

Unsere Ergebnisse zeichnen gerade für einkommensschwache Haushalte ein recht optimistisches Bild, was zum Teil durch die einschränkenden Modellannahmen erklärt werden kann. Durch diese Annahmen wird insgesamt deutlich, dass

  • eine klare Kommunikation der Politik über die zukünftige CO2-Preis-Entwicklung notwendig ist, um Haushalten Sicherheiten für effiziente Investitionsentscheidungen zu bieten.
  • Darüber hinaus dürften stärkere, gezielte Unterstützungen für einkommensschwache Haushalte zur Überwindung von Liquiditätsbeschränkungen notwendig werden, um eine Transformation hin zu emissionsarmen Technologien sozial gerecht zu ermöglichen.

1. Einleitung

Der Gebäudesektor steht seit einigen Monaten im Zentrum der politischen und öffentlichen Diskussion rund um die Transformation der Energieversorgung in Deutschland. Dabei spielt insbesondere die Gegenüberstellung von ordnungsrechtlichen (zum Beispiel das sogenannte Öl- und Gasheizungsverbot) und marktlichen Instrumenten (CO2-Bepreisung) für die Erreichung der Klimaziele eine große Rolle (Stiglitz 2019). Zusätzlich wird  aufgrund regressiver Verteilungseffekte (Pizer und Sexton 2019; Jacobs und van der Ploeg 2019) das Thema der sozialen Verteilungsgerechtigkeit oft ins Feld geführt, sowohl bei Befürwortenden als auch bei Kritikübenden des Kurses der aktuellen Bundesregierung. Parallel dazu soll auf europäischer Ebene ab 2027 mit dem sogenannte EU-ETS 2 ein Emissionshandelssystem für die Sektoren Verkehr und Wärme eingeführt werden, äquivalent zum bisherigen EU-ETS für Industrie und Energieerzeugung. Damit wird die Sozialverträglichkeit von CO2-Preisen auch in Deutschland von enormer Relevanz bleiben, unabhängig davon, wie die Bundesregierung ihre Klimaziele erreichen möchte.

In diesem Papier analysieren wir umfassend die Verteilungswirkungen der CO2-Bepreisung für Deutschland und stellen einen methodischen Ansatz vor, der erstmalig die direkten Mehrkosten für private Haushalte bis zum Jahr 2050 durch verschiedene CO2-Preispfade aufzeigt.

Berechnungen zur Lenkungswirkung von bestimmten CO2-Preispfaden mit dem Energiesystemmodell TIMES PanEU (Kattelmann et al. 2021; Kattelmann et al. 2022; Korkmaz et al. 2020) werden dazu mittels Methoden des maschinellen Lernens auf die Haushaltsebene übertragen, wo auf Grundlage eines Mikrosimulationsmodells eine Berechnung der langfristigen Verteilungswirkung erfolgt.

Der wissenschaftliche Diskurs rund um die CO2-Bepreisung kreist vor allem um zwei Themen: Die klimapolitische und volkswirtschaftliche Lenkungswirkung von CO2-Preisen innerhalb des Energiesystems, einzelner Sektoren und der Volkswirtschaft, sowie die daraus resultierenden Fragen der sozialen Gerechtigkeit und Verteilungswirkungen (Thomas et al. 2019; Kalkuhl et al. 2021). Um die Lenkungswirkung von CO2-Preisen zu bestimmen, gibt es Untersuchungen mit Akteursmodellen, Mikrosimulationen auf Haushaltsebene (Thöne et al. 2019; Berry 2019; George et al. 2023), sektorspezifischen Modellen (Bach et al. 2019; Hennes et al. 2021; Ruhnau et al. 2022; Seibert et al. 2023) sowie Gesamtenergiesystemmodellen (Burkhardt und Blesl 2022; Kattelmann et al. 2022; Barron et al. 2018). Diese diversen Untersuchungen zeigen, dass CO2-Preise zur Emissionsminderung beitragen können, wenn die zu Grunde gelegten CO2-Preise hoch genug sind. Grundsätzlich können ausreichend hohe CO2-Preise dazu führen, dass Haushalte und Unternehmen ihre Investitionsentscheidungen verändern und auf klimaneutrale Technologien setzen. Dabei wirkt der CO2-Preis so, dass emissionsintensive Technologien (stark) verteuert werden, wodurch sich ein Umstieg auf emissionsfreie Technologien finanziell rechnet (Edenhofer und Flachsland 2018). Wie hoch die CO2-Preise allerdings sein müssen, hängt von den betrachteten Sektoren, Annahmen und Rahmenbedingungen in den Modellen ab.

Darüber hinaus lassen sich mit derartigen Modellen aber kaum Aussagen über die langfristigen Verteilungswirkungen der CO2-Bepreisung ableiten, vor allem nicht unter Berücksichtigung sozio-ökonomischer Aspekte. Dies liegt daran, dass sozio-ökonomische Zusammenhänge in diesen Modellen oft nicht oder nur unzureichend abgebildet werden können. Durch einen CO2-Preis ergeben sich kurzfristig finanzielle Belastungen, die insbesondere einkommensschwache Haushalte im Verhältnis zu ihrem Einkommen stärker belasten können, also regressiv wirken (Thomas et al. 2019). Auch langfristig sind je nach Anpassungsfähigkeit der Haushalte unterschiedlich hohe Kostenbelastungen zu erwarten. Gleichzeitig werden durch den CO2-Preis auch Einnahmen generiert, mittels derer durch passende Rückverteilungsmechanismen diese regressive Wirkung abgemildert oder sogar umgekehrt (=progressiv) werden kann (Kalkuhl et al. 2023).

Einkommensschwache Haushalte stoßen in der Regel weniger CO2 aus, da sie beispielsweise kleinere Wohnungen bewohnen sowie weniger Auto fahren (Preuß et al. 2019; Kaestner und Sommer 2021). Daher werden sie absolut betrachtet in der Regel weniger stark belastet. Aus diesem Grund können einkommensschwache Haushalte durch eine Rückverteilung, beispielsweise über eine Pro-Kopf-Pauschale, netto sogar entlastet werden, während einkommensstarke Haushalte weiterhin belastet werden. Eine faire Rückverteilung kann außerdem auch die Akzeptanz für die CO2-Bepreisung als klimapolitischen Maßnahme stärken (Sommer et al. 2022).

Um Berechnungen zu Verteilungswirkungen durchzuführen, werden oftmals Mikrosimulationsmodelle, Regressionsanalysen sowie Typgebäude beziehungsweise Beispielhaushalte herangezogen (Preuß et al. 2019; Berry 2019). Diese Betrachtungsweise vernachlässigt jedoch wichtige systemische Zusammenhänge, wie langfristige Anpassungen im Energiesystem durch die eingeführten CO2-Preise. Bereits vorhandene Studien betrachten die Verteilungswirkungen ausschließlich unter Berücksichtigung von Verhaltensänderungen mithilfe von Preiselastizitäten, bilden aber keine Änderungen in der Technologieausstattung der Haushalte ab (vgl. Grainger und Kolstad (2010) für die USA sowie Gill und Moeller (2018), Preuß et al. (2019) und Kaestner und Sommer (2021) für Deutschland). Untersuchungen zu langfristigen Verteilungswirkungen beinhalten bisher nicht beide Teile, also die Anpassungen auf Energiesystemebene sowie sich verändernde Gegebenheiten auf Mikro- bzw. Haushaltsebene. In dieser Ariadne-Analyse stellen wir einen empirischen, innovativen Ansatz dar, wie eine Untersuchung von langfristigen Verteilungswirkungen unter Berücksichtigung technologischer Anpassungen durchgeführt werden kann. Da es sich um eine methodische Weiterentwicklung bisheriger Ansätze handelt, betrachten wir unsere Ergebnisse nicht als definitive Voraussage, sondern vielmehr als eine Einladung zum Weiterdenken und Weiterforschen.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass Preispfade mit verschieden hohen CO2-Preisen sehr unterschiedliche Signale an Haushalte senden, um auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen, wodurch sich die Verteilungswirkungen zwischen den beiden Preispfaden deutlich unterscheiden. Sowohl niedrige als auch hohe CO2-Preispfade wirken zunächst größtenteils regressiv. In unseren Vorhersagen ist jedoch eine schnelle Technologieanpassung in den einkommensschwächsten Haushalten zu beobachten, sodass die regressive Wirkung im Zeitverlauf abnimmt. Eine Pro-Kopf-Pauschale kann sowohl unter dem niedrigen als auch unter dem hohen Preispfad bereits kurzfristig die regressive Verteilungswirkung in eine progressive Verteilungswirkung umkehren. Unsere Ergebnisse zeichnen gerade für einkommensschwache Haushalte ein recht optimistisches Bild, was durch einige einschränkende Modellannahmen erklärt werden kann. Durch diese Annahmen wird aber insgesamt deutlich, dass eine klare Kommunikation der Politik über die zukünftige CO2-Preis-Entwicklung notwendig ist, um Haushalten Sicherheiten für effiziente Investitionsentscheidungen zu bieten. Darüber hinaus dürften stärkere, gezielte Unterstützungen für einkommensschwache Haushalte zur Überwindung von Liquiditätsbeschränkungen notwendig werden, um eine Transformation hin zu emissionsarmen Technologien sozial gerecht zu ermöglichen.

2. Daten

Die Bestimmung der CO2-Emissionen der Haushalte zur anschließenden Berechnung der Kostenbelastung durch einen CO2-Preis auf Emissionen in den Bereichen Gebäude und Verkehr erfolgt in einem Mikrosimulationsmodell über die Konsumausgaben der Haushalte. Um detaillierte Informationen zum Konsum verschiedener Heizbrennstoffe und Kraftstoffe privater Haushalte zu erhalten, werden zwei Datenquellen aufbereitet und verknüpft: Informationen zu den Konsumausgaben der Haushalte stammen aus der aktuellsten Welle der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) aus dem Jahr 2018 (Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder 2020). Während in diesen Daten deutlich wird, auf welchen Brennstoff sich die Heizausgaben beziehen, enthält die EVS nur sehr grobe Informationen zum Fahrzeugbesitz, sodass nicht erkennbar ist, ob die Ausgaben für Kraftstoffe sich auf Benzin, Diesel oder einen anderen Kraftstoff beziehen. Da diese Angabe für die genaue Bestimmung der Emissionen notwendig ist, nutzen wir für detaillierte Informationen zur Fahrzeugnutzung der Haushalte Daten einer vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) durchgeführten Erhebung aus dem Jahr 2021 (Kaestner et al. (2022)) und verknüpfen diese mit den Daten der EVS.

Alle fünf Jahre werden im Zuge der EVS circa 80.000 Haushalte auf freiwilliger Basis detailliert zu ihren quartalsweisen Einnahmen und Ausgaben, Lebensverhältnissen, Geld- und Sachvermögen sowie zur Ausstattung mit ausgewählten Gebrauchsgütern befragt. Für die Analyse werden die Daten der EVS in mehreren Schritten aufbereitet.1Da der uns vorliegende Datensatz der EVS aus den Erhebungsteilen „Allgemeine Angaben“, „Geld- und Sachvermögen“ und „Haushaltsbuch“ besteht und diese Teile nicht vollständig von allen 80.000 befragten Haushalten beantwortet werden, umfasst unser Datensatz rund 40.000 Haushalte. Zunächst werden die Quartalswerte auf Jahreswerte hochgerechnet. Da eine einfache Hochrechnung von Quartalswerten für unregelmäßige und seltene Ausgaben ein verzerrtes Bild der Ausgaben wiedergeben würde, werden fehlende Ausgaben, insbesondere bei Heizkosten und Verkehr, anhand von Mittelwertimputationen der Haushalte, die positive Ausgaben in diesen Bereichen haben, ersetzt, sodass keine Daten verloren gehen. Anschließend werden Haushalte mit extremen Angaben aus der Analyse entfernt, indem alle Haushalte, deren ausgabefähiges Einkommen2 Als ausgabefähiges Einkommen wird das Haushaltsnettoeinkommen zuzüglich Einnahmen aus dem Verkauf von Waren sowie sonstigen Einnahmen bezeichnet (https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/Glossar/ausgabefaehige-einkommen-einnahmen-evs-lwr.html). unterhalb des 1 %- beziehungsweise oberhalb des 99 %-Perzentils liegt, als Ausreißer definiert werden.

Die Daten zur Fahrzeugnutzung der Haushalte entstammen einer vom RWI und PIK durchgeführten Erhebung aus dem Jahr 2021. Die Befragung wurde im Zuge des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten Projekts „Verbundvorhaben CO2-Preis – Analyse der kurz- und langfristigen Wirkungen unterschiedlicher CO2-Bepreisungs-Varianten auf Gesellschaft und Volkswirtschaft” (mehr Informationen zum Projekt auf: https://www.co2-preis.info/) zur Ermittlung der Akzeptanz der im selben Jahr neu eingeführten CO2-Bepreisung durchgeführt. Befragt wurden rund 7.000 Mitglieder des forsa.omninet-Panels (mehr Informationen zur Befragung vgl. Kaestner et al. (2022)). Neben Fragen zur Einstellung gegenüber dem CO2-Preis wurden die Befragten auch um Angaben zu ihren sozio-ökonomischen Eigenschaften wie Einkommen, Haushaltsgröße oder ihrem Wohnort gebeten. Außerdem wurden die Teilnehmenden gefragt, ob sie ein Auto besitzen, mit welchem Kraftstoff das Auto betrieben wird und welche Strecken sie für gewöhnlich mit diesem zurücklegen. Mithilfe der sozio-ökonomischen Angaben, die in ihren Ausprägungen größtenteils mit denen aus der EVS übereinstimmen, können die Informationen zur Fahrzeugnutzung in einem späteren Schritt auf die Haushaltsdaten der EVS übertragen werden.

DurchschnittswertStandardabweichungMinMax
Einkommens und Verbrauchsstichprobe (n=39.439)
Stadt0,760,4301
Monatliches Haushalts- nettoeinkommen in €3.910,552149,68747,3310.221,33
Haushaltsgröße2,081,0818
Mehrfamilienhaus0,490,5001
Wohnfläche99,1742,7114300
Baujahr vor 19490,200,4001
Baujahr von 1949 bis 20000,670,4701
Baujahr nach 20000,130,3401
Heizenergieträger Gas0,510,5001
Heizenergieträger Öl0,200,4001
Heizenergieträger Strom0,070,2601
Heizenergieträger Fernwärme0,180,3801
Heizenergieträger Holz/Pellets0,040,2101
Daten zur Kraftfahrzeugnutzung (Verbundvorhaben CO2-Preis, n= 6.947)
Kraftstoff Fahrzeug Benzin0,630,4901
Kraftstoff Fahrzeug Diesel0,320,4601
Kraftstoff Fahrzeug Erdgas0,010,0701
Kraftstoff Fahrzeug Flüssiggas0,010,1001
Kraftstoff Fahrzeug Elektrisch0,020,1301
Kraftstoff Fahrzeug Hybrid
Benzin
0,010,1201
Kraftstoff Fahrzeug Hybrid Diesel0,000,0501
kein Auto0,080,4001
Tabelle 1: Zusammenfassende Statistiken der EVS und Daten zur Kraftfahrzeugnutzung

Tabelle 1 zeigt eine Zusammenfassung der für diese Untersuchung wichtigen Eigenschaften der Haushalte in der EVS sowie die Verteilung der Kraftstoffe, die sich aus den Daten zur Fahrzeugnutzung ergibt.3Grafische Darstellungen der deskriptiven Eigenschaften befinden sich im Anhang. Die in der EVS befragten Haushalte leben zu 76 % in urbanen Gegenden, womit hier mindestens verstädterte Räume mit einer Bevölkerungsdichte von über 150 Einwohnern pro km² gemeint sind. Das durchschnittliche monatliche Haushaltsnettoeinkommen in der EVS liegt bei 3.911 €. Allerdings werden in der Grundgesamtheit der EVS nur Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 18.000 € betrachtet (Statistisches Bundesamt (Destatis) 2021). Die durchschnittliche Haushaltsgröße beträgt zwei Personen, wobei Haushalte mit acht oder mehr Personen in einer Kategorie zusammengefasst werden (Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder 2020). Des Weiteren leben die Befragten der Stichprobe fast zur Hälfte in Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen und bewohnen dabei eine Fläche von durchschnittlich 99 m², wobei die höchste mögliche Angabe bei der Wohnfläche in der EVS 300 m² beträgt. Die Wohngebäude der Befragten wurden zu 67 % zwischen den Jahren 1949 und 2000 gebaut, 20 % vor dem Jahr 1949 und 13 % nach dem Jahr 2000.4 Neben dem Baujahr des Gebäudes lassen die Daten der EVS keine direkten Rückschlüsse auf den energetischen Zustand des Gebäudes oder Änderungen zu, da nicht erfasst wird, ob und wann energetisch saniert wurde. Rund die Hälfte aller Haushalte in der EVS gibt an mit Gas zu heizen, 20 % heizen mit Öl und rund 18 % verfügen über einen Fernwärmeanschluss. Nur ca. 7 % der Befragten heizen mit Strom, wobei es sich hier um Wärmepumpen, aber auch um raumweise Beheizung mit elektrischen Heizkörpern handeln kann. Ungefähr 4 % der Befragten nutzen Holz- oder Pellet-Heizungen.

Die Daten aus der Befragung zur Akzeptanz der CO2-Bepreisung geben Aufschluss über die Fahrzeugnutzung in der Bevölkerung (Tabelle 1). Knapp 8 % der Befragten nutzen gar kein Auto. Knapp 63 % der Befragten, die ein Auto besitzen, nutzen als Kraftstoff Benzin. Rund 32 % der Befragten fahren ein dieselbetriebenes Auto. Weitere knappe 2 % nutzen ein reines Elektroauto und etwas mehr als 1 % einen Hybrid aus Benzin- und Elektroauto, während 0,3 % einen Hybrid aus Diesel- und Elektroauto fahren. Die restlichen Befragten nutzen zu jeweils etwas unter 1 % Flüssiggas beziehungsweise Erdgas.

3. Methodik

Um die zukünftigen Kostenbelastungen unterschiedlicher CO2-Preispfade für verschiedene Haushaltsgruppen analysieren zu können, verknüpfen wir die Ergebnisse des Energiesystemmodells TIMES PanEU (Kattelmann et al. 2021; Kattelmann et al. 2022; Korkmaz et al. 2020)  mit einem Mikrosimulationsmodell. Während Energiesystemmodelle vorrangig eingesetzt werden, um die Wirkung von CO2-Preisen auf das gesamte Energiesystem zu untersuchen und auch langfristig zu modellieren, fehlen in dieser Art von Modellen die Informationen, um sozio-ökonomisch differenzierte Analysen und somit Verteilungswirkungsanalysen durchzuführen. Mikrosimulationsmodelle werden in der empirischen Wirtschaftsforschung häufig auf Haushaltsdaten angewendet, um Verteilungswirkungen von Steuern zu untersuchen (Bach et al. 2016; Beznoska et al. 2012). Diese lassen aber nur eine eingeschränkte Betrachtungsweise zu, indem über Preiselastizitäten Verhaltensanpassungen von Haushalten abgebildet werden.

Mithilfe von Preiselastizitäten kann berücksichtigt werden, ob und wie stark die Nachfrage für ein Gut, in unserem Fall dargestellt durch Ausgaben für Heiz- und Kraftstoffe, sich verändert, wenn sich der Preis für dieses Gut verändert. So können kurz- oder auch längerfristige Verhaltensänderungen, wie eine Reduktion der Heiztemperatur aufgrund steigender CO2– und Energiepreise, und eine daraus folgende Reduktion der Heizausgaben, der CO2-Emissionen und der Mehrkosten durch einen CO2-Preis abgebildet werden. Zur Ermittlung der langfristigen Kostenbelastungen durch einen CO2-Preis, der nur auf fossile Brennstoffe anfällt, muss aber zusätzlich berücksichtigt werden, dass Haushalte längerfristig auf andere Technologien und Energieträger, wie eine Wärmepumpe oder ein Elektroauto, umsteigen können. Daher ist zu erwarten, dass die Berücksichtigung von Energieträgerwechseln der Haushalte die Verteilungswirkungen in der Zukunft maßgeblich beeinflusst. Da die EVS und auch die Daten zur Kraftfahrzeugnutzung aber nur die Verteilung der Energieträger der Haushalte für einen bestimmten Zeitpunkt und keine Veränderungen wie Investitionen in neue Heizsysteme darstellen, führen wir Vorhersagen zu möglichen Technologie- beziehungsweise Energieträgerwechseln durch. Dies wird durch die Kombination des Energiesystemmodells mit dem Mikrosimulationsmodell ermöglicht.

Dazu werden die Ergebnisse des Energiesystemmodells TIMES PanEU zur Verbreitung verschiedener Energieträger bei unterschiedlich hohen CO2-Preisen über die Zeit auf sozio-ökonomische Merkmale übertragen. Mithilfe von auf Methoden des maschinellen Lernens (ML) basierenden Vorhersagen werden die Energieträger gemäß der Verteilung aus dem Energiesystemmodell auf die Haushaltsdaten übertragen. ML-Methoden sind flexibler als klassische ökonometrische Regressionsmethoden und bieten sich besonders für Vorhersagen an. So können erstmalig langfristige Verteilungswirkungen unter Berücksichtigung der systematischen Wirkungen verschiedener CO2-Preise auf das Investitionsverhalten von Konsument*innen untersucht werden. Wichtig hierbei ist, dass wir ausschließlich die direkten Kosten durch einen CO2-Preis mit und ohne Rückverteilung berücksichtigen und Transformationskosten unberücksichtigt bleiben.

Im technischen Anhang erläutern wir detailliert die Funktionsweise des Energiesystemmodells, die Vorhersagen mithilfe von ML-Methoden, insbesondere dem hier verwendeten Random Forest, sowie die Verknüpfung der beiden Methoden zur abschließenden Analyse der Verteilungswirkungen anhand von Haushaltsdaten.

4. Ergebnisse

a. Vorhersagen für Energieträger und Fahrzeugtyp

Als erstes Ergebnis werden die Verteilungen der Heizenergieträger und Kraftstoffe, die aus der Verknüpfung des Energiesystemmodells TIMES-PanEU mit den Haushaltsdaten auf Grundlage von ML-Methoden vorhergesagt wurden, grafisch dargestellt. Das TIMES PanEU-Modell gibt die gesamten Anteile der einzelnen Heizenergieträger für die jeweiligen Jahre vor. Das Mikrosimulationsmodell ordnet diese Anteile dann den einzelnen Haushalten der EVS zu, wodurch ein detailliertes Bild der zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern und ihrer Eigenschaften entsteht. Die Zuordnung zu den einzelnen Haushalten ist die Voraussetzung, um die späteren Emissionen und somit Kostenbelastungen durch verschiedene CO2-Preise für unterschiedliche Haushaltsgruppen zu verstehen.

Zunächst sind Ergebnisse für den niedrigen Preispfad dargestellt, anschließend für den hohen Preispfad. Da die Ergebnisse für den mittleren Preispfad erwartungsgemäß dazwischenliegen, werden diese nicht separat dargestellt. Wir unterscheiden jeweils nach Preispfad und Jahr und stellen die Verteilung nach verschiedenen Haushaltscharakteristika wie Nettoäquivalenzeinkommen5Das Nettoeinkommen der Haushalte aus der EVS wird basierend auf der sogenannten modifizierten OECD-Äquivalenzskala gewichtet (OECD 2009). Das Nettoäquivalenzeinkommen bezeichnet das Gesamteinkommen eines Haushalts nach Steuern und anderen Abzügen, geteilt durch die Anzahl der Haushaltsmitglieder, die in gleichgestellte Erwachsene umgerechnet werden; die Haushaltsmitglieder werden dabei nach ihrem Alter gewichtet. Durch diese Gewichtung werden Lebensstandards unabhängig von der Haushaltsgröße und Zusammensetzung vergleichbar. Diese Skala weist dem Haushaltsvorstand einen Wert von 1 zu, jedem weiteren erwachsenen Mitglied einen Wert von 0,5 und jedem Kind einen Wert von 0,3., Gebäudetyp und Urbanisierungsgrad dar (OECD 2009).

i. Niedriger Preispfad

Abbildung 1: Heizenergieträger im Basisjahr 2018 sowie vorausgesagte Energieträger für die Jahre 2030 (80 €/t), 2040 (130 €/t) und 2050 (180 €/t) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen (niedriger Preispfad). Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 1 zeigt die Aufteilung der Heizenergieträger für das durch die EVS vorgegebene Basisjahr 2018 vor Einführung einer CO2-Bepreisung sowie die vorhergesagten Heizenergieträger für den niedrigen Preispfad in 10-Jahresschritten bis 2050 aufgeteilt nach Einkommensquintilen. Die Quintile teilen Haushalte gemäß ihres Nettoäquivalenzeinkommens in fünf gleich große Gruppen ein, wobei das erste Quintil die 20 % mit dem niedrigsten Einkommen darstellt und das fünfte Quintil die einkommensstärksten 20 %. Im Vergleich zum Basisjahr nimmt der Anteil der mit Heizöl heizenden Haushalte im Jahr 2030 bereits stark ab und verschwindet im Jahr 2040 dann ganz aus dem Mix. Über alle Jahre hinweg heizen einkommensstarke Haushalte mehr mit Erdgas als einkommensschwache Haushalte. Der Anteil von Fernwärme an den Energieträgern sinkt wiederum mit steigendem Einkommen, ein Muster, das auch bereits im Basisjahr zu erkennen ist. Insgesamt nimmt der Anteil von Erdgas am Energiemix im Zeitverlauf stark ab, während der Anteil von Fernwärme, aber auch von elektrischen Heiztechnologien steigt.

Ein überraschendes Ergebnis ist der vergleichsweise hohe Anteil an Strom als Energieträger in einkommensschwachen Haushalten. 2018 besaßen insgesamt noch nicht viele deutsche Haushalte eine Wärmepumpe, welche neben Nachtspeicherheizungen der typische Heizungstyp ist, der Strom benutzt. Die Verbreitung von Wärmepumpen hat sich in den vergangenen Jahren stark erhöht, vor allem durch den verbreiteten Einbau von Wärmepumpen in Neubauten (Destatis 2023). Diese Entwicklung ist in unseren Daten noch nicht dargestellt, da die Haushaltsdaten aus dem Jahr 2018 stammen. Dadurch ist zu erwarten, dass unsere späteren Vorhersagen der Heizenergieträger von dieser Ausgangsverteilung beeinflusst werden und mit aktuelleren Haushaltsdaten bereits anders aussähen.

Abbildung 2: Heizenergieträger im Basisjahr 2018 sowie vorausgesagte Energieträger für die Jahre 2030 (80 €/t), 2040 (130 €/t) und 2050 (180 €/t) aufgeteilt nach Gebäudetypen (niedriger Preispfad). Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 2 betrachtet die Heizenergieträger aufgeteilt nach den Gebäudetypen Ein-/ Zwei- und Mehrfamilienhaus (EFH und MFH). Hier zeigt sich, dass Erdgas, anders als im Basisjahr 2018, ab 2030 als Heizenergieträger in Mehrfamilienhäusern verbreiteter ist als in Einfamilienhäusern. Elektrische Heiztechnologien sind bei Einfamilienhäusern relativ gesehen weiterverbreitet, wobei sich der Unterschied über die Jahre hinweg sogar verstärkt.

Abbildung 3: Heizenergieträger im Basisjahr 2018 sowie vorausgesagte Energieträger für die Jahre 2030 (80 €/t), 2040 (130 €/t) und 2050 (180 €/t) aufgeteilt nach Stadt und Land (niedriger Preispfad). Quelle: Eigene Darstellung

Die vorausgesagte Nutzung der verschiedenen Heizenergieträger durch Haushalte in der Stadt oder in ländlichen Regionen zeigt Abbildung 3. Die EVS definiert Städte als Agglomerationsräume oder verstädterte Räume mit einer Einwohnerdichte von mehr als 150 Einwohnern pro Quadratkilometer. Der Anteil des Energieträgers Gas ist bereits im Basisjahr 2018 in der Stadt höher als auf dem Land, die Differenz vergrößert sich aber maßgeblich im Jahr 2030.  Menschen auf dem Land heizen eher mit Strom oder Biomasse, sowie im Jahr 2030 noch mit Heizöl.

Abbildung 4: Fahrzeugtypen im Basisjahr 2021 sowie vorausgesagte Fahrzeugtypen für die Jahre 2030
(80 €/t), 2040 (130 €/t) und 2050 (180 €/t) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen (niedriger Preispfad). Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 4 zeigt die Fahrzeugtypen im Basisjahr 2021 vor Einführung eines CO2-Preises sowie die vorausgesagte Fahrzeugnutzung aufgeteilt nach Einkommensquintilen für den niedrigen Preispfad.6Da die Daten zur Fahrzeugnutzung, anders als die EVS, nicht im Jahr 2018, sondern im Jahr 2021 erhoben wurden, ist das Basisjahr 2021. Über alle Jahre hinweg sinkt der Anteil der Haushalte ohne Pkw mit steigendem Einkommen. Dafür steigt der Anteil an Hybrid- und reinen Elektrofahrzeugen nach Einführung des CO2-Preises. Dieser Anteil ist im Jahr 2030 noch relativ gering, steigt aber 2040 und 2050 stark an. Benzin und Dieselfahrzeuge verschwinden in diesem Zeitraum fast vollständig.

Abbildung 5: Fahrzeugtypen im Basisjahr 2021 sowie vorausgesagte Fahrzeugtypen für die Jahre 2030
(80 €/t), 2040 (130 €/t) und 2050 (180 €/t) aufgeteilt nach Stadt und Land (niedriger Preispfad). Quelle: Eigene Darstellung

In Abbildung 5 sind die Fahrzeugtypen für den niedrigen Preispfad aufgeteilt nach Stadt und Land zu sehen. Während im Basisjahr 2021 die Verbreitung von Benzinautos zwischen Stadt und Land noch sehr ähnlich ist, sind im Jahr 2030 Fahrzeuge mit reinem Verbrennungsmotor zwar noch einigermaßen gleichmäßig auf Stadt und Land verteilt, aber der Anteil von Benzinautos auf dem Land bereits deutlich geringer als in der Stadt. Im Jahr 2040 konzentrieren sich die verbliebenen reinen Verbrenner, vorwiegend Dieselautos, hauptsächlich auf das Land. Der Anteil von reinen Elektrofahrzeugen ist auf dem Land über alle Jahre ebenfalls höher, während in der Stadt zunehmend Hybridfahrzeuge dominieren. Der Anteil der Haushalte ohne eigenen Pkw ist über alle Jahre hinweg in der Stadt höher.

ii. Hoher Preispfad

Abbildung 6: Heizenergieträger im Basisjahr 2018 sowie vorausgesagte Energieträger für die Jahre 2030 (135 €/t), 2040 (275 €/t) und 2050 (415 €/t) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen (hoher Preispfad). Quelle: Eigene Darstellung

Der hohe Preispfad lässt den Anteil fossiler Energieträger deutlich schneller sinken als der niedrige Preispfad. Während auch hier im Jahr 2030 Erdgas noch der dominierende Energieträger ist, nutzt im Jahr 2040 nur noch das wohlhabendste Einkommensquintil zu mehr als 20 % Erdgas als Heizenergieträger (Abbildung 6). Im Jahr 2050 werden überhaupt keine fossilen Heizenergieträger mehr genutzt.

Abbildung 7: Heizenergieträger im Basisjahr 2018 sowie vorausgesagte Energieträger für die Jahre 2030 (135 €/t), 2040 (275 €/t) und 2050 (415 €/t) aufgeteilt nach Gebäudetypen (hoher Preispfad). Quelle: Eigene Darstellung

Aufgeteilt nach Gebäudetypen ist zu sehen, dass für den hohen Preispfad ab dem Jahr 2040 der Energieträger Fernwärme in Mehrfamilienhäusern überwiegt (Abbildung 7). Für das Basisjahr 2018 und auch für den niedrigen Preispfad überwiegte Erdgas für diese Haushalte, was jedoch auf die Zuordnungsmethodik und die aus dem Energiesystemmodell anderen Anteile für Fernwärme in beiden Preispfaden zurückzuführen ist. Wie zuvor beim niedrigen Preispfad kommt der Energieträger Strom in Einfamilienhäusern häufiger vor als in Mehrfamilienhäusern.

Abbildung 8: Heizenergieträger im Basisjahr 2018 sowie vorausgesagte Energieträger für die Jahre 2030 (135 €/t), 2040 (275 €/t) und 2050 (415 €/t) aufgeteilt nach Stadt und Land (hoher Preispfad). Quelle: Eigene Darstellung

In Abbildung 8 ist zu sehen, dass auch im hohen Preispfad ab 2040 der Anteil von rein elektrischen Heiztechnologien auf dem Land höher ist als in der Stadt. In der Stadt wird dafür mehr mit Fernwärme geheizt als auf dem Land. Dies ist logisch durch die eingeschränkten Fernwärmepotentiale auf dem Land sowie die dort besseren Vorbedingungen für den Einbau von Wärmepumpen zu erklären.

Abbildung 9: Fahrzeugtypen im Basisjahr 2021 sowie vorausgesagte Fahrzeugtypen für die Jahre 2030 (135€/t), 2040 (275€/t) und 2050 (415€/t) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen (hoher Preispfad).

Abbildung 9 zeigt die Fahrzeugtypen per Einkommensquintil für den hohen Preispfad. Genau wie in den Vorhersagen zum niedrigen Preispfad verschwinden ausschließlich mit Verbrennungsmotoren betriebene Fahrzeuge bereits im Jahr 2040 fast vollständig. Im Gegensatz zum niedrigen Preispfad zeigt die Abbildung 9 aber einen geringeren Anteil an Hybridfahrzeugen und dafür einen höheren Anteil rein elektrisch betriebener Fahrzeuge.

Abbildung 10: Fahrzeugtypen im Basisjahr 2021 sowie vorausgesagte Fahrzeugtypen für die Jahre 2030 (135 €/t), 2040 (275 €/t) und 2050 (415 €/t) aufgeteilt nach Stadt und Land (hoher Preispfad). Quelle: Eigene Darstellung

Die Verteilungen der Fahrzeugtypen auf Stadt und Land in Abbildung 10 ähneln in der Tendenz der Verteilung in Abbildung 8 für den niedrigen Preispfad. Auffällig ist, dass im Jahr 2050 laut den Vorhersagen für den hohen Preispfad Hybridfahrzeuge ausschließlich von Haushalten in der Stadt genutzt werden. Intuitiv würde man eher eine Nutzung auf dem Land erwarten, da Hybridfahrzeuge zusätzliche Reichweite bieten, was tendenziell auf dem Land von höherer Bedeutung ist. Da die Anteile von Haushalten, die ein Hybridauto besitzen, in unseren Daten insgesamt sehr niedrig sind, werden die Vorhersagen von den Eigenschaften dieser wenigen Haushalte getrieben. Dies erklärt die vorhergesagte Zusammensetzung.

Zusammenfassend sehen wir, dass durch die Zuordnungsmethode zwischen Energiesystem- und Mikrosimulationsmodell bei Betrachtung der Verteilung entlang bestimmter Haushaltsmerkmale unter manchen Preispfaden nur wenig intuitive Ergebnisse entstehen. So wechseln einige Haushalte von Fernwärme zu einer Wärmepumpe, was in der Zukunft in Deutschland eher unwahrscheinlich sein dürfte. Diese Ergebnisse für einzelne Untergruppen beeinflussen das Gesamtergebnis der Kostenbelastung der verschiedenen Einkommensgruppen allerdings nur geringfügig. Eine tiefere Diskussion der Methodik und ihrer Einschränkungen erfolgt in Kapitel 5.

b. Verteilungswirkung einer CO2-Bepreisung

In diesem Kapitel wenden wir uns der auf der eben präsentierten Verteilung der Kraft- und Brennstoffe basierenden Berechnung der Emissionen und anschließenden Kostenbelastungen durch die verschiedenen CO2-Preispfade zu.

Abbildung 11 zeigt zunächst die durchschnittlichen Emissionen je Einkommensquintil für die Bereiche Wärme und Verkehr für das Basisjahr der Haushaltsdaten, 2018, also vor Einführung einer CO2-Bepreisung. Insgesamt steigen die Emissionen pro Haushalt mit dem Einkommen. Ein Haushalt im untersten Einkommensquintil emittiert im Durchschnitt für Heizen und Verkehr 3 tCO2, ein Haushalt im dritten Quintil bereits rund 5,1 t CO2 und ein Haushalt im obersten Einkommensquintil rund 6,2 tCO2 im Jahr. Heizen macht für jede Einkommensgruppe einen großen Anteil an den Emissionen der betrachteten Sektoren aus, wobei die Emissionen nicht linear, sondern unterproportional, mit dem Einkommen ansteigen. Während Haushalte im untersten Einkommensquintil knapp 1,9 t CO2 pro Jahr fürs Heizen emittieren, emittieren die einkommensstärksten Haushalte knapp 3 t CO2 und damit nicht einmal doppelt so viel wie die einkommensschwächsten Haushalte. Dagegen steigen Emissionen für den Transport tendenziell mit dem Einkommen, mit einem deutlichen Sprung zwischen dem ersten und zweiten Einkommensquintil. Ein durchschnittlicher Haushalt im ersten Quintil emittiert circa 1,1 t CO2, ein Haushalt im zweiten Quintil bereits knapp 1,9 tCO2 und Haushalte im fünften Quintil im Durchschnitt rund 3,2 tCO2.

Abbildung 11: Emissionen pro Haushalt nach Sektor für das Jahr 2018 (Initiale Ausstattung) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen. Quelle: Eigene Darstellung

Im nächsten Schritt betrachten wir, wie sich die Emissionen über die Zeit für die verschiedenen Preispfade gemäß unseren Vorhersagen zur Technologieverteilung entwickeln. Dies gibt bereits Aufschluss darauf, inwiefern verschiedene Einkommensgruppen durch den CO2-Preis voraussichtlich belastet werden könnten.

In Abbildung 12 wird ersichtlich, dass bei Betrachtung des niedrigen CO2-Preispfads die Emissionen im Jahr 2030 für alle Einkommensgruppen um circa 1 t CO2 im Vergleich zum Basisjahr vor Einführung der CO2-Bepreisung sinken würden. Bis zum Jahr 2040 gingen die durch den Verkehrssektor verursachten Emissionen besonders stark zurück. Die einkommensstärksten Haushalte würden dabei absolut weiterhin am meisten emittieren. Im Jahr 2050 hätten sich in allen Einkommensgruppen die Emissionen weiter verringert, aber würden selbst im untersten Einkommensquintil noch bei 1 t CO2 und im einkommensstärksten Quintil noch bei knapp 2 t CO2 liegen.

Abbildung 12: Emissionen pro Haushalt nach Quelle für die Jahre 2030 (80 €/t), 2040 (130 €/t) und 2050 (180 €/t) (niedriger Preispfad) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen. Quelle: Eigene Darstellung

Etwas anders sähe die Entwicklung der Emissionen gemäß den Vorhersagen für den hohen CO2-Preispfad aus (Abbildung 13). Hier fällt zunächst vor allem auf, dass die Emissionen am Ende des Betrachtungszeitraums, im Jahr 2050, bei allen Haushalten nahezu bei 0 liegen. Bereits bis 2040 würden die Emissionen in allen Einkommensgruppen auf unter 2 t CO2 sinken und damit in diesem Jahr ebenfalls niedriger sein als beim niedrigen Preispfad. Im Jahr 2030 sähe das Muster ähnlich aus wie bei Betrachtung des niedrigen Preispfads, nur, dass das absolute Emissionslevel in allen Einkommensgruppen auch hier bereits leicht niedriger wäre.

Abbildung 13: Emissionen pro Haushalt nach Quelle für die Jahre 2030 (135 €/t), 2040 (275 €/t) und 2050 (415 €/t) (hoher Preispfad) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen. Quelle: Eigene Darstellung

Die Betrachtung der Emissionen deutet an, dass unter dem hohen Preispfad im Jahr 2050 die Kostenbelastung durch den CO2-Preis bei den Haushalten bei nahezu 0 liegen müsste, während im niedrigen Preispfad alle Haushalte noch Kosten tragen müssten. Die genaue Kostenbelastung lässt sich aber erst unter Berücksichtigung der Preishöhen betrachten. Um Aspekte der Verteilungsgerechtigkeit zu berücksichtigen, ist außerdem eine Betrachtung des Verhältnisses der Kosten zum Nettoeinkommen der Haushalte hilfreich. Dieser Betrachtungsweise widmen wir uns im nächsten Abschnitt.

i. Analyse der Mehrkosten für Haushalte durch CO2-Preise ohne Rückverteilung

In diesem Abschnitt untersuchen wir die Verteilungswirkungen der CO2-Preispfade. Dabei betrachten wir nicht nur die absolute, sondern auch die relative Kostenbelastung, das heißt das Verhältnis zwischen absoluten jährlichen Mehrkosten und jährlichen, äquivalenzgewichteten Haushaltsnettoeinkommen. Die Kostenbelastung durch den CO2-Preis wird für die verschiedenen Szenarien basierend auf den zuvor prognostizierten Emissionen in den Bereichen Gebäudewärme und Verkehr der Haushalte berechnet.

Jahr203020402050
niedriger Preispfad143€127€117€
mittlerer Preispfad181€150€90€
hoher Preispfad220€128€10€
Tabelle 2: Durchschnittliche Kostenbelastung pro Person vor Rückverteilung

Tabelle 2 zeigt die durchschnittlichen Mehrkosten durch den CO2-Preis pro Person und Jahr für alle drei Preispfade. Im Jahr 2030 kommen die Vorhersagen des Modells auf eine durchschnittliche Pro-Kopf-Belastung von 220 Euro für den hohen Preispfad. Diese Kostenbelastung ist höher als die Vorhersage für den mittleren (181 Euro) oder den niedrigen Preispfad (143 Euro), da bis 2030 noch keine umfassende technologische Transformation stattgefunden hat. Im Jahr 2040 ergibt sich die höchste vorausgesagte Pro-Kopf-Belastung für den mittleren Preispfad (150 Euro) und ähnliche durchschnittliche Kostenbelastungen von 127 Euro beziehungsweise 128 Euro für den niedrigen beziehungsweise hohen Preispfad. Durch dieses Muster wird bereits die Anpassung der Haushalte und die damit einhergehende positive Auswirkung auf die Kostenbelastung der Haushalte bei einem hohen Preispfad deutlich. Unter den zum Teil vereinfachten Annahmen unseres Prognosemodells, wie beispielsweise uneingeschränkte Kapitalverfügbarkeit und vollkommenen Informationen über die zukünftige CO2-Preisentwicklung, zeigen unsere Analysen, dass Haushalte trotz doppelt so hoher CO2-Preise beim hohen Preispfad im Vergleich zum niedrigen Preispfad im Durchschnitt nahezu gleich stark belastet werden, da Haushalte durch den höheren Preisdruck bereits früher auf emissionsärmere Technologien umsteigen.

Dementsprechend fallen im Jahr 2050 im niedrigen Preispfad die höchsten Kosten pro Person an (117 Euro), während Haushalte im höchsten Preisszenario im Durchschnitt nur noch mit rund 10 Euro pro Kopf und Jahr belastet werden. Obwohl in allen Preispfaden der CO2-Preis von Jahr zu Jahr steigt, sinkt über die Jahre hinweg die vorhergesagte Pro-Kopf-Kostenbelastung durch den prognostizierten Umstieg auf emissionsärmere Heizungsträger und Kraftstoffe. Dieser Rückgang ist stärker, je höher die CO2-Preise sind. Dies schließt allerdings einzelne Härtefälle nicht aus, deren Belastung bei hohen CO2-Preisen deutlich stärker ausfällt.

Die Reduktion der Emissionen und somit auch der Kostenbelastung der Haushalte kann sich je nach vorhandener Technologie und vorhergesagter Anpassung unterscheiden. Daher interessiert uns neben der Betrachtung von Durchschnittswerten insbesondere, wie verschiedene Einkommensgruppen gemäß unseren Prognosen unterschiedlich in den verschiedenen Zukunftsszenarien belastet werden. Dafür betrachten wir die Haushalte wie zuvor anhand von fünf gleich großen Gruppen (Quintile) des Haushaltsnettoäquivalenzeinkommens.

Abbildung 14 und Abbildung 16 zeigen die Verteilung der absoluten Kostenbelastung pro Haushalt durch den CO2-Preis innerhalb der Quintile (blaue Boxplots), sowie den Median der relativen Kostenbelastung, aufgeteilt in die Quintile des Nettoäquivalenzeinkommens (rote Kurve), jeweils für den niedrigen und hohen Preispfad. Abbildung 14 stellt die Kostenbelastung für den niedrigen Preispfad für die Jahre 2030 bis 2050 dar. Bei einem niedrigen Preispfad offenbaren sich im Jahr 2030 die typischen, kurzfristigen Verteilungswirkungen. Absolut gesehen steigen die Kostenbelastungen mit dem Einkommen an. Anteilig am Einkommen bezahlen einkommensschwache Haushalte jedoch mehr, sodass die vertikale Verteilungswirkung regressiv ist. Die relative Kostenbelastung liegt für die zwei unteren Quintile bei etwas über 1 % des Einkommens, während sie bei dem oberen Quintil nur noch bei ca. 0,5 % liegt.

Auch wenn die absoluten Mehrkosten im Mittel mit dem Einkommen ansteigen, zeigt die obere und untere Grenze der Boxplots, in welchem Rahmen sich die Mehrkosten für die mittleren 50 % der jeweiligen Einkommensgruppen bewegen. Dadurch wird die Streuung der Kostenbelastung innerhalb der Einkommensgruppen (horizontale Verteilungswirkung) deutlich und zeigt, dass es beispielsweise im untersten Einkommensquintil Haushalte gibt, die absolut genauso viel bezahlen, wie Haushalte im dritten oder sogar obersten Einkommensquintil. Dadurch liegt die relative Kostenbelastung für diese Haushalte bei deutlich über 1 %. Dies bedeutet, dass auch in den zuvor gezeigten durchschnittlichen CO2-Emissionen der Einkommensgruppen (siehe Abbildung 12 und Abbildung 13) Streuungen auftreten und nicht alle Haushalte gleich schnell auf alternative Technologien umsteigen. Diese Streuung scheint dabei insbesondere in den einkommensstarken Einkommensgruppen höher zu sein, was bedeutet, dass die Lebensstile hier heterogener sind.

Abbildung 14: Absolute und relative Kostenbelastung pro Haushalt vor Rückverteilung für die Jahre 2030 (80 €/t), 2040 (130 €/t) und 2050 (180 €/t) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen (niedriger Preispfad). Die mittlere Linie der Boxen gibt den Median der absoluten Kostenbelastung an, während die unteren und oberen Grenzen der Boxen für das 25. und 75. Perzentil der Kostenbelastung stehen. Somit stellt die gesamte Box die mittleren 50 % der Kostenbelastung je Einkommensquintil dar. Die „Whiskers”, also die oberen und unteren Balken, enden mit dem letzten Wert, der die 1,5-fache Länge der Box überschreitet. Die rote Linie gibt den Median der relativen Kostenbelastung (rechte Y-Achse) an. Quelle: Eigene Darstellung

Im Jahr 2040 ist die vorhergesagte absolute sowie relative Kostenbelastung für den niedrigen Preispfad im Median in allen Einkommensgruppen geringer als im Jahr 2030 (Abbildung 14). In den Boxplots sieht man aber weiterhin deutlich die heterogene Anpassung innerhalb der Einkommensgruppen. Auch wenn in allen Einkommensgruppen bereits ein Teil der Haushalte auf emissionsfreie Technologien umsteigen konnte und somit keine Kostenbelastungen mehr trägt, gibt es in allen Einkommensgruppen auch Haushalte, die sich noch nicht angepasst haben und aufgrund des höheren Preises stärker als zuvor belastet werden. Bei Betrachtung der relativen Kostenbelastung fällt auf, dass Haushalte im untersten Einkommensquintil 2040 verhältnismäßig am wenigsten belastet werden und so die Verteilungswirkung zwischen dem ersten und zweiten Einkommensquintil progressiv ist. Der Median der absoluten Kostenbelastung im ersten Quintil liegt bei unter 100 Euro und offenbart den starken prognostizierten Wechsel auf umweltfreundlichere Technologien in unserem Modell, der aufgrund der fehlenden Berücksichtigung von eingeschränkten Investitionsmöglichkeiten überschätzt sein könnte.7Für einkommensschwache Haushalte ist unter bestimmten Bedingungen möglich, dass die Kosten der Unterkunft und Heizung durch Jobcenter oder das Sozialamt übernommen werden. In diesem Fall liegt die Inzidenz des CO2-Preises nicht auf den Haushalten. Da wir nicht beobachten, für welche Haushalte die Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen werden, wird die Kostenbelastung im untersten Einkommensquintil in unserer Berechnung voraussichtlich leicht überschätzt. Ab dem zweiten Quintil verläuft die Kurve wieder regressiv.

Eine mögliche Erläuterung für die vorhergesagten Technologiewechsel kann die Variable Importance8Eine ausführlichere Erläuterung zur Variable Importance befindet sich im technischen Anhang. liefern, welche für das ML-Modell bei jedem Punkt in jedem Entscheidungsbaum (Regression Tree) des Random Forests misst, welche Variable zum Teilen des Datensatzes verwendet wird und somit die Wichtigkeit der jeweiligen Variable für die Vorhersage angibt. Abbildung 15 (a) zeigt beispielhaft die Variable Importance für den Regression Tree für die Wahrscheinlichkeit Erdgas zum Heizen zu nutzen. Demnach ist das Baujahr des Wohngebäudes die wichtigste Variable, da sie in ca. 40 % der Fälle zum Teilen des Datensatzes (in den ersten vier Ebenen der Bäume) verwendet wird. Das Nettoeinkommen steht an zweiter Stelle. Die Haushaltsgröße hingegen scheint keine große Rolle für die Genauigkeit des Modells zu spielen.  Die Wahrscheinlichkeit mit Strom zu heizen ist ebenfalls in besonderem Maße durch das Baujahr und deutlich weniger als die Wahrscheinlichkeit mit Gas zu heizen durch das Einkommen (Abbildung 15 (b)) bestimmt. Die Wichtigkeit des Baujahrs spiegelt sich ebenfalls in den Ergebnissen des Multinomial Logit Modells (MNL) wider, welches wir zur Überprüfung der Ergebnisse des ML-Modells geschätzt haben (Tabelle 4 im Anhang). Die Darstellungen der Variable Importance für alle weiteren Energieträger befinden sich im Anhang (Abbildung 29 (a) bis (k)).

(a) Gas(b) Strom
Abbildung 15: Variable Importance für die Wahrscheinlichkeit mit Gas (a) bzw. mit Strom (b) zu heizen. Quelle: Eigene Darstellung

Der Trend der relativen Kostenbelastung über die Einkommensquintile hat sich im Jahr 2050 im Vergleich zum Jahr 2030 bei einem niedrigen Preispfad (Abbildung 14) fast vollständig umgekehrt. Die relative Kostenbelastung steigt nun mit dem Einkommen. Nur im fünften Einkommensquintil ist die relative Kostenbelastung geringer als im vierten Einkommensquintil. Dieses Muster lässt sich durch die absoluten Kostenbelastungen erklären, die mit höheren Einkommen stark ansteigen und vor allem hohe Ausreißer nach oben aufweisen. Bei einem niedrigen CO2-Preispfad prognostiziert unser Modell folglich, dass vor allem reiche Haushalte auch im Jahr 2050 weiterhin CO2 emittieren. Wie zuvor gezeigt, machen Gasheizungen bei einkommensstarken Haushalten einen deutlich größeren Anteil aus als bei einkommensschwächeren Haushalten.

Auch wenn es wahrscheinlich ist, dass es die stärkste Streuung bei einkommensstarken Haushalten gibt, da einige dieser Haushalte schnell in emissionsarme Technologien investieren werden, während andere Haushalte lieber eine hohe Belastung durch den CO2-Preis in Kauf nehmen als in emissionsarme Technologien zu investieren, ist unser vorhergesagtes Ergebnis der Nullbelastung bei einkommensschwachen Haushalten vermutlich zu extrem. Zu erwarten wäre, dass es hier noch einige Haushalte geben wird, die es sich nicht leisten können, auf emissionsarme Brenn- und Kraftstoffe umzusteigen. Gerade in Mietwohnungen, wo häufiger einkommensschwache Haushalte wohnen, ist ein Gefälle in den Mietpreisen zu erwarten, je nachdem, ob bereits energetisch modernisiert wurde oder nicht. Dabei können modernisierte Wohnungen mit umweltfreundlicher Heizungsanlage tendenziell eher von einkommensstarken Haushalten bezahlt werden, was auch für eine höhere Belastung einkommensschwacher Haushalte sprechen würde. Unsere Ergebnisse werden hier unter anderem von dem hohen vorhergesagten Anteil an Stromheizungen/Wärmepumpen in einkommensschwachen Haushalten getrieben.

Abbildung 16: Absolute und relative Kostenbelastung vor Rückverteilung für die Jahre 2030 (135 €/t), 2040 (275 €/t) und 2050 (415 €/t) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen (hoher Preispfad). Die mittlere Linie der Boxen gibt den Median der absoluten Kostenbelastung an, während die unteren und oberen Grenzen der Boxen für das 25. und 75. Perzentil der Kostenbelastung stehen. Somit stellt die gesamte Box die mittleren 50 % der Kostenbelastung je Einkommensquintil dar. Die „Whiskers”, also die oberen und unteren Balken, enden mit dem letzten Wert, der die 1,5-fache Länge der Box überschreite. Die rote Kurve zeigt den Median der relativen Kostenbelastung (rechte Y-Achse) an.

Das Muster bei einem hohen Preispfad hebt sich deutlich vom niedrigen Preispfad ab. Abbildung 16 zeigt die Kostenbelastungen für die Jahre 2030 bis 2050. Bereits im Jahr 2030 unterscheidet sich die Verteilungswirkung stark von den vorhergesagten Kostenbelastungen für den niedrigen Preispfad in Abbildung 14. Zum einen sind die Belastungen erwartungsgemäß höher als im niedrigen Preispfad, zum anderen ist die relative Kostenbelastung hier im ersten Einkommensquintil am niedrigsten. Im zweiten Einkommensquintil fällt sie deutlich höher aus und sinkt dann mit steigenden Einkommen wieder ab. Während einkommensschwache Haushalte laut unseren Vorhersagen bereits 2030 stark auf das Signal eines hohen CO2-Preises durch einen Wechsel auf emissionsarme Kraft- und Brennstoffe reagieren, werden vor allem die unteren mittleren Einkommensschichten noch sehr stark vom CO2-Preis belastet.

Im Jahr 2040 sinken die Belastungen im Vergleich zu 2030, aber auch im Vergleich zum Jahr 2040 des niedrigen Preispfads (Abbildung 16). Die absolute Kostenbelastung für das unterste Einkommensquintil liegt im Median fast bei null, trotzdem ist die relative Kostenbelastung für diese Gruppe mit am höchsten, da die absolute Medianbelastung im Jahr 2040 in allen Einkommensgruppen nahe bei null liegt und somit die relative Kostenbelastung mit höheren Einkommen abnimmt. Allerdings beträgt die relative Kostenbelastung im untersten Einkommensquintil unter 0,5 % des Einkommens und ist im zweiten Einkommensquintil geringfügig höher. Die rote Linie in den Grafiken stellt jedoch nur die relative Medianbelastung dar. Wie die Boxplots der absoluten Kostenbelastung zeigen, gibt es innerhalb der Einkommensgruppen wie auch beim niedrigen Preispfad starke Streuungen nach oben, sodass in diesen Haushalten auch die relative Kostenbelastung höher ausfallen kann.

Im Jahr 2050 sind die Emissionen so gering, dass die absolute Kostenbelastung durch den CO2-Preis für die meisten Haushalte bei 0 Euro liegt (Abbildung 16). Dadurch beträgt auch die durchschnittliche relative Kostenbelastung für die meisten Haushalte null und es sind weder zwischen den Einkommensgruppen noch innerhalb der Einkommensgruppen Unterschiede zu erkennen.

ii. Analyse der Mehrkosten für Haushalte durch CO2-Preise mit Rückverteilung

In diesem Abschnitt untersuchen wir die Verteilungswirkungen nach Einführung einer direkten Rückverteilung der Einnahmen aus dem CO2-Preis in Form einer Pro-Kopf-Pauschale. Diese auch als „Klimadividende“ beziehungsweise „Klimageld“ bekannte Rückverteilung wurde von der Bundesregierung angekündigt, im Jahressteuergesetz 2022 wurden zudem erste rechtliche Rahmenbedingungen gesetzt, zum Zeitpunkt der Einführung oder der Ausgestaltung gibt es jedoch noch keine Informationen. Eine Pro-Kopf-Pauschale ist unter Ökonom*innen eine beliebte Art der Rückverteilung, da sie, wie in verschiedenen Studien gezeigt, in der kurzfristigen Betrachtungsweise progressiv wirkt und somit erfolgreich die regressive Verteilungswirkung einer CO2-Bepreisung umkehrt (siehe Preuß et al. 2019; Kaestner und Sommer 2021).

Wie zuvor berechnen wir die Nettobelastung nach Auszahlung einer Pro-Kopf-Pauschale für die verschiedenen CO2-Preispfade. Die Höhe der Pro-Kopf-Pauschale ergibt sich aus den Gesamtemissionen aus den Bereichen Verkehr und Wärme der Haushalte in unseren Haushaltsdaten und dem entsprechenden CO2-Preis, wodurch das gesamte Finanzaufkommen durch die Bepreisung berechnet werden kann. Geteilt durch die Anzahl an Personen in den Haushaltsdaten ergibt sich die Pro-Kopf-Pauschale. Bei einer vollständigen Rückerstattung der Einnahmen entspricht die Pro-Kopf-Pauschale somit genau den durchschnittlichen Pro-Kopf-Kostenbelastungen, die in Tabelle 2 dargestellt sind.

Wie auch von der kurzfristigen Verteilungswirkung eines CO2-Preises mit Pro-Kopf-Pauschale bekannt, wirkt bei einem niedrigen Preispfad bereits im Jahr 2030 die Rückverteilung progressiv, sodass sie einkommensschwache Haushalte verhältnismäßig stärker entlastet als einkommensstarke Haushalte (Abbildung 17). Für eine durchschnittliche Person stellt ein CO2-Preis mit Pro-Kopf-Rückerstattung ein Nullsummenspiel dar, da die Pro-Kopf-Pauschale genau der Pro-Kopf-Belastung entspricht. Da einkommensschwächere Haushalte aber in der Regel unterdurchschnittlich viel verbrauchen und einkommensstarke Haushalte überdurchschnittlich viel, findet somit in der kurzen Frist eine Umverteilung statt.

Abbildung 17: Absolute und relative Kostenbelastung nach Rückverteilung für die Jahre 2030 (80 €/t), 2040 (130 €/t), 2050 (180 €/t) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen (niedriger Preispfad). Die mittlere Linie der Boxen gibt den Median der absoluten Kostenbelastung an, während die unteren und oberen Grenzen der Boxen für das 25. und 75. Perzentil der Kostenbelastung stehen. Somit stellt die gesamte Box die mittleren 50 % der Kostenbelastung je Einkommensquintil dar. Die „Whiskers”, also die oberen und unteren Balken, enden mit dem letzten Wert, der die 1,5-fache Länge der Box überschreitet. Die orangene Kurve zeigt den Median der relativen Kostenbelastung (rechte Y-Achse) an. Quelle: Eigene Darstellung

Dieser Effekt verstärkt sich 2040 noch weiter, wobei nun im Vergleich zu 2030 nicht nur das erste, sondern auch das zweite und dritte Einkommensquintil absolut und anteilig an ihrem Einkommen im Median entlastet werden (Abbildung 17). Zu beachten ist hier, dass mit höheren CO2-Preisen zwar einerseits das Steueraufkommen, welches an Haushalte zurückverteilt werden kann, ceteris paribus steigt. Gleichzeitig sinken aber die Emissionen der Haushalte, sodass die Pro-Kopf-Pauschale im Vergleich zu 2030 niedriger ausfällt (Tabelle 2). Dementsprechend werden Haushalte, die noch nicht auf emissionsärmere Brenn- oder Kraftstoffe umgerüstet haben, weniger entlastet als im Jahr 2030. Daher fällt auch auf, dass die horizontale Ungleichheit durch eine Rückverteilung zum Teil verstärkt wird, insbesondere im untersten Einkommensquintil.

Im Jahr 2050 sehen wir weiterhin die progressive Verteilungswirkung durch die Rückverteilung, auch wenn die jährliche Pro-Kopf-Pauschale nun noch bei 117 Euro (im Vergleich zu 127 und 143 in den Jahren 2040 und 2030) liegt. Die Tatsache, dass die Pro-Kopf-Pauschale nicht deutlich niedriger als im Jahr 2040 ist, unterstreicht, dass unter dem niedrigen Preispfad gemäß unseren Vorhersagen von einigen Haushalten immer noch CO2 emittiert wird und somit weiterhin Einnahmen zur Rückverteilung generiert werden. Auffällig ist, dass im Jahr 2050 nicht mehr das unterste Einkommensquintil, sondern das dritte Einkommensquintil absolut gesehen im Median die niedrigste Belastung trägt. Insgesamt werden 2050 alle Haushalte im Median netto entlastet, in allen Einkommensgruppen gibt es aber Ausreißer in beide Richtungen, insbesondere nach oben.

Bei einem hohen CO2-Preispfad sieht 2030 die Kostenbelastung der verschiedenen Haushaltsgruppen zum Teil deutlich anders aus (Abbildung 18). Bereits ohne Rückverteilung wurden bei einem hohen Preispfad die Haushalte im ersten Einkommensquintil im Verhältnis zu ihrem Einkommen weniger stark belastet als Haushalte im zweiten Einkommensquintil. Dementsprechend profitieren diese einkommensschwächsten Haushalte gemäß unseren Vorhersagen besonders stark von einer Rückverteilung, da sie bereits stark auf emissionsärmere Technologien umgestiegen sind und durch die Pro-Kopf-Pauschale zusätzlich entlastet werden. Im Vergleich zum niedrigen Preispfad sehen wir hier folglich eine noch stärkere progressive Verteilungswirkung.

Abbildung 18: Absolute und relative Kostenbelastung nach Rückverteilung für die Jahre 2030 (135 €/t), 2040 (275 €/t) und 2050 (415 €/t) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen (hoher Preispfad). Die mittlere Linie der Boxen gibt den Median der absoluten Kostenbelastung an, während die unteren und oberen Grenzen der Boxen für das 25. und 75. Perzentil der Kostenbelastung stehen. Somit stellt die gesamte Box die mittleren 50 % der Kostenbelastung je Einkommensquintil dar. Die „Whiskers”, also die oberen und unteren Balken, enden mit dem letzten Wert, der die 1,5-fache Länge der Box überschreitet. Die orangene Kurve zeigt den Median der relativen Kostenbelastung (rechte Y-Achse) an. Quelle: Eigene Darstellung

Bereits im Jahr 2040 würden unter dem hohen Preispfad dann alle Einkommensgruppen im Median eine Netto-Entlastung erfahren (Abbildung 18). Hier wird noch einmal die weiter fortgeschrittene Technologieanpassung im Vergleich zum niedrigen Preispfad deutlich, da 2040 die Pro-Kopf-Pauschale unter dem niedrigen und hohen Preispfad ungefähr gleich hoch ist (127 bzw. 128 Euro), aber Haushalte im niedrigen Preispfad noch nicht alle netto entlastet wurden (vergleiche Abbildung 17 und Abbildung 18). Die progressive Verteilungswirkung bleibt weiter bestehen.

2050 sehen wir kaum Unterschiede im Vergleich zu der Verteilungswirkung ohne Rückverteilung bei einem hohen CO2-Preis (Abbildung 18). Da fast alle Haushalte laut unseren Vorhersagen bis 2050 auf alternative Technologien umgestiegen wären, ist die Kostenbelastung für alle Haushalte sehr niedrig und dementsprechend werden auch kaum noch Einnahmen aus dem CO2-Preis generiert. Besser als zuvor erkennt man nun, dass es noch wenige Haushalte gibt, die CO2 emittieren. Diese Haushalte gehören in den Voraussagen zu den einkommensstärksten Haushalten, sodass die wenigen aus dem CO2-Preis generierten Einnahmen von diesen Haushalten kommen und einkommensschwache Haushalte im Verhältnis zu ihrem Einkommen stärker von der Rückverteilung von 10 Euro im Jahr profitieren, sodass selbst 2050 die Verteilungswirkung noch progressiv ist. Dass es vor allem einkommensstarke Haushalte sind, die laut unseren Vorhersagen noch CO2 emittieren, erscheint nachvollziehbar, da diese Haushalte es sich am ehesten leisten können, hohe CO2-Preise zu zahlen.

Zusammenfassend lässt sich erkennen, dass die Preispfade in der kurzen Frist ein sehr unterschiedliches Signal senden, wodurch sich die Verteilungswirkungen zwischen den beiden Preispfaden insbesondere im Jahr 2030 deutlich unterscheiden. Da das kurzfristige Signal und dadurch ausgelöste Technologieanpassung aber auch die Kostenbelastung in der langen Frist beeinflusst, sehen wir auch dort starke Unterschiede in der Kostenbelastung. Dies lässt sich gut in den folgenden Abbildungen (Abbildung 19) zusammenfassend für die Jahre 2030 bis 2050 erkennen.

Abbildung 19: Relative Kostenbelastung nach Rückverteilung für die Jahre 2030, 2040 und 2050 (alle Preispfade) aufgeteilt nach Nettoäquivalenzeinkommen. Quelle: Eigene Darstellung

Während alle Preispfade nach Rückverteilung progressiv wirken, werden einkommensschwache Haushalte 2030 unter dem hohen Preispfad am stärksten entlastet und steigen gemäß unseren Vorhersagen folglich durch den hohen Kostendruck mit als erstes auf saubere Brenn- und Kraftstoffe um. Die höchste Kostenbelastung erfahren 2030 wiederum ebenfalls Haushalte unter dem hohen Preispfad, nämlich die einkommensstärksten, die im Mittel noch CO2 emittieren und durch einen hohen CO2-Preis stark belastet werden.

2040 sieht man dann bereits eine umfassende Anpassung aller Einkommensgruppen unter dem hohen Preispfad, sodass hier die Belastung in allen Gruppen konsequent niedriger ist als unter dem niedrigen Preispfad, obwohl höhere CO2-Preise gelten, während die Entlastung über eine Pro-Kopf-Rückverteilung nahezu gleich hoch bleibt. 2050 werden Haushalte unter dem niedrigen Preispfad im Mittel noch stark entlastet, da durch Haushalte, die immer noch CO2 emittieren, weiterhin Einnahmen, die an die Haushalte rückverteilt werden können, generiert werden. Unter dem hohen Preispfad entstehen fast keine Einnahmen mehr, da nur noch wenige Haushalte, vor allem einkommensstarke, CO2 emittieren.

5. Diskussion

Die hier prognostizierten langfristigen Belastungen und Verteilungswirkungen durch den CO2-Preis sind ein erster Anhaltspunkt in einem wichtigen, wissenschaftlich bisher aber nur begrenzt untersuchten Themenkomplex. Es handelt sich um einen neuartigen Ansatz, der bisher noch nicht für derartige Untersuchungen verwendet wurde. Allerdings unterliegt die von uns gewählte Methodik auch diversen Einschränkungen, die bei der Interpretation unbedingt berücksichtigt werden sollten.

Energiesystemmodelle sind gut dafür geeignet, die systematischen Wirkungen von CO2-Preisen zu bewerten, insbesondere, wenn sektorübergreifende Effekte eine Rolle spielen. Die bisherigen Arbeiten zur langfristigen Verteilungswirkung von CO2-Preisen wurden bisher meist aus der Akteursperspektive durchgeführt, was zu einer Vernachlässigung systemischer Effekte führt. In vorherigen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass gerade der Fernwärme-Bereich stark davon beeinflusst wird, ob ein sektorübergreifender oder ein sektoraler CO2-Preis gilt (Kattelmann et al. 2022).

Die Modellierung mittels eines Energiesystemmodells unterliegt gewissen Annahmen, die in Summe dazu führen könnten, die Wirkung von CO2-Preisen hinsichtlich der Emissionsminderung zu überschätzen. Zum einen sind dem Modell alle Parameter wie Kosten, Nachfragen und eben CO2-Preise über den gesamten Optimierungszeitraum bekannt, sodass das intertemporale Optimum ermittelt werden kann. Dies führt in der Regel zu einer Überschätzung der Wirkung von CO2-Preisen (Fuso Nerini et al. 2017). Aus Sicht von Gebäudeeigentümer*innen zum Beispiel bedeutet dies, dass alle Entscheidungen rational sowie unter vollständiger Information über aktuelle und zukünftige Preise getroffen werden.

Zudem wird die Kapitalverfügbarkeit einzelner Haushalte nicht berücksichtigt, ebenso wenig wie das Mieter-Vermieter-Dilemma (George et al. 2023), das heißt mögliche fehlende Anreize der Vermietenden, in Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren, sowie sonstige sozio-ökonomische Einschränkungen (Maerz 2018) werden nicht abgebildet. Da einkommensschwächere Haushalte häufiger zur Miete wohnen oder Schwierigkeiten haben, Kapital für eine Umstellung auf eine Wärmepumpe beziehungsweise ein Elektroauto aufzubringen, führt die fehlende Möglichkeit, diese Sachverhalte modelltechnisch abzubilden, höchstwahrscheinlich zu einer Überschätzung der Anpassungsfähigkeit einkommensschwacher Haushalte. Ginge man von der vermutlich realistischeren Annahme aus, dass diese Haushalte sich aufgrund diverser Einschränkungen nicht ausreichend schnell auf hohe CO2-Preise einstellen können, so würde die Wirkung der CO2-Preise deutlich regressiver ausfallen. Da das Einkommen als erklärende Variable für den Energieträger genutzt wird, sollte dies allerdings durch die Vorhersagen des Mikrosimulationsmodells zumindest zum Teil aufgefangen werden.

Andere Einschränkungen ergeben sich aus der Zuordnung der Ergebnisse aus dem Energiesystemmodell zum Mikrosimulationsmodell. Auch wenn der ML-Ansatz deutliche Vorteile gegenüber bisher üblichen Ansätzen wie der Regressionsanalyse aufweist, so ergeben sich dennoch zwei methodische Einschränkungen. Erstens ordnet der Algorithmus die Ergebnisse immer periodenscharf zu, so dass Pfadabhängigkeiten und Lock-In-Effekte nicht berücksichtigt werden können. So kann es vorkommen, dass laut Vorhersage ein Haushalt 2030 von Öl auf Gas umsteigt und 10 Jahre später dann erneut beispielsweise zu Fernwärme wechselt. Solche relativ regelmäßigen Wechsel sind zwar theoretisch denkbar, treten in unserem Modell aber aufgrund der fehlenden Pfadabhängigkeit vermutlich deutlich zu häufig auf. Zweitens basieren alle Voraussagen auf gegenwärtigen sozio-ökonomischen Daten. Hier sehen wir beispielsweise, dass einkommensschwache Haushalte eher mit Fernwärme und Öl heizen, während einkommensstarke Haushalte derzeit häufig Erdgas nutzen. Dieser Zusammenhang fließt auch in die Vorhersagen des ML-Ansatzes ein, sodass einkommensstarke Haushalte eine hohe Wahrscheinlichkeit zugeordnet bekommen, mit Gas zu heizen. Da Ölheizungen durch einen steigenden CO2-Preis als erstes aus dem Gebäudebestand verdrängt werden, und Gasheizungen in späteren Perioden noch CO2 emittieren, ergibt sich bei der Zuordnung in späteren Perioden, dass vor allem einkommensstarke Haushalte weiter CO2 ausstoßen. Mit dem hier gewählten Ansatz kann die zukünftige Entwicklung, bei der wir erwarten würden, dass tendenziell eher einkommensstarke Haushalte in klimaneutrale Technologien investieren, daher nur teilweise abgebildet werden. Hinzu kommt der geringe Anteil von Wärmepumpen in unseren Haushaltsdaten aus dem Jahr 2018, der ebenfalls die Vorhersagen stark beeinflusst und so zu einem anderen Bild führt, als es voraussichtlich Vorhersagen basierend auf Daten aus dem Jahr 2023 tun würden.

In der Summe ergibt sich somit ein recht positives Bild, insbesondere für einkommensschwache Haushalte. Die Mehrzahl der methodischen Einschränkungen, die sich aus dem von uns gewählten Ansatz ergeben, führen somit höchstwahrscheinlich zu einer deutlichen Unterschätzung der Belastung einkommensschwächerer Haushalte. Die hier gezeigten Ergebnisse stellen sozusagen ein Best-Case-Szenario dar, bei dem beispielsweise der Fernwärmeausbau voranschreitet, finanzielle Unterstützung wie Kredite auch für einkommensschwache Haushalte breit und unkompliziert zugänglich sind, sowie das Informationsniveau (Carbon Literacy) der Bevölkerung über die zukünftige CO2-Preisentwicklung überhöht ist.

Zudem werden immer die gemittelten Belastungen beziehungsweise Entlastungen dargestellt. Dies bedeutet aber nicht, dass keine Fälle extremer Belastung auftreten können, sondern dass im Mittel die CO2-Bepreisung mit Rückverteilung, unter den hier getroffenen Einschränkungen, progressiv wirkt.

Daher sollte diese Analyse vorrangig als ein methodischer Beitrag verstanden werden, der einen Ansatz für eine erste Einschätzung der langfristigen Verteilungswirkungen ermöglicht. Zukünftige Arbeiten können auf diesem Ansatz aufbauen, um die erwähnten Einschränkungen durch methodisch Weiterentwicklung in Zukunft besser zu adressieren.

6. Fazit

In der vorliegenden Analyse haben wir die langfristigen Verteilungswirkungen verschiedener CO2-Preispfade auf private Haushalte untersucht. Der Großteil der bestehenden Analysen zu Verteilungswirkungen konzentriert sich auf kurzfristige Verteilungswirkungen, wobei keine langfristigen Verhaltensanpassungen, wie Investitionen in eine neue, umweltfreundliche Heizung, berücksichtigt werden können. Mithilfe eines Energiesystemmodells und dessen Verknüpfung mit Haushaltsdaten sowie der Prognose von Energieträgerwechseln auf Grundlage von Machine Learning-Methoden stellt diese Analyse einen ersten methodischen Ansatz dar, um auch langfristige Verteilungswirkungen abzuschätzen.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Preispfade sehr unterschiedliche Signale an Haushalte senden, um auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen, wodurch sich die Verteilungswirkungen zwischen den beiden Preispfaden deutlich unterscheiden. Da das kurzfristige Signal und dadurch ausgelöste Technologieanpassungen ebenfalls die Kostenbelastung in der langen Frist beeinflussen, sehen wir auch dort starke Unterschiede in der Kostenbelastung. Unter einem hohen CO2-Preispfad erfahren alle Haushalte kurzfristig höhere Kostenbelastungen als unter einem niedrigen Preispfad. Mittelfristig schwächt sich die Belastung durch hohe Preise aber in Folge von Anpassungen seitens der Haushalte bereits ab, während der niedrige Preispfad weniger Anpassungen auslöst und die Kostenbelastungen somit noch höher bleiben. Langfristig sehen wir drastische Unterschiede, da bei einem hohen CO2-Preispfad fast alle Haushalte emissionsfrei werden und somit keine Belastung mehr tragen, während bei einem niedrigen CO2-Preisfpad ein beachtlicher Anteil an Haushalten weiterhin CO2 emittiert.

Beide CO2-Preispfade wirken zunächst größtenteils regressiv, wobei durch unsere Vorhersagen eine schnelle Technologieanpassung in den einkommensschwächsten Haushalten zu beobachten ist, sodass die regressive Wirkung im Zeitverlauf abnimmt. Eine Pro-Kopf-Pauschale kann sowohl unter dem niedrigen als auch unter dem hohen Preispfad bereits kurzfristig die regressive Verteilungswirkung in eine progressive Verteilungswirkung umkehren, sodass einkommensschwache Haushalte im Verhältnis zu ihrem Einkommen weniger stark belastet werden.

Unsere Vorhersagen stellen insgesamt ein positives Bild dar, da einkommensschwache Haushalte schnell auf alternative Technologien umsteigen und am Ende des Betrachtungszeitraums 2050 noch vorwiegend einkommensstarke Haushalte CO2 emittieren. Auch wenn dies zum Teil logisch erscheint, da letztere es sich wahrscheinlich am ehesten leisten können, einen Preis auf CO2 zu zahlen, sind unsere Vorhersagen aufgrund einiger Modelleinschränkungen voraussichtlich zu optimistisch. Die wichtigsten Einschränkungen und optimistischen Annahmen sind ein schnelles Voranschreiten des Fernwärmeausbaus im Energiesystemmodell, eine perfekte Voraussicht der Haushalte über die zukünftige Entwicklung des CO2-Preises sowie keine finanziellen Einschränkungen bei der Anschaffung neuer Technologien.

Dies sollte zwar durch die Vorhersagen des Mikrosimulationsmodells zumindest zum Teil aufgefangen werden, da das Einkommen als erklärende Variable für den Energieträger genutzt wird. Durch die genutzte Ausgangslage der Haushalte basierend auf Haushaltsdaten aus dem Jahr 2018 und somit einer beispielsweise niedrigen Verbreitung von Wärmepumpen werden die Ergebnisse aber trotzdem beeinflusst. Somit ist bei gleichen Modelleinschränkungen, aber Nutzung von neueren Haushaltsdaten bereits ein anderes und voraussichtlich für die Zukunft robusteres Bild zu erwarten.

Abschließend sehen wir unsere Analyse als einen ersten methodischen Ansatz, um langfristige Verteilungswirkungen abzuschätzen. Zukünftige Forschung könnte darauf aufbauen und versuchen, die Einschränkungen unseres Modells zu überwinden. Unsere Analyse zeigt darüber hinaus, dass bei Erfüllung unserer Modellannahmen eine verteilungsgerechte Transformation möglich ist. Dies bedeutet einerseits, dass Haushalte Klarheit und Sicherheit über die zukünftige CO2-Preis Entwicklung brauchen, damit effiziente Investitionsentscheidungen getroffen werden können. In Anbetracht der aktuellen Diskussion in Deutschland rund um Einbauverbote von Heizungen und einer gleichzeitigen Sorge der Politiker*innen vor einer fehlenden Unterstützung hoher CO2-Preise, ist es wichtig, die möglichen langfristigen Folgen eines CO2-Preises und insbesondere hoher CO2-Preispfade, die zur Erreichung der Klimaschutzziele notwendig sein werden, abzuschätzen. Eine gute Kommunikation dessen, was auf Haushalte zukommen könnte und wie eine Rückverteilung der Einnahmen gleichzeitig zu Entlastungen führen würde, könnte Unsicherheiten der Haushalte über die Zukunft ausräumen und die Entscheidungen bezüglich notwendiger Anpassungen leichter machen.

Außerdem zeigen unsere Ergebnisse, dass bei Ausräumung von Liquiditätsbeschränkungen langfristig und insbesondere bei hohen CO2-Preisen eine verteilungsgerechte Transformation möglich ist. Während bei einkommensstarken Haushalten seltener die Liquiditätsbeschränken ein Hindernisgrund für die Transformation sein dürften und hier möglicherweise andere Kanäle gewählt werden müssen, um die Transformation stärker voranzutreiben, dürften Liquiditätsbeschränkungen bei einkommensschwachen Haushalten ein häufiger Grund für fehlende Investitionen in neue Technologien und daher höhere Kostenbelastungen sein. Gezielte Unterstützung einkommensschwacher Haushalte bei anstehenden Investitionen, die idealerweise noch stärker als in aktuellen und diskutierten Förderprogrammen vorgesehen sind, könnten die Transformation selbst unter hohen CO2-Preisen sozial gerecht vorantreiben.

Technischer Anhang

Das Energiesystemmodell TIMES PanEU

Vorhersagen basierend auf Machine Learning und Mikrosimulationsmodell

Anhang

Deskriptive Grafiken zu den Haushaltsdaten

Tabellen


Die Autorinnen und Autoren danken Maximilian Kellner für sehr wertvolle Kommentare.


Die vorliegende Ariadne-Analyse wurde von den oben genannten Autorinnen und Autoren des Ariadne-Konsortiums ausgearbeitet. Es spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung des gesamten Ariadne-Konsortiums oder des Fördermittelgebers wider.
Die Inhalte der Ariadne-Publikationen werden im Projekt unabhängig vom Bundesministerium für Bildung und Forschung erstellt.

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Autorinnen & Autoren

Kathrin Kaestner

RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

Alexander Burkhardt

Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI

Kasimir Püttbach

RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

Dr. Stephan Sommer

RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

Markus Blesl

Universität Stuttgart – Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung